Hilfen zur Erziehung

Niedersachsen: Unterbringung von Jugendlichen in Rumänien muss aufgeklärt werden

Das Niedersächsische Landessozialamt hat nach Bekanntwerden von Vorwürfen, wonach Jugendliche in einer Einrichtung in Rumänien Schlägen, Isolationshaft, Nahrungsentzug und demütigenden Ritualen ausgesetzt waren, umgehend Kontakt zu dem im Landkreis Rotenburg ansässigen Kooperationspartner aufgenommen, der Jugendliche bei dem Projekt untergebracht hat. Demnach waren zuletzt 23 Jugendliche dort untergebracht, davon neun aus Niedersachsen.

02.09.2019

Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann zeigt sich betroffen angesichts der Vorwürfe, die gegen den rumänischen Jugendhilfeträger Maramures erhoben werden. „Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, mit denen die rumänische Staatsanwaltschaft zitiert wird, dann sind das erschütternde Verhältnisse, die in keinster Weise mit pädagogischen Ansätzen zu rechtfertigen sind", erklärt Dr. Carola Reimann: „Dass mit Jugendlichen so umgegangen wird, ist nicht zu tolerieren und muss sofort gestoppt und aufgeklärt werden. Vor allem muss für die betroffenen Jugendlichen eine gute Lösung gefunden werden."

Unterbringung im Ausland in Ausnahmefällen

Das Landesjugendamt klärt die Vorfälle und die Verantwortung des Trägers. Jugendliche werden in Ausnahmefällen im Ausland untergebracht, wenn die bisherigen Anstrengungen im Inland erfolglos verlaufen sind, eine Unterbringung in den deutschen Regelsystemen keine positive Entwicklung mehr erwarten lässt und ein neues Umfeld hilfreich sein könnte. Für die ordnungsgemäße und jugendgerechte Unterbringung ist das jeweilige örtliche Jugendamt zuständig im Zusammenwirken mit dem in Deutschland ansässigen freien Träger, der den Kontakt zum Auslandspartner aufrecht erhält und verantwortet. Gegen in Maramures ansässige Einrichtungsbetreiber waren schon wiederholt Vorwürfe laut geworden - es muss somit die Frage beantwortet werden, ob es sich um denselben Träger handelte und wie die Qualität der Unterbringung seitens des deutschen Partners und der Jugendämter überprüft worden ist.

Erläuterung zu rechtlichen Rahmenbedingungen der Unterbringung

  • Auslandsmaßnahmen sind in Ausnahmefällen angezeigt, wenn sie mit Blick auf den individuellen erzieherischen Bedarf die allein geeignete und notwendige Hilfe darstellen: Gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII ist eine Hilfe zur Erziehung „... in der Regel im Inland zu erbringen; sie darf nur dann im Ausland erbracht werden, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfezieles im Einzelfall erforderlich ist..."
  • Die Entscheidung über die im Einzelfall geeignete Hilfeart für den / die Jugendliche(n) definiert das fallzuständige Jugendamt in der Regel im Zusammenwirken mit meist mehreren Fachkräften des Trägers.
  • Es muss sich dabei um einen anerkannten Träger der Jugendhilfe handeln oder er muss Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung im Inland sein, in der Hilfe zur Erziehung erbracht wird.
  • Das Landesjugendamt (LJA) erteilt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einem Träger, der Auslandsmaßnahmen anbietet, eine Betriebserlaubnis gem. § 45 Sozialgesetzbuch, 8. Buch (SGB VIII) Kinder- und Jugendhilfegesetz in Verbindung mit § 48a SGB VIII für den inländischen Einrichtungsteil - eine Betriebserlaubnis für Einrichtungsteile, die im Ausland liegen, kann vom LJA nicht erteilt werden. Die Einrichtung in Bothel verfügt über eine Betriebserlaubnis gem. § 45 Sozialgesetzbuch, 8. Buch (SGB VIII) Kinder- und Jugendhilfegesetz in Verbindung mit § 48a SGB VIII in Niedersachsen. Sie arbeitet seit Jahren mit einer Vielzahl von Jugendämtern in auslandspädagogischen Maßnahmen zusammen. Sie betreut die jungen Menschen in Maramures im Auftrag der fallzuständigen Jugendämter. Der Trägersitz ist Bothel, die Angebote können potentiell von allen deutschen Jugendämtern in Anspruch genommen werden.
  • Die Wirksamkeit der geeigneten Hilfe wird über das Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII überprüft, in der Regel alle sechs Monate in Hilfekonferenzen.
  • Jeder Träger, der Auslandsmaßnahmen anbietet, verpflichtet sich, die Rechtsvorschriften (auch des Aufenthaltslandes) einzuhalten und mit den Behörden des jeweiligen Landes sowie den deutschen Vertretungen zusammenzuarbeiten.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 30.08.2019

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