Flucht und Migration
Unbegleitete Minderjährige in Griechenland: UNICEF fordert Familienzusammenführung und Umverteilung
Mehr als 1.100 unbegleitete und von ihren Familien getrennte geflüchtete und migrierte Kinder halten sich laut Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen zur Zeit in unsicheren und überfüllten Einrichtungen auf. UNICEF fordert die europäischen Mitgliedsstaaten dazu auf, Maßnahmen zur Familienzusammenführung und Umverteilung voranzutreiben. Hintergrund ist ein gewaltsamer Zwischenfall am vergangenen Wochenende im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos, bei dem ein Kind ums Leben kam und zwei weitere verletzt wurden.
29.08.2019
Die 1.100 unbegleiteten geflüchteten und migrierten Kinder befinden sich nach Angaben von UNICEF dereit in überfüllten Aufnahme- und Registrierungszentren auf den griechischen Inseln oder in Gefängnissen im ganzen Land, in denen ihr Schutz nicht sichergestellt ist. Dies markiere einen neuen Höchststand seit Anfang 2016.
„Diese jüngste Tragödie erinnert uns schmerzlich daran, dass die Situation in den Aufnahmezentren in Griechenland an einem kritischen Punkt ist“, so Afshan Khan, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien und Sonderkoordinatorin für Flucht und Migration in Europa. „Wir rufen die griechischen Behörden auf, Kinder auf das Festland zu überführen und sie dort angemessen unterzubringen. Griechenland darf dabei aber nicht allein gelassen werden. Die europäischen Regierungen müssen sich dazu verpflichten, unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder und Jugendliche umzusiedeln und den Prozess der Familienzusammenführung zu beschleunigen.“
Überfüllung und Überlastung im Aufnahmezentrum in Moria
Das Aufnahmezentrum in Moria ist ursprünglich dafür ausgerichtet 3.000 Menschen unterzubringen. Derzeit leben hier aber mehr als 8.700 Menschen, darunter 3.000 Kinder. In der sogenannten Sektion B des Lagers sind aktuell mehr als 520 unbegleitete Minderjährige untergebracht, obwohl dieser Bereich nur für 160 Kinder und Jugendliche ausgelegt ist.
Die Träume und die Verzweiflung von Jungen, die sich in „Sektion B“ aufhalten, dokumentiert ein Kurzfilm, den UNICEF heute veröffentlicht hat. In dem Film berichtet beispielsweise der 16-jährige Morteza (Name geändert) aus Afghanistan: „Wegen der Unsicherheit hatte ich keine Möglichkeit zur Schule zu gehen. Deshalb musste ich, meine Heimat verlassen.“ Bei anderen Jungen in „Sektion B“ beobachtet er: „Ich denke, sie verlieren Tag für Tag ihren Verstand. Deshalb verletzten sie sich manchmal selbst. Ich möchte nicht so werden."
<iframe allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen="" frameborder="0" height="315" src="https://www.youtube-nocookie.com/embed/LCYXoSO8jGg" width="560"></iframe>
Der Film zeigt auch die Erschöpfung und Überforderung von Helfern, die sich für die Fürsorge und den Schutz der Kinder einsetzen. Die Überlastung in der gesamten Unterkunft führt dazu, dass Kinder weiterhin der Gefahr von Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind und nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung haben. Häufig müssen die Kinder länger in Sektion B bleiben als die gesetzlich vorgeschriebenen 25 Tage, da angemessene Unterkünfte auf dem griechischen Festland belegt sind.
Maßnahmen zum Schutz von geflüchteten und migrierten Kindern
Neben der Umverteilung von unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kindern, insbesondere aus Griechenland, Italien und Spanien, und der schnellen Familienzusammenführung, ruft UNICEF die europäischen Regierungen und die EU dazu auf, die Mittel zur Unterstützung und Stärkung der europäischen Länder, die die meisten Geflüchteten und Migranten aufnehmen, aufzustocken.
Die europäischen Regierungen müssen gemeinsam handeln, um sicherzustellen, dass alle geflüchteten oder migrierten Kinder sicher und angemessen untergebracht werden. Auf allen Etappen ihres Weges und im Ankunftsland muss der Schutz der Kinder und ihre Unterstützung sichergestellt werden. Hierzu sind auch sichere und legale Einreisemöglichkeiten notwendig.
Hintergrund
Derzeit leben in ganz Griechenland mehr als 32.000 geflüchtete und migrierte Kinder, darunter insgesamt mehr als 4.000 unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder. UNICEF hat in den vergangenen drei Jahren in Griechenland rund 60.000 geflüchtete und migrierte Kinder und ihre Familien unterstützt. Dazu gehört es, sicherzustellen, dass diese Mädchen und Jungen Zugang zu Kinderschutzmaßnahmen, psychosozialer Unterstützung, Gesundheitsversorgung und Bildung erhalten. UNICEF beschafft gemeinsam mit dem griechischen Gesundheitsministerium 85.000 Dosen Impfstoff, um geflüchtete und migrierte Kinder vor Krankheiten zu schützen.
Weitere Informationen zur Situation von Flüchtlingskindern in Griechenland stehen in dem UNICEF-Blog „Warten auf die Zukunft" zur Verfügung.
Quelle: Deutsches Komitee für UNICEF e.V. vom 29.08.2019
Termine zum Thema
-
15.05.2024
17. Kinder- und Jugendschutzkonferenz des Landes M-V! „Alle Kinder und Jugendlichen im Blick?!“
-
16.05.2024
6. Jahreskonferenz – Spannungsfelder und gelingende Praxis in der Arbeit mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen
-
25.05.2024
Europafest – Bremer Jugendring
-
04.06.2024
Mehr Sicherheit in Elterngesprächen
-
10.06.2024
Klimaschutz ist Kinderschutz. Herausforderungen und Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe in der Klimakrise
Materialien zum Thema
-
Broschüre
Kinder- und Jugendhilfe in der Krise Zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
-
Stellungnahme / Diskussionspapier
Forderungen zur Europawahl 2024
-
Broschüre
Mitsprechen, mitbestimmen, mitgestalten – Praxiswissen zu Beteiligung in der Heimerziehung (SOS kompakt, Ausgabe 8)
-
Artikel / Aufsatz
Verdacht auf innerfamiliären sexuellen Missbrauch: Herausforderungen und wie der ASD trotz und mit ihnen gut umgehen kann
-
Expertise / Gutachten
Rechtsgutachten des DIJuF: "Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe"
Projekte zum Thema
-
Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt
-
Museum für Islamische Kunst / Staatliche Museen zu Berlin
Bildungsprojekt „Gemeinsame Verantwortung – Gemeinsame Zukunft“
-
Therapeutisches Internat Sternstunden-Mattisburg am Chiemsee
-
Freie Universität Berlin
Challenge History – Remember Hellas
-
Unser Europa, unsere Zukunft!
Institutionen zum Thema
-
Sonstige
Netzwerk Kinder von Inhaftierten
-
Hochschule
Hochschule Kempten und KooperationspartnerInnen
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Bunte Feuer GmbH
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
faX Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend für Stadt und Landkreis Kassel
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Wellenbrecher e.V.