EU-Jugendstrategie

Strukturierter Dialog: Ergebnisse der Beteiligungsrunde "Zusammenleben mitgestalten"

Unter dem Titel "Zusammenleben mitgestalten" konnten junge Menschen und Jugendgruppen in Deutschland von Mai bis August 2016 ihre Meinungen, Vorschläge und Positionen in den Strukturierten Dialog einbringen und über die wichtigsten Beiträge abstimmen. Nun liegt die Zusammenfassung der Ergebnisse vor.

05.09.2016

Insgesamt kamen 387 Beiträge von Einzelpersonen und Jugendgruppen unterschiedlicher Größe zusammen. Die meisten Antworten gab es zu den Themen „Zusammenleben in Vielfalt“ und „Zusammen gegen Ausgrenzung“. Viele Teilnehmende beschäftigte dabei besonders die Situation von geflüchteten Jugendlichen.

Alle Beiträge ansehen

Im August 2016 startete die zweite Onlinephase. In dieser konnten die Teilnehmenden die Beiträge auswählen, die ihnen für die weitere politische Diskussion besonders wichtig waren. Die Beiträge wurden für die Abstimmung von Koordinierungsstelle für den Strukturierten Dialog redaktionell vorbereitet. Das heißt, inhaltlich ähnliche Beiträge wurden z.B. zusammengefasst und Beiträge mit mehreren Aussagen aufgesplittet.

Abstimmungsergebnisse ansehen

Auf der Grundlage der Abstimmungsergebnisse wurde zu jeder Fragestellung ein Ranking erstellt. In die Zusammenfassung aufgenommen, wurden die Beiträge, die es in der oberen Hälfte des Rankings schafften. Eine Kurzübersicht über die Ergebnisse ist unten auf dieser Seite zu finden.

Broschüre mit Zusammenfassung der Ergebnisse (PDF-Datei, ca. 1,2 MB)

Nächste Schritte

Bei der nächsten EU-Jugendkonferenz in der Slowakei werden Anfang Oktober 2016 die Ergebnisse aus Deutschland und den anderen EU-Ländern zusammengebracht und von Jugend- und Ministeriumsvertreter_innen diskutiert. Ihre Aufgabe ist es, daraus gemeinsame Empfehlungen zu formulieren.

Im dritten und letzten Schritt geht es dann darum, konkrete Umsetzungsvorschläge zu den Empfehlungen zu entwickeln und Beispiele guter Praxis zusammenzutragen.

In Deutschland findet dazu Mitte November die Dialogveranstaltung „JuPiD 2016 - Jugend und Politik im Dialog“ statt. Junge Menschen aus ganz Deutschland diskutieren dort miteinander und mit Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung über die Empfehlungen der EU-Jugendkonferenz in der Slowakei und entwickeln Umsetzungsvorschläge.

Im Anschluss diskutiert die EU-Jugendkonferenz im März 2017 auf Malta die Vorschläge aus allen 28 EU-Ländern und entwickelt einen „Werkzeugkasten“ mit Vorschlägen für Politik und Verwaltung.

Weitere Infos zu den kommenden Schritten

Die Ergebnisse in der Kurzübersicht

1. Heimatverbunden oder Weltbürger_in: Wie steht’s um dein Zugehörigkeitsgefühl?

Nicht ein Zugehörigkeitsgefühl, sondern viele

Die meisten Teilnehmenden fühlen sich weniger mit einem bestimmten Ort oder Land verbunden, sondern mit vielen unterschiedlichen Dingen. Dabei verändert sich das Zugehörigkeitsgefühl abhängig von der Perspektive, die man einnimmt. Heimatverbundenheit und „Weltbürgertum“ schließen sich nicht aus.

Das brauchen wir dafür:

  • Jedes Mitglied der Gemeinschaft sollte u.a. akzeptiert, wertgeschätzt, respektiert und gleich behandelt werden.
  • Gleiche oder ähnliche Werte, Interessen und (Lebens-)Vorstellungen sowie gemeinsame Aktivitäten, Erlebnisse und Erinnerungen fördern das Zugehörigkeitsgefühl.
  • Jede/-r sollte wahr- und ernst genommen und an wichtigen Entscheidungen beteiligt werden sowie die eigenen Ideen leicht umsetzen und sich selbst organisieren können.

Europa erlebbar machen!

Um das Zugehörigkeitsgefühl speziell zu Europa zu stärken, sollte Europa nach Ansicht der Teilnehmenden die Anerkennung von Vielfalt sowie das Interesse an und die Beteiligung von Menschen aus vielfältigen Kulturen fördern.

Das brauchen wir dafür:

  • Mehr interkulturelle Programme, damit mehr junge Menschen persönlich die Vorteile Europas erfahren können.

2. Zusammenleben in Vielfalt: Wie kann das besser funktionieren?

Offenheit, Aufklärung & Begegnung fördern

Jede/-r kann zu einem besseren Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft beitragen – gerade auch in kleinen, alltäglichen Situationen.  Wichtig ist den Teilnehmenden zudem, dass mit Vorurteilen und bestimmten Sichtweisen gebrochen wird und durch bessere Aufklärung, Information und Transparenz Missverständnisse und Konflikte vermieden werden.

Das brauchen wir dafür:

  • Sachliche Aufklärung.
  • In Kindergärten und Schulen verstärkt auf kulturelle Unterschiede und Vorurteile eingehen.
  • Mehr Begegnungsmöglichkeiten und mehr internationale Jugendbegegnungen und Schulaustausch.
  • Politiker/-innen müssen ihren Beitrag für Toleranz, Vielfalt und Anerkennung leisten.

Engagement stärken

Die meisten Jugendlichen stehen einer vielfältigen Gesellschaft aufgeschlossen gegenüber, viele von ihnen setzen sich jedoch nach Ansicht der Teilnehmenden nicht bewusst dafür ein. Deshalb sollten junge Menschen mehr für gesellschaftliches Engagement begeistert werden.

Das brauchen wir dafür:

  • Junge Menschen mit Behinderungen, Migrationshintergrund usw. dazu ermutigen, sich ehrenamtlich zu engagieren.
  • Gute finanzielle Rahmenbedingungen für Engagement.

Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe verbessern

Geht es nach den Teilnehmenden, müssen für alle Menschen gute und gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit geschaffen werden.

Das brauchen wir dafür:

  • Staat und Gemeinschaft sollten mehr in Menschen investieren: Alle sollten arbeiten und sich in die Gesellschaft einbringen können.
  • Neuausrichtung der Migrations-, Integrations- und Asylpolitik sowie bessere Vernetzung der verschiedenen Politikbereiche.

Mitgestalten ermöglichen

Nach Ansicht der Teilnehmenden sollten alle Menschen unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten können. Die Mitbestimmung aller Menschen sollte an den unterschiedlichsten Orten des Lebens gesichert und selbstverständlich sein.

Das brauchen wir dafür:

  • Geflüchtete Jugendliche und junge Menschen mit Migrationshintergrund sollten eine eigene Stimme erhalten.
  • Kommunales Wahlrecht für alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben.

Vielfalt im Bildungswesen fördern

Der Zugang zu Bildung sollte nach Meinung der Teilnehmenden allen jungen Menschen gleich offen stehen.

Das brauchen wir dafür:

  • Sensibilisierung von Bildungseinrichtungen für vielfältige Gruppen von Kindern und Jugendlichen.
  • Bessere Ausstattung von Bildungseinrichtungen.
  • Neues Gesamtkonzept für das Bildungssystem.
  • Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in der Jugendhilfe-, Bildungs- und Schulentwicklungsplanung als Querschnittsaufgabe verankern.

Vielfalt im Arbeitsleben fördern

Damit das Zusammenleben in Vielfalt auch im Arbeitsleben gelingt, schlagen die Teilnehmenden Folgendes vor:

  • Mehr Qualifizierung zu interkulturellen Themen für Beschäftigte sowie mehr Diversitätsmanagement in Betrieben und Behörden.
  • Arbeitsplätze, Praktika und Hospitationen für junge Menschen sowie bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • Stärkere Unterstützung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund bei der beruflichen Orientierung.
  • Bleiberecht für geflüchtete Jugendliche, die eine Berufsausbildung absolvieren.

Unterstützung und Integration passgenau gestalten

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund brauchen passgenaue Unterstützung und müssen gemäß ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten gefördert werden, finden die Teilnehmenden.

Das brauchen wir dafür:

  • Unterstützung muss immer motivierend, wertschätzend und freiwillig sein.
  • Kommunikation zwischen den verschiedenen Gruppen stärken und ausbauen.
  • „Neuankömmlingen“ Gesetze und  Verhaltensweisen verständlich machen und sie möglichst dezentral unterbringen.
  • Kinder und Jugendliche und deren Familien vor Abschiebungen zu schützen.

3. Zusammen gegen Ausgrenzung: Wie können wir die Ausgrenzung von jungen Menschen verhindern?

Eigene Vorstellungen hinterfragen

Nach Ansicht der Teilnehmenden setzen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie eine bestimmte Vorstellung von Normalität voraus. Wir sollten deshalb unsere Vorstellung von Normalität kritisch hinterfragen.

Das brauchen wir dafür:

  • Einen intensiveren zwischenmenschlichen, religiösen, kulturellen und traditionellen Austausch.
  • Integration von fremden Traditionen in die eigene Kultur.
  • Einführung von anonymen Bewerbungen auf dem Arbeitsmarkt.
  • Kinder und Jugendliche sollten früh lernen, dass kein Mensch dem anderen überlegen ist, sondern jede_r die gleichen Rechte hat.

Chancengleichheit bei Bildung & Co

Bildung, Sprache und Arbeit sind der Weg in die Gesellschaft und sollten deshalb verstärkt gefördert werden, finden die Teilnehmenden. Junge Menschen sollten sich entfalten können, ohne z.B. vom Bildungsstand ihrer Eltern abhängig zu sein.

Das brauchen wir dafür:

  • Möglichst frühzeitig mit Bildung beginnen (z.B. im Kindergarten).
  • Alle Kinder und Jugendliche sollten unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Unterricht erhalten oder eine Ausbildung machen können.
  • Schnelle und unbürokratische Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen und Qualifikationen.
  • Durchlässigeres Bildungssystem. 
  • Pädagogische Konzepte, bei denen nicht die Leistung, sondern die Entwicklung der Person im Mittelpunkt steht.

Mitgestalten ermöglichen

Um Ausgrenzung zu verhindern, müssen nach Ansicht der Teilnehmenden alle jungen Menschen in die Lage versetzt werden, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Jede_r sollte die Möglichkeit erhalten, die eigenen Fähigkeiten und Talente zu entfalten.

Das brauchen wir dafür:

  • Förderung von Bildungsarbeit, politische Willensbildung und aktive Teilhabe am öffentlichen Leben.
  • Mehr Toleranz gegenüber Jugendlichen: Die Politik muss junge Menschen als gleichwertig wahrnehmen.

Bessere Unterstützung

Junge Menschen, die von Ausgrenzung bedroht oder betroffen sind, brauchen Unterstützer_innen. Die Teilnehmenden sprechen sich deshalb dafür aus, dass Menschen, die anderen helfen, besser vergütet werden bzw. andere Leistungen erhalten.

Das brauchen wir dafür:

  • Bessere Ausstattung von Angeboten der Sozial- und der Jugendarbeit und von Schulen.
  • Finanzielle Unterstützung von wirtschaftlich schwächeren Jugendlichen.

Ausgrenzung aktiv bekämpfen

Die Teilnehmenden sprechen sich dafür aus, dass grundsätzlich keine Form von Ausgrenzung, Diskriminierung und Hass gegenüber anderen Menschen geduldet werden darf.

Das brauchen wir dafür:

  • Gezieltes Vorgehen gegen Mobbing und Hilfestellung für betroffene Menschen.
  • Stärkung der Zivilcourage.
  • Bessere Förderung von demokratischen Bündnissen gegen Rechtsextremismus.
  • Mehr Orte für einen Dialog zur Aufklärung.
  • Verantwortungsbewusste Erinnerungskultur an die Verbrechen des Nationalsozialismus.

4. Veränderungen bewältigen: Wie gehst du mit gesellschaftlichen Herausforderungen um?

Herausforderungen für Politik und Gesellschaft

Die Entfremdung zwischen der etablierten Politik und den Bürger_innen sowie populistische Strömungen stellen nach Ansicht der Teilnehmenden eine HERAUSFORDERUNG dar.

Das hilft beim Umgang damit:

  • Junge Menschen dabei unterstützen, zu mündigen Menschen zu werden.
  • Grenzen aufheben und nicht allein dem Geld „das Regieren der Welt“ überlassen.
  • Wer sich selbst als wirkmächtig erlebt, ist auch motiviert, sich einzubringen und das gesellschaftliche Zusammenleben mitzugestalten.
  • Junge Menschen mehr am Lösen von Problemen beteiligen.
  • Eine Jugendstimme in Gremien.
  • Senkung des Wahlalters auf 16.
  • Flächendeckende politische Bildung in Schulen.
  • Förderung von Infoprogrammen.
  • Stärkere Einbeziehung von jungen Menschen in die Kommunalpolitik.
  • Offene und ehrliche Diskussion über Probleme und Lösungsansätze.

Herausforderungen bei der Integration und Inklusion

Die Integration und Inklusion aller Menschen stellt nach Meinung der Teilnehmenden eine HERAUSFORDERUNG dar.

Das hilft beim Umgang damit:

  • Menschen, die „anders“ sind, sollten von allen akzeptiert, angenommen und wertgeschätzt werden.
  • Jede_r sollte sich offen zu Toleranz und Inklusion bekennen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten Menschen ermutigen, sich mit verschiedenen Weltansichten auseinanderzusetzen und voneinander zu lernen.
  • Junge Menschen mehr über die Lebenssituation von Jugendlichen in anderen Ländern aufklären.

Herausforderungen speziell für die EU

Die Teilnehmenden empfinden den schwindenden Zusammenhalt in der Europäischen Union als eine HERAUSFORDERUNG.

Das hilft beim Umgang damit:

  • Bewusstsein dafür erhöhen, wie wichtig und positiv Europa für unseren Alltag ist.
  • Lasst uns unser Europa und lasst es junge Menschen mitgestalten!

Herausforderungen bei der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt

Die Teilnehmenden bemängeln, dass das Bildungssystem junge Menschen nicht ausreichend auf die HERAUSFORDERUNGEN von morgen vorbereit. Ein weiteres Problem ist für viele junge Menschen auch der wachsende Leistungsdruck.

Das hilft beim Umgang damit:

  • Junge Menschen mehr dabei unterstützen, selbstbestimmt Perspektiven für ihre Zukunft zu entwickeln.
  • Erkennen, dass man auch mit einer 30-Stunden-Woche alles schaffen kann und es nicht immer nur darum geht, der oder die Beste zu sein.

Veränderungen durch Gespräche und Informationen bewältigen

Gesellschaftlichen Veränderungen lassen sich nicht aufhalten, deshalb muss jede_r lernen, damit umzugehen.

Das hilft beim Umgang damit:

  • Im Bekanntenkreis mehr über gesellschaftliche Herausforderungen und das, was wichtig und gut ist, reden.
  • Mehr Zeit für Gespräche in Jugendarbeit und Schule.
  • Junge Menschen sollten selbst stärker aktiv werden und sich über aktuelle Themen informieren.
  • Passgenau aufbereitete Informationen für Jugendliche.

Quelle: Deutscher Bundesjugendring, Koordinierungsstelle zur Umsetzung des Strukturierten Dialogs in Deutschland

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