Bildungspolitik

Sachsen-Anhalt: „Forum für Wirtschaft und Arbeit“ verabschiedet Thesen zur Bildungspolitik

Wirtschafts- und Arbeitsminister Haseloff: "Duale Berufsausbildung darf nicht zur 'Restgröße' werden"

01.04.2010

„Die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes kann nicht nur mit Fördermitteln angestoßen werden. Eine zunehmende Bedeutung erlangen nicht-monetäre Standortfaktoren. Derzeit können schon bei einem Drittel der ausbildenden Unternehmen die Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Hauptgrund ist die mangelnde Ausbildungsreife vieler Bewerber. Der Bildungspolitik kommt daher mit Blick auf die Sicherung des künftigen Fachkräftebedarfs eine zentrale Rolle zu“, so Haseloff.

Das sagte heute (Anmerkung der Redaktion: 29. März 2010) Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Reiner Haseloff anlässlich der Vorstellung der vom „Forum für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt“ erarbeiteten Thesen zur Bildungspolitik. Die Thesen umfassen Vorschläge und Forderungen für alle Phasen des Lernens - von der frühkindlichen Bildung über die schulische und berufliche Ausbildung bis hin zum lebenslangen Lernen und zur Qualifizierung während der Berufsausübung.

Das Forum empfiehlt eine bessere Zusammenarbeit der Schulen mit der Wirtschaft, um eine optimale Berufsorientierung zu erreichen, sowie die Erhöhung des Praxisbezugs des Unterrichts durch eine verstärkte Nutzung von Schülerpraktika. Auch müssten die Potenziale frühkindlichen Lernens besser genutzt und die Berufsschulen in ihrem Kerngeschäft ertüchtigt werden.

Das Forum will eine breite Diskussion anstoßen über eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben der Gegenwart. „Facharbeiter stellen mit über zwei Dritteln die übergroße Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung in Sachsen-Anhalt. Um auch künftig Wirtschaftswachstum zu erzielen, sind Facharbeiter in Größenordnungen erforderlich und müssen qualifiziert ausgebildet werden. Die duale Berufsausbildung darf im Wettbewerb mit den akademischen Abschlüssen nicht zu einer 'Restgröße' werden“, so Haseloff. 

Carola Schaar, Präsidentin der Industrie und Handelskammer Halle-Dessau, hob für die Industrie- und Handelskammern des Landes die Besonderheiten der dualen beruflichen Ausbildung hervor: „Die Jugendlichen lernen in der Schule und im Betrieb. Sie erwerben neben dem theoretischen Rüstzeug auch berufliche Erfahrung und Handlungsfähigkeit. Die Arbeit im Unternehmen mit den Kollegen befördert die sozialen Kompetenzen. Disziplin, Leistungsbereitschaft und Teamfähigkeit werden quasi nebenbei vermittelt, das ist der besondere Mehrwert der beruflichen dualen Ausbildung gegenüber Schule und Studium“, so Schaar. 

Der Präsident der Handwerkskammer Magdeburg, Werner Vesterling, betonte: „Niemand darf beim permanenten Veränderungsprozess im Handwerk zurückgelassen werden. Unsere Gesellschaft kann es sich auf Dauer nicht leisten auf Humanressourcen zu verzichten.“

Der Präsident der Handwerkskammer Halle (Saale), Thomas Keindorf, unterstrich die Notwendigkeit der Sicherung des Fachkräftebedarfs in Sachsen-Anhalt: „Diese Aufgabe ist nur gesamtgesellschaftlich lösbar. Daher begrüßt das Handwerk, dass im Forum für Wirtschaft und Arbeit dazu die Grundlagen geschaffen wurden.“

Der Präsident der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Sachsen-Anhalt, Klemens Gutmann, unterstrich: „Die Wirtschaft braucht praxis- und ergebnisorientierte Schulabsolventen, die ihre Chancen in der Arbeitswelt selbständig ergreifen. Hier stehen die Anforderungen der Unternehmen einerseits und die humanistisch geprägten Ziele der Schule andererseits oft in einem gewissen Spannungsfeld. Wir wollen unsere Forderungen nach qualitativen und inhaltlichen Verbesserungen der Schulausbildung so formulieren, dass sie mit den zentralen Bildungszielen in Einklang gebracht werden können. Wir glauben, dass uns das hier gelungen ist."

Kay Senius, Vorsitzender der Geschäftsführung der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, sagte: „Aufgrund des demographisch bedingten Bewerberrückgangs nähern sich Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt in Sachsen-Anhalt zumindest rein rechnerisch rasant an. Doch der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung verläuft für Jugendliche mit schwächeren Leistungen nach wie vor nicht reibungslos. Aber auch diese jungen Menschen brauchen Erfolgschancen. Helfen kann hier beispielsweise eine frühzeitige, ideenreiche Berufsorientierung. Das unterstützen die Agenturen für Arbeit mit ihren Informations-, Beratungs-, Vermittlungs- und Förderdienstleistungen. Darüber hinaus ist das Engagement der Eltern und Lehrer gefragt. Und es muss immer mehr Unternehmern gelingen, Schülerinnen und Schüler für ihre Ausbildungsangebote zu begeistern. Auch ein leistungsschwächerer, aber für seinen Berufswunsch motivierter Schüler kann während der Ausbildung im Betrieb zur Hochform auflaufen.“

Hintergrund:

2005 gab es in Sachsen-Anhalt 32.173 Schulabgänger, 2009 waren es nur noch 18.461. 10,7 Prozent hatten keinen Schulabschluss (2005 waren es noch 11,9 Prozent). Mehr als halbiert hat sich binnen vier Jahren die Zahl der Ausbildungsplatzbewerber von 30.276 (2005) auf nur noch 14.538 (2009). Die demographischen Prognosen zeigen, dass sich dieses Bild nicht so schnell zum Besseren wandelt. 

Das „Forum für Wirtschaft und Arbeit“ wurde 2002 gegründet. Ihm gehören Repräsentanten der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Sachsen-Anhalt, der Industrie- und Handelskammern Magdeburg und Halle-Dessau, der Handwerkskammern Halle (Saale) und Magdeburg, des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen-Anhalt, der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, des Landesvorstandsbüros des DGB sowie des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt an.

Die zehn Thesen zur Bildungspolitik in Sachsen-Anhalt des Forums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt sind im Wortlaut unter unten genanntem Hyperlink auf den Seiten des Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt nachzulesen.

Quelle: Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Pressemitteilung Nr.: 050/10 vom 29.03.2010

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