Kritik an Bundesregierung

Ideologie statt Kindeswohl an Familiengerichten und Jugendämtern?

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) kritisiert, dass der Bundesregierung keine Erkenntnisse vorliegen, inwiefern häusliche Gewalt in familiengerichtlichen Verfahren systematisch angemessen berücksichtigt wird. Auch sei keine Interesse zu erkennen, problematische Entwicklungen durch statistische Erhebungen genauer in den Blick zu nehmen.

16.01.2023

Aus der Antwort der Bundesregierung (PDF; 293 KB) auf die Kleine Anfrage der Linken zu „Forschung und Aufklärung – Studienergebnisse zu Ideologie statt Kindeswohlorientierung in der Praxis von Familiengerichten und Jugendämtern“ (PDF; 221 KB) gehe aus Sicht des VAMV hervor, dass die Bundesregierung keine Erkenntnisse über solche problematischen Entwicklungen habe und auch keinen Anlass sehe, durch statistische Erhebungen oder Forschungsprojekte die Situation genauer in den Blick zu nehmen. Auch liegen der Bundesregierung demnach keine Erkenntnisse vor, inwiefern häusliche Gewalt in familiengerichtlichen Verfahren systematisch angemessen berücksichtigt werde.

Daniela Jaspers, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), konstatiert:

„Dies ist höchstbedenklich, appelliert das Expertengremium des Europarats, GREVIO, in seinem aktuellen Bericht doch nachdrücklich an den deutschen Staat, genau hinzuschauen: die Auswirkungen von gerichtlichen Entscheidungen über das Sorge- und Umgangsrecht auf die Sicherheit von weiblichen Opfern häuslicher Gewalt und ihrer Kinder zu bewerten. Hierzu soll Deutschland die einschlägige Rechtsprechung analysieren und Daten erheben, wie Richter*innen das elterliche Sorge- oder Umgangsrecht im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt einschränken oder entziehen. Damit bleibt die Bundesregierung nicht nur die Antwort auf die Kleine Anfrage schuldig, sondern auch die Umsetzung der Istanbul-Konvention“

Auch benenne GREVIO in dem Bericht seine Besorgnis über die in Deutschland weit verbreitete Verwendung des nachweislich unwissenschaftlichen Konzepts der „elterlichen Entfremdung“. Dies werde sogar in der Ausbildung von Jugendamtsmitarbeiter:innen verwendet. „Auch auf diesem Auge scheint die Bundesregierung blind zu sein“, mahnt Jaspers. „So bleiben die Fragen zu problematischen Inobhutnahmen im Zusammenhang mit der Anwendung des Konzepts der elterlichen Entfremdung offen. Die Bundesregierung muss die Verantwortung annehmen, hier genau hinsehen zu müssen. Die Erhebung statistischer Daten ist hier ebenso wenig geplant wie entsprechende Forschungen, aber dringend notwendig.“ GREVIO überwacht in Europa die Umsetzung der Istanbul-Konvention, das Abkommen zum Schutz von Frauen vor Gewalt.

Über den Verband

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vertritt seit 1967 die Interessen der heute 2,6 Millionen Alleinerziehenden. Der VAMV fordert die Anerkennung von Einelternfamilien als gleichberechtigte Lebensform und entsprechende gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Er tritt für eine verantwortungsvolle gemeinsame Elternschaft auch nach Trennung und Scheidung ein.

Quelle: VAMV-Bundesverband e.V. vom 11.01.2023

Redaktion: Kerstin Boller

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