Bildungspolitik

Bologna-Reform wirkt als „Beschleuniger“

Der Bologna-Prozess ist in Deutschland zu lange primär als formale Strukturreform und nicht als Chance für eine inhaltliche und didaktische Neugestaltung des Studiums verstanden worden. Dadurch ist bei vielen Hochschulmitgliedern der Eindruck einer politisch aufoktroyierten, bürokratischen Reform entstanden. Doch aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Einführung der Bachelor-Master-Abschlüsse eine Menge Impulse für echte Verbesserungen in Studium und Lehre enthält, die offensiver und kreativer genutzt werden könnten als bisher.

21.12.2010

So erhöht beispielweise eine konsequente Umsetzung der kompetenzorientierten Lehre nachweislich den Studienerfolg. Verbreitete negative Meinungen wie beispielsweise, dass es zu einer allgemeinen Verschlechterung der Studienqualität gekommen sei oder die Studierenden drastisch mehr arbeiten müssen, werden durch empirische Befunde zum Teil widerlegt. Diese und andere mitunter überraschende Ergebnisse der Hochschulforschung wurden bei einer Tagung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung und des BMBF in Berlin mit 250 Teilnehmer(innen) aus Wissenschaft und Wissenschaftsmanagement vorgestellt. 

Im internationalen Vergleich zeichnet sich Deutschland durch eine besonders starke staatliche Reglementierung aus, was sich u.a. auch im Bereich der Akkreditierung zeigt. So belegen erste empirische Befunde, dass Professor(inn)en die Studiengangsakkreditierung von allen im Hochschulbereich angewandten Qualitätssicherungsverfahren für das am wenigsten nützliche halten. Instrumente, die Hochschulen im Rahmen eines selbstgesteuerten Qualitätsmanagements einsetzen, beurteilen sie dagegen überwiegend als hilfreich für die Qualitätsentwicklung in der Lehre. 

Weitere, direkt auf das Studium bezogene Neuerungen, welche im Rahmen der Bologna-Reform Einzug in die deutschen Hörsäle hielten, führen nachweislich zu Verbesserungen. So wird seit 2004 an der FU Berlin ein neues Evaluationsinstrument eingesetzt, mit dem in regelmäßigem Abstand der Kompetenzerwerb bei den Studierenden überprüft wird. Dabei zeigt sich, dass die Umstellung auf eine studierendenzentrierte Lehre - eine Kernforderung des Bologna-Prozesses - faktisch bessere Ergebnisse bringt als eine lehrendenzentrierte Lehre. Insofern kann die Bachelor-Master-Umstellung vor allem dann eine positive Wirkung zeigen, wenn sie als Möglichkeit zu einer didaktischen Weiterentwicklung genutzt wird, so die weitgehend übereinstimmende Meinung der Tagungsteilnehmer(inn)en. Dies sollte einhergehen mit kreativen Formen der studentischen Partizipation. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür liefert die Universität Freiburg, wo es Studierenden gelingt, mit Hilfe der Methode des „Community Organizings“ die Studienreform aktiv mitzugestalten. 

Am Ende der anderthalbtägigen Veranstaltung, bei der insgesamt 32 Wissenschaftler(inn)en ihre bisher erzielten Forschungsergebnisse vorstellten, herrschte der Eindruck vor, dass der Bologna-Prozess vielfach Defizite in der Lehre sichtbar macht, die auch ohne die Umstellung der Studienstruktur vorhanden gewesen wären. Bologna schaffe nicht automatisch Abhilfe, doch richtig genutzt könne die Reform durchaus als „Beschleuniger“ für Verbesserungen fungieren. Auf Seiten der anwesenden Praktiker(inn)en in Lehre und Wissenschaftsmanagement wurde der Wunsch laut, öfter über laufende Forschungsprojekte informiert zu werden, um dadurch möglichst konkrete Ideen für ihren Berufsalltag gewinnen zu können. 

Alle Tagungsbeiträge können unter dem unten beigefügten Hyperlink heruntergeladen werden. 

Quelle: CHE Centrum für Hochschulentwicklung

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