Digitalisierung und Medien
No Hate Speech Deutschland: Gegen Hass und Hetze im Netz
In einer gemeinsamen Erklärung hat das No Hate Speech Movement Deutschland zu mehr Unterstützung für Betroffene von Hassrede aufgerufen und kritisiert den bisherigen Fokus der Bemühungen gegen Hassrede. Das Bündnis aus Zivilgesellschaft und Politik fordert digitale Zivilcourage und mehr Beratungs- und Informationsangebote sowie Gesetze und deren Durchsetzung.
31.07.2019
Anlässlich des Tags für Betroffene von Hasskriminalität am 22. Juli 2019 ruft die No Hate Speech Bewegung zu mehr Unterstützung für Betroffene von Hassrede auf. In einer gemeinsamen Erklärung des Nationalen Komitees fordert das Bündnis, Betroffenen mit „digitaler Zivilcourage“ Solidarität zu zeigen – zum Beispiel, indem Userinnen und User in Kommentarspalten sozialer Medien widersprechen. Die Initiative, die der Verein Neue deutsche Medienmacher*innen koordiniert, fordert zudem „Beratungs- und Informationsangebote, Gesetze und deren Durchsetzung“.
Gemeinsame Erklärung des Nationalen Komitees der NO HATE SPEECH Bewegung Deutschland
Eine kleine Minderheit wünscht sich, dass wir alle in Schock verharren oder uns sogar aus den Sozialen Netzwerken vertreiben lassen, während im Internet menschenverachtender Hass und demokratiefeindliche Hetze verbreitet wird. Und tatsächlich: Von Beleidigungen über Gewaltandrohungen und Vergewaltigungsfantasien bis hin zu erfundenen Todesanzeigen – der Ton im Netz ist und bleibt menschenfeindlich. Wir machen das nicht mit. Das No Hate Speech Movement in Deutschland stellt sich gegen diesen Hass. Als ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft, aus Politik und Medien stehen wir Seite an Seite mit den Betroffenen.
Am 22. Juli 2019, dem Internationalen Aktionstag für die Betroffenen von Hasskriminalität, sagen wir: Wer Eine*n von uns angreift, greift alle an.
Hass und Hetze gegen einzelne Menschen oder ganze Gruppen betrifft die gesamte Gesellschaft. Nicht wegschauen, sondern aktiv und solidarisch sein – das ist unsere Antwort. Denn alle Menschen haben das Recht, nicht beleidigt, bedroht oder diskriminiert zu werden. Doch wenn es um Hass im Netz geht, stehen allzu oft die Täter*innen im Vordergrund. Die betroffenen Menschen bleiben hingegen im Schatten und sind häufig auf sich allein gestellt. An wen können sie sich wenden und wo finden sie Hilfe? Was braucht es ganz konkret, um Menschen, die von Hass betroffen sind, schnell und praktisch zu helfen? Darüber müssen wir sprechen, hier müssen wir aktiv(er) werden.
Die Mehrheit will keinen Hass. Und die Mehrheit sind wir.
Digitale Zivilcourage, Counter Speech, gut finanzierte Beratungs-und Informationsangebote, Gesetze und deren Durchsetzung: Es gibt viele Wege, von Hate Speech Betroffene zu unterstützen. So stellt die NO HATE SPEECH Bewegung einen Online-Helpdesk zum Umgang mit Hass im Netz bereit, als Erste-Hilfe-Koffer gegen Hate Speech im Netz. Und es gibt neue Initiativen und immer mehr Menschen, die sichen gagieren wollen: Für einen demokratischen Diskurs und für mehr Solidarität mit allen Betroffenen von Hasskriminalität und Hetze im Netz. Denn die Mehrheit will keinen Hass. Und die Mehrheit sind wir.
Sämtliche Unterzeichner*innen finden sich in der Gemeinsamen Erklärung des Nationalalen Komitees der NO HATE SPEECH Bewegung Deutschland (PDF 4,5 MB) bei den Neuen deutschen Medienmachern.
Zahlen und Fakten zu Hass im Netz
Laut einer Studie des ISD London und #ichbinhier2018 (PDF 2,8 MB) ist der Diskurs in vielen Kommentarspalten auf Facebook kein Abbild der Gesellschaft, sondern wird von Sympathisant*innen extremistischer und verfassungsfeindlicher Organisationen bestimmt. Eine Studie der Landesanstalt für Medien NRW (PDF, 275 KB) aus dem Jahr 2019 kommt zum Ergebnis, dass fast die Hälfte aller Befragten, schon einmal Hassrede bzw. Hasskommentare im Internet gesehen haben. Dieser Studie zufolge ist fast jede*r (85%) zwischen 14 und 24 Jahren schon einmal auf Hasskommentare im Netz gestoßen. Dabei finden fast alle (98%) Internetnutzer*innen es nicht in Ordnung an der ein sozialen Netzwerken zu beleidigen oder zu beschimpfen. Eine bundesweite repräsentative Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (PDF 3,6 MB) kam dieses Jahr zum Ergebnis, dass etwa die Hälfte der Internetnutzer*innen sich in Reaktion auf Hassrede im Internet seltener zu ihrer politischen Meinung bekennt (51%) und sich seltener an Diskussionen im Netz beteiligt (47%).
No Hate Speech Movement
Die Initiative des Europarats „No Hate Speech Movement“ wird in Deutschland vom Neue deutsche Medienmacher e.V. koordiniert und 2018/2019 gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundesprogramm „Demokratie leben!“, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, der ZEIT-Stiftung, Twitter Europe und Facebook Deutschland. Das Nationale Komitee der NO HATE SPEECH Bewegung ist ein breites Bündnis aus Zivilgesellschaft und Politik, das sich gemeinsam Hass und Hetze im Netz entgegenstellt und sich für eine zivile Debattenkultur im Netz einsetzt. Wir sind zur zweitgrößten nationalen Initiative der NO HATE SPEECH Bewegung angewachsen, an der sich weltweit 44 Länder beteiligen
Weitere Informationen
Am Abend des 22. Juli hatte das No Hate Speech Movement zudem zu einer Podiumsdiskussion mit von Hass betroffenen Medienschaffenden in Berlin eingeladen. Unter dem Titel „#hetzefrei“ diskutierten die Neuen deutschen Medienmacher*innen unter anderem mit Nicole Diekmann, ZDF-Korrespondentin, darüber, wie sie mit Hassrede umgehen.
Seit 2017 organisieren die Neuen deutschen Medienmacher*innen Fortbildungen für Medienschaffende und haben einen Leitfaden zum Umgang mit Hass (PDF 4,3 MB) herausgegeben.
Weitere Informationen zum No Hate Speech Movement finden sich auch auf dem Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe sowie in den Projektinformationen der Neuen deutschen Medienmacher*innnen.
Quelle: Neue deutsche Medienmacher vom 19.07.2019
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