Kinder- und Jugendarbeit

Deutsch-Griechisches Jugendforum erwies sich als Projektschmiede

Vom 3. bis 6. November kamen in Bad Honnef auf Einladung des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und IJAB zivilgesellschaftliche Organisationen aus Deutschland und Griechenland zusammen, um Projektideen im deutsch-griechischen Jugendaustausch zu entwickeln. Was verhalten begann, entwickelte im Verlauf der Veranstaltung eine erstaunliche Eigendynamik. Frischer Wind im deutsch-griechischen Austausch, der gute Voraussetzungen für ein künftiges deutsch-griechisches Jugendwerk schafft.

12.11.2014

Unterabteilungsleiter Thomas Thomer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und sein griechisches Gegenüber Wassilis Simopoulos sprachen es beide an: Die Politik kann Akzente setzen und Initiativen anstoßen, ob daraus etwas wird, bei dem sich Menschen begegnen und ihre Zukunft gemeinsam in die Hand nehmen, das liegt in den Händen der Zivilgesellschaft. Die war gekommen und sie war zahlreich gekommen. Besonders das Interesse auf griechischer Seite war groß – keine Selbstverständlichkeit, denn die Idee, ein deutsch-griechisches Jugendwerk auf den Weg zu bringen, war im ersten Schritt eine deutsche Initiative. Noch gibt es ein solches Jugendwerk nicht. Ob es denn Aussichten auf Erfolg hat, ob die Resonanz der Zivilgesellschaft dafür ausreichend ist, auch darüber sollte die viertägige Veranstaltung in Bad Honnef Auskunft geben.

Die Zivilgesellschaft war gekommen, aber am ersten Nachmittag des Forums wirkte sie noch etwas müde. Kein Wunder – vor allem hinter den griechischen Teilnehmer8inne)n lag eine lange Reise. Vielleicht war es ganz gut, dass nicht jede/r sich sofort einbringen musste, sondern dass die Vertreter der beiden Jugendministerien, deutsche und griechische Jugendliche, die bereits an austauschen teilgenommen hatten, Spiros Moskovou von der Griechenlandredaktion der Deutschen Welle und Maria Topali, Lyrikerin und Leiterin des Nationalen Zentrums für Sozialforschung in Athen, den thematischen Rahmen absteckten. Bei Moskovou und Topali wurde auch deutlich, dass das deutsch-griechische Verhältnis nicht unbelastet ist. Die harte Sparpolitik der griechischen Regierung wird von vielen Bürger(inne)n nicht zuletzt deutscher Einflussnahme zugeschrieben. Das hat in den letzten Jahren auch wieder alte Wunden aus der Zeit der deutschen Besatzung aufbrechen lassen. Dennoch lud Moskovou die Teilnehmer/-innen des Forums zum Dialog ein: „Liebe deutsche Freunde, intensivieren Sie die Kontakte zu Griechenland, lernen Sie von seiner alten Geschichte und seiner heutigen Alltagskultur. Liebe griechische Freunde, kultivieren Sie die Kontakte zu Deutschland, lernen Sie von seiner einmaligen Kultur der Kreativität und Erneuerung.“

Am nächsten Morgen war von Müdigkeit nichts mehr zu spüren. Eine sehr konzentrierte Arbeitsatmosphäre war zu spüren, die bis zum Ende der Veranstaltung anhielt. Man stellte sich vor, berichtete von Schwierigkeiten und Erfolgen, Wünschen und Erwartungen. In einem Projektmarkt und thematischen Arbeitsgruppen zu beruflicher Bildung, Versöhnungsarbeit, Kulturaustausch, Ökologie und nachhaltigem Tourismus sowie Integration und Chancengleichheit gelang bemerkenswertes: 17 Projektideen wurden entwickelt, von denen 10 am letzten Veranstaltungstag tatsächlich präsentationsfähig waren. Der Beispiele:

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und Gegen Vergessen – für Demokratie e. V. möchten sich mit den griechischen Partnern Inter Alia und Anna Radini.org mit der zerstörten Vielfalt der jüdischen Gemeinden und der Dörfer in Westmakedonien beschäftigen, in denen die Wehrmacht Kriegsverbrechen beging. Ab September 2015 sollen in und um die griechische Gebirgsstadt Kastoria Zeitzeugen befragt, historische Wanderwege erschlossen und „guided tours“ entwickelt werden.

Im Projekt PHYSIS will sich ein ganzes Bündel von Projektpartnern mit interdisziplinärer Kunst und konzeptionellen und prozessorientierten Arbeiten beschäftigen. Was kompliziert klingt erweist sich bei näherem Hinsehen als sehr handfest: Um Kunst und Ökologie, Berufsorientierung und Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Tourismus soll es gehen. 2016 soll die Aktivität in einem großen regionalen Festival am Olymp gipfeln.

Ein weiterer Verbund von Partnern aus Thessaloniki, Argolida und mehreren Regionen in Deutschland möchte sich im Projekt Beruf.Kennen.Lernen mir Berufsorientierung und den unterschiedlichen Berufsbildungssystemen beider Länder beschäftigen. Berufserkundungen, Austausch von Auszubildenden, Lehrern und Trainern sind angedacht, die weitgesteckten Ziele reichen bis hin zu strukturellen Veränderungen der strukturellen Rahmenbedingungen.

Nach sieben weiteren Projektpräsentationen konnte kein Zweifel mehr bestehen: Im deutsch-griechischen Austausch geht es mit großer Ernsthaftigkeit voran. Die Politik hat Akzente gesetzt und die Zivilgesellschaft hat sie aufgegriffen. Es gibt Grund zum Optimismus.

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