Flucht und Migration

Bundestag beschließt Asylpaket II

Für bestimmte Gruppen von Asylbewerbern gelten künftig beschleunigte Verfahren. Außerdem wird für einen Teil der Flüchtlinge der Familiennachzug ausgesetzt. Mit großer Mehrheit hat der Bundestag heute (25.02.2016) das Asylpaket II beschlossen.

25.02.2016

Der Flüchtlingsstrom müsse dauerhaft und nachhaltig reduziert werden, so Ole Schröder, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. In der abschließenden Beratung am 25. Februar fasste er drei wichtige Maßnahmen des Asylpakets zusammen: "Wir entscheiden schneller bei Anträgen aus sicheren Herkunftsstaaten und bei Antragstellern, die ihre Identität verschleiern. Das ist fair gegenüber der Mehrheit der Antragsteller, die sich dem Verfahren stellen." 

Außerdem würden Abschiebungshindernisse abgebaut. So werde geregelt, dass ärztliche Bescheinigungen unverzüglich nach deren Ausstellung bei der Ausländerbehörde vorgelegt werden müssten. Drittens verwies Schröder auf Einschränkungen beim Familiennachzug.

Insbesondere Letzterer war im <link https: www.jugendhilfeportal.de fokus junge-fluechtlinge artikel deutscher-bundestag-kontroverse-ueber-asylpaket-ii external-link-new-window zur>Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten, zahlreiche Fachverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen hatten sich hierzu geäußert. So hatte der <link https: www.jugendhilfeportal.de recht artikel aussetzung-des-familiennachzugs-zu-unbegleiteten-minderjaehrigen-fluechtlingen-ist-europarechtswidrig external-link-new-window zur>Deutsche Anwaltsverein (DAV) darauf hingewiesen, dass die Aussetzung des Familiennachzugs zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen europarechtswidrig sei. Auch das <link https: www.jugendhilfeportal.de politik familienpolitik artikel fluechtlingskinder-brauchen-rechtssicherheit-beim-familiennachzug external-link-new-window zur>Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) hatte auf das Grundrecht des Schutzes der Familie und auf das Recht jedes Kindes auf regelmäßigen direkten Kontakt mit beiden Eltern gemäß der UN-Kinderrechtekonvention hingewiesen. Die <link https: www.jugendhilfeportal.de fokus junge-fluechtlinge artikel diakonie-einschraenkung-des-familiennachzugs-verhindert-integration external-link-new-window zur>Diakonie Deutschland verwies auf eine integrationspolitische Fehlwirkung.  

Harter und richtiger Schritt eines langen Weges

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte in der ersten Lesung am 19. Januar im Bundestag gesagt, die geplanten Neuregelungen seien "der harte und richtige Schritt eines langen Weges". Die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen in der Bevölkerung hänge auch davon ab, dass Straftäter, Wirtschaftsflüchtlinge und Nicht-Schutzbedürftige in ihre Heimat zurückgeführt würden, so der Bundesinnenminister.

Bundesjustizminister Heiko Maas hatte erklärt, "wer hierher kommt, um den Schutz auszunutzen, um schwere Straftaten zu begehen, für den ist bei uns kein Platz."

Erstaufnahmeeinrichtungen für komplettes Verfahren zuständig

Das Asylpaket II sieht vor, dass die neuen Aufnahmeeinrichtungen für das komplette Asylverfahren zuständig sein sollen. Auch Abschiebungen können direkt aus der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen. 

Das Gesetz bestimmt Gruppen von Asylbewerbern, bei denen das beschleunigte Verfahren durchgeführt werden kann: Dazu gehören Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, Folgeantragsteller sowie Asylbewerber, die beim Asylverfahren nicht mitwirken. Das wird beispielsweise angenommen, wenn sie über ihre Identität täuschen oder die Abnahme der Fingerabdrücke verweigern.

Asylverfahren innerhalb einer Woche 

Die zeitlichen Abläufe werden so weit gestrafft, dass das Asylverfahren innerhalb einer Woche durchgeführt werden kann. Falls Flüchtlinge gegen eine Ablehnung ihres Asylantrages Rechtsmittel einlegen wollen, soll dieses juristische Verfahren innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein. 

Für die Dauer des beschleunigten Verfahrens muss der Asylbewerber in der Aufnahmeeinrichtung wohnen. Die Person erhält nur dann Leistungen, wenn die Aufnahme in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung erfolgt ist und die verschärfte Residenzpflicht eingehalten wird.

Kein Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz 

Um die Flüchtlingsströme besser zu bewältigen, wird der Familiennachzug für Antragsteller mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt. Diese Regelung gilt für alle Personen mit subsidiärem Schutz, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erteilt wird.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei der Vorstellung des Kompromisses betont: "Nach Ablauf dieser Zeit tritt dann die ab 1. August 2015 geltende Rechtslage wieder ein. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir innerhalb von künftig zu vereinbarenden Kontingenten der Türkei, des Libanons oder Jordaniens vorrangig den Familiennachzug fördern oder berücksichtigen wollen."

Subsidiären Schutz erhalten Menschen, in deren Situation weder Schutz durch Asyl noch durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gewährt werden kann, welche aber aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden sollen. Die Schutzberechtigten nach Asylgesetz Paragraph 4 Absatz 1 erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des Paragraphen 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative des Aufenthaltsgesetzes.

Absenkung der Leistungen

Die monatlichen Geldbeträge für den persönlichen Bedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden angepasst. Dabei werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Sicherung des Existenzminimums beachtet. Für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten bedeutet dies eine Absenkung der monatlichen Leistung um zehn Euro.

Abbau von Abschiebungshindernissen

Oft legen abgelehnte Asylbewerber ärztliche Atteste vor, um ihre Abschiebung zu verhindern. Um einem Missbrauch von Attesten entgegenzuwirken, schreibt das Gesetz Anforderungen dafür fest. Eine Abschiebung kann auch dann durchgeführt werden, wenn die medizinische Versorgung im Zielstaat nicht gleichwertig mit der Versorgung in Deutschland ist. 

Außerdem werden nur noch lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, berücksichtigt. Die Erkrankung muss künftig durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht werden.

Neue Organisation für Passersatzbeschaffung 

Häufig kann eine Person nicht abgeschoben werden, weil sie keine Papiere hat. Für die Passersatzbeschaffung wird eine neue Organisation geschaffen. Dadurch kann die Bundespolizei die Länder bei der Abschiebung effektiver unterstützen.

Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis für Tätige in Flüchtlingsunterkünften

Minderjährige, die in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, werden besser geschützt. Personen, die in diesen Einrichtungen tätig sind, müssen zukünftig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.

Sichere Herkunftsstaaten: Algerien, Marokko und Tunesien 

Zudem werden weitere Länder als sichere Herkunftsstaaten bestimmt. Algerien, Marokko und Tunesien werden als sichere Herkunftsstaaten im Sinne des Asylgesetzes Paragraph 29a eingestuft. Das Ziel ist, die Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller zu bearbeiten und dadurch die Aufenthaltsdauer in Deutschland für die Asylantragsteller deutlich zu verkürzen.

Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse die gesetzliche Vermutung besteht, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet.

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vom 25.02.2015

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