Flucht und Migration

Saarländisches Vorclearingkonzept ist Modell für andere Länder – Gastfamilienprogramm startet

Staatssekretär Stephan Kolling weist Kritik am Zentrum für vorläufige Inobhutnahme zurück und fordert Sachlichkeit in der Debatte um die Unterbringung von minderjährigen jugendlichen Ausländern (umA).

26.01.2016

"Es ist unverantwortlich, die gute Zusammenarbeit zwischen Land, Kreisen und Trägern in den letzten Monaten in Frage zu stellen und zum politischen Spielball zu machen", sagte Sozialstaatssekretär Stephan Kolling. "Uns allen liegt die schnelle und passgenaue Betreuung der jugendlichen Flüchtlinge am Herzen, daher sei es wenig hilfreich, zu polarisieren und vor allem Ehrenamtler durch falsche Aussagen und Behauptungen zu verunsichern. Das nutzt niemanden."

Kolling fordert daher eine Rückkehr zur Sachlichkeit. Fakt sei, dass das Land nicht die Arbeit und Betreuungsleistung der Jugendämter übernehme, sondern nur das Vorclearing. Dies dauere in der Regel  wenige Tage und diene dazu, umA entweder in andere Länder oder an Jugendämter im Saarland weiterzuleiten. "Wir konzentrieren uns nur auf diese Aufgabe und wollen damit die Jugendämter in diesen Bereich entlasten, indem wir zentral unter einem Dach, Hilfen und Clearing aus einer Hand leisten", erklärte der Staatssekretär.

Grund für diese Entscheidung sei, dass seit der bundesgesetzlichen Regelung zum letzten November eine zeitnahe Weiterleitung von jugendlichen Flüchtlingen durch die saarländischen Jugendämter vor allem daran scheitere, dass aufnehmende Jugendämter in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nicht ihrer Verpflichtung nachkommen, die umA aufzunehmen und zu betreuen. Hier werde wertvolle Zeit auf dem Rücken der Jugendlichen verspielt und sie wüssten in dieser Zeit nicht, wann die Weiterleitung erfolge.

"Diese Zeit der Ungewissheit zieht sich für viele über mehrere Wochen hin. In einigen Fällen sei die  Weiterleitung auch daran gescheitert, weil die vorgegebene 4- Wochenfrist nicht eingehalten werden konnte. Hier lassen uns Jugendämter in den zugewiesenen Ländern hängen. Diesen Umstand können wir schon aus Gründen des Kindeswohls nicht akzeptieren."

Die umA brauchen – wenn das Bundesverwaltungsamt eine Weiterleitung verfügt – schnell Klarheit, wo sie eine neue Heimat finden. Seit der gesetzlichen Möglichkeit der Umverteilung seit dem 1. November letzten Jahres sind von den insgesamt 341 im Saarland aufgegriffenen umA, nur 68 weitergeleitet worden. 31 davon nach Rheinland Pfalz, 30 nach Nordrhein Westfalen und 7 nach Baden-Württemberg. Weitere 28 umA müssen noch weitergeleitet werden, 10 umA waren nach der Verteilentscheidung abgängig. Viele der aufgegriffenen umA sind im Saarland geblieben und nicht weitergeleitet worden, wenn gesundheitliche Gründe gegen die Weiterleitung gesprochen haben oder Verwandtschaftsverhältnisse im Land vorliegen. Insgesamt 2 Jugendliche wurden daher aus gesundheitlichen Gründen aus der Weiterleitung herausgenommen und 223 Jugendliche wegen Verwandtschaftsverhältnisse.

Kolling verwies darauf, dass bis zu dem Stichtag 1. November 2015 der angegebene Verwandtschaftsanteil bei ca. 15 Prozent lag. Seit der Gesetzesänderung zum November, die die Möglichkeit der Weiterleitung in andere Länder vorsieht, liegt der angegebene Verwandtschaftsanteil bei über 60 Prozent.

Im Interesse der Jugendlichen und mit Blick auf eine zeitnahe Weiterleitung habe das Land die Zuständigkeit für die vorläufige Inobhutnahme übernommen, um eine rasche Verteilung sicherzustellen. Das Land betreibe aber nur das Vorclearing, nicht aber die Unterbringung im Land selbst. Die gute Arbeit der Träger und Jugendämter sei daher weiterhin gefragt, denn die 1350 im Saarland lebenden umA müssten weiter betreut werden. So müssten die bestehenden Clearinghäuser Ihre Arbeit weiter leisten, auch wenn der Überhang nach dem Königssteiner Schlüssel von derzeit 500 umA abgebaut ist.

"Wir gehen davon aus, dass wir spätestens nach den Sommerferien wieder umA aufnehmen müssen. Das hängt allerdings auch von den Zuwanderungszahlen der nächsten Monate ab", sagte Kolling.  Im letzten Jahr kamen in Spitzenzeiten bis zu 40 umA pro Tag. In den letzten Wochen hat die Zahl abgenommen. Derzeit kommen  durchschnittlich 6 umA täglich in der Landesaufnahmestelle in Lebach oder an anderen Orten an.

"Unser saarländisches Vorclearingmodell ist bundesweit auf großes Interesse gestoßen. Einige Länder überlegen, auch solche Vorclearingzentren auf Landesebene anzusiedeln", so Kolling. "Wir sind mit unserem Modell, das mit einem sehr guten und professionellen Team aus Sozialarbeitern, Ärzten und Fachkräften am "Schaumberger Hof" in Tholey betrieben wird, bundesweit Vorreiter. Darauf sind wir stolz", erklärte der Staatssekretär.

Kolling verwies darauf, dass auch in Zukunft die Betreuung der UMF nur funktionieren werde, wenn die Jugendämter, das Land, die Träger und die Ehrenamtlichen gemeinsam die Betreuung leisten. Das habe sich bewährt und solle auch so bleiben. Dazu gebe es auch zwischen den Jugendämtern und der zuständigen Fachabteilung im Sozialministerium regelmäßige Treffen.

"Wir werden nun mit den Jugendämtern der Landkreise ein Konzept erstellen, wie die Verteilung innerhalb des Landes erfolgen soll, nachdem die Landkreise entschieden haben, keine Kompetenzjugendämter einzurichten. Die Gespräche werden hierzu in den nächsten Tagen anlaufen", sagte er.

Abschließend kündigte Kolling an, dass man derzeit auch an einem Gastfamilienprogramm arbeite. "Gastfamilien bieten die Chance einer guten Integration der Jugendlichen in unsere Heimat. Daher wollen wir dafür werben, möglichst viele Familien für die Aufnahme von umA zu begeistern."

Quelle: Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Saarland vom 21.01.2016

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