Bildungspolitik

GEW: „Endlich Nägel mit Köpfen machen“

Wasserdichte Vereinbarungen, zusätzliche Gelder in den Bildungsbereich zu investieren, erwartet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom dritten Bildungsgipfel am Donnerstag.

09.06.2010

Frankfurt a.M. - „Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten müssen endlich Nägel mit Köpfen machen. Lockere Versprechen mit anschließender Rückruderpartie haben wir genug erlebt. Die Weiterentwicklung des Bildungsbereichs darf nicht den Egoismen der Länder geopfert werden“, sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne heute in Frankfurt a.M. Die Bildungsgewerkschaft erwarte, dass Bund und Länder ihre Verpflichtung vom Dresdener Bildungsgipfel 2008 einlösen, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben. Dies entspreche zusätzlichen Mitteln von gut 40 Milliarden Euro jährlich.

„Wir brauchen eine Bildungsoffensive, um die Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwinden. Wer jetzt wie Hessen und Schleswig-Holstein den Bildungsbereich kaputtsparen will, sägt an dem Ast, auf dem wir sitzen. Die Bundesrepublik braucht künftig mehr und nicht weniger hervorragend ausgebildete Fachkräfte, um zukunftsfähig zu bleiben“, unterstrich Thöne. Er warnte vor einem sich ausweitenden Pädagogenmangel. „Schon jetzt gibt es zu wenig voll ausgebildete Lehrkräfte an den Schulen, für das Krippenprogramm werden zu wenige Erzieherinnen qualifiziert und auch für eine Hochschulkarriere müssen mehr junge Menschen gewonnen werden. Wenn sich die nachwachsende Generation für diese Berufe entscheiden soll, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören nicht zuletzt ein attraktives Gehalt und gute Tarifverträge für Angestellte. Die Einbußen, die insbesondere Lehrkräfte in den vergangenen Jahren hinnehmen mussten, sind kontraproduktiv“, hob der GEW-Vorsitzende hervor. 

„Für die individuelle Förderung aller Kinder brauchen wir mehr Zeit in Kindertagesstätten und Schulen. Kleinere Lerngruppen und Klassen sind für eine Pädagogik notwendig, die dem einzelnen Kind gerechter wird“, sagte Thöne. Zur Weiterentwicklung des Bildungswesens gehörten der Ausbau der frühkindlichen Bildung, ein inklusives Schulsystem, mehr Ganztagsangebote und Schulsozialarbeit, mehr Arbeiterkinder an den Hochschulen und bessere Lehre sowie die lebensbegleitende Weiterbildung. Deutschland brauche eine transparente, öffentliche Diskussion, in welche Vorhaben zusätzliche Gelder investiert werden sollen. Dazu müssten sich Bund, Länder und Kommunen zu einer gesamtstaatlichen Verantwortung für Bildung bekennen und klare strategische Ziele für ein konsistentes Konzept von Bildung, Erziehung und Betreuung entwickeln.

„Eine Bildungsoffensive kostet Geld. Dafür muss der Staat die Einnahmeseite verbessern“, sagte Thöne. Mit dem Sparpaket, das jetzt vorgelegt worden ist, werde jedoch den falsche Weg beschritten. „Wir brauchen ein Umsteuern in der Steuerpolitik. Unternehmen, Banken und Reiche sind in der Pflicht: Sie müssen ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit entsprechend einen Beitrag zur Überwindung der Krise leisten. Dazu gehören beispielsweise die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine konsequente Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen.“ Den Ländern jetzt ohne Zweckbindung pauschal mehr Umsatzsteuerpunkte zu geben, lehnte Thöne als nicht zielführend ab.

„Rechentricks von Finanzministern ändern nichts daran, dass das Bildungswesen drastisch unterfinanziert ist. Das Aufpolieren der Statistik leistet keinen Beitrag, die Qualität der Bildungsangebote auch nur um einen Deut zu verbessern. Seit Dresden sind so gut wie keine Fortschritte erzielt worden: Noch immer verlassen Jahr für Jahr rund 65.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss, der Ausbau der Krippenplätze kommt nur schleppend voran“, betonte der GEW-Vorsitzende. Mit den 13 Milliarden, die laut Merkel zusätzlich ins Bildungswesen fließen sollen, könnten etwa die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz und eine sachgerechte Erhöhung des BAföGs finanziert werden.

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

ik

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