Flucht und Migration

AWO: "Deutschland muss alle Kinder schützen - kein Kind gehört in Abschiebehaft"

Das zuständige Jugendamt sollte umgehend unterrichtet werden, wenn ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in einem Clearinghaus aufgenommen wird. Die Einrichtung von Vormundschaften muss möglichst zeitnah erfolgen.

10.03.2010

Wochenlang hatte Davi M. in der Abschiebehaftanstalt Hamburg die Nahrung verweigert - dann erhängte sich der 17jährige alleinstehende Flüchling am Sonntag im Zentralkrankenhaus der Untersuchungshaftanstalt.

Angesichts dieses traurigen Ereignisses fordert die AWO erneut, dass in Deutschland endlich keine Kinder und Jugendlichen mehr in Abschiebehaft gesteckt werden.

"Kinder, die allein nach Deutschland geflohen sind, brauchen sofortigen Schutz und kindgerechte Unterstützung", betont Katharina Vogt, Referentin für Flüchtlingssozialarbeit des AWO Bundesverbandes. Die Politik müsse endlich handeln und die Forderungen "Flüchtlingskinder in Deutschland - Politischer und gesellchaftlicher Handlungsbedarf" umsetzen, die von mehreren Verbänden zum 20. Jubiläum der UN Kinderrechtskonvention herausgegeben wurden. 

Demnach gewährt das Sozialgesetzbuch (§ 42 SGB VIII) allein geflüchteten Kindern den besonderen Schutz der Jugendhilfe durch die Inobhutnahme. Es muss daher sichergestellt sein, dass in allen Bundesländern Clearinghäuser zur Verfügung stehen, in denen ein qualifiziertes Clearingverfahren stattfinden kann. Dort stehen die Sicherung der Grundbedürfnisse und die Förderung des Kindes oder Jugendlichen im Mittelpunkt.

Doch in der Praxis führt die Verfahrensfähigkeit für Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr dazu, dass häufig ohne jede Beratung und noch bevor ein Vormund bestellt wurde, ein Asylverfahren eingeleitet wird. "Tatsächlich werden Traumatisierungen, ausgelöst durch Ereignisse im Heimatland oder auf der Flucht, in diesem frühen Stadium selten erkannt und werden daher oft nicht in der Asylentscheidung beachtet", kritisiert der AWO Bundesverband. Die asyl- und ausländerrechtliche Verfahrensfähigkeit ab dem 16. Geburtstag sollte deshalb abgeschafft werden.

"Aus humanitären und kinderrechtsspezifischen Gründen sollten Minderjährige grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen werden, zumal sie nur selten für die Umstände, die zur Haft führen, verantwortlich sind", fordert der AWO Bundesverband.

Fachkreise schätzen, dass 3.000 bis 6.000 Kinder ohne Eltern als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland leben. Diese Kinder leben hier, weil in ihren Ländern Diktaturen, Bürgerkrieg und Terror herrschen oder sie aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden; andere Kinder sind Opfer von Kinderhandel oder Zwangsprostitution geworden oder haben in ihrer Heimat keine Überlebensperspektive. 

Herausgeber: Arbeiterwohlfahrt - Bundesverband e.V.

 

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