Forschung
Babys können früh gezielt handeln – Augenbewegungen erlauben Einblicke in frühkindliche Entwicklung
Frankfurt - Säuglinge können viel früher gezielt handeln, als dies die Entwicklungspsychologen bisher wussten: Schon im Alter von sechs Monaten ist das Gehirn von Babys weit genug entwickelt, damit diese durch Blickbewegungen zielgerichtete Handlungen durchführen können.
20.02.2012
Mit „Eye-Trackern“ verfolgten die Forscher die Augenbewegungen von Säuglingen, mit denen diese einen Computer steuern konnten. Nach dem gezielten Betrachten eines roten Punktes auf dem Bildschirm wurde ihnen 0,6 Sekunden später ein Ton und ein wechselndes Tierbild präsentiert. Sechs bis acht Monate alte Säuglinge lernten sehr schnell, mit ihrem Blick auf den roten „Knopf“ das Tierbild abzurufen. Und sie bekamen davon nicht genug: Innerhalb einer Minute holten die sechs Monate alten Säuglinge das Bild mit ihrem Blick rund 15 mal. Das ergaben Untersuchungen eines Forscherteams des Bernstein Fokus Neurotechnologie (BFNT) Frankfurt, des Frankfurt Institut for Advanced Studies (FIAS) und der Goethe-Universität Frankfurt.
Die Arbeiten geben neue Einblicke in die frühkindliche Entwicklung des Gehirns. Bisher wurden gezielte Handlungen von Säuglingen durch andere Bewegungen registriert, etwa durch Zeigen oder durch Drücken eines Schalters. Die Feinmotorik der Arme und Beine entwickelt sich aber erst im Alter von acht bis zehn Monaten soweit, dass die Kinder solche Bewegungen können. Daher waren Untersuchungen in früherem Lebensalter nicht möglich.
Das Forscherteam um den Kognitionsforscher Prof. Jochen Triesch (BFNT Frankfurt, FIAS, Goethe-Universität) und die Entwicklungspsychologin Prof. Monika Knopf (Goethe-Universität) nutzte Geräte zur Messung von Blickbewegungen (Eye-Tracker) bei den Säuglingen, da Kinder ihre Augenbewegungen schon mit etwa vier Monaten präzise kontrollieren. In den Experimenten zeigte sich, dass die Kinder diese Möglichkeiten auch gezielt nutzen: Schon nach wenigen Durchgängen blickten die Kinder auf die Stelle des Bildschirms, wo das neue Tierbild erscheinen sollte, noch bevor es tatsächlich da war. Selbst auf einem Bildschirm mit zwei identisch aussehenden roten Knöpfen fanden sie schnell heraus, bei welchem das Tierbild erscheint und schauten gezielt dorthin – den Zusammenhang scheinen sie sogar schneller und präziser erfasst zu haben als eine Kontrollgruppe von erwachsenen Versuchspersonen, die den gleichen Test machten. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt <link http: www.plosone.org article _blank external-link-new-window external link in new>in der Online-Fachzeitschrift "Public Library of Science One" (PLoS One) veröffentlicht.
Das Eye-Tracking ermöglicht den Forschern, zielgerichtete Handlungen von Säuglingen noch vor der Entwicklung von Feinmotorik und Sprache zu untersuchen. „Damit kann die kindliche Entwicklung früher als bisher untersucht werden“, erklärt Triesch und erwartet daraus Perspektiven für weitere Arbeiten zur Gehirnentwicklung: „Unter anderem wollen wir wissen, ob sich diese Methode auch für noch jüngere Säuglinge eignet.“
Quelle: Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience
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