Gesundheit
Impfungen: EU soll im Kampf gegen vermeidbare Krankheiten besser zusammenarbeiten
In den vergangenen Jahren haben sich die Masernfälle in der EU mehr als verdreifacht – über 50 Menschen sind an Masern gestorben. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission konkrete Empfehlungen zur Stärkung der EU-weiten Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten vorgelegt. Dabei geht es u.a. um das Vorgehen gegen Impfskepsis sowie nachhaltige Impfstrategien.
02.05.2018
Die EU-Kommission hat am 26. April eine Reihe von Empfehlungen zur Stärkung der EU-weiten Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten vorgelegt. „Als Arzt bin ich sehr bestürzt darüber, dass Kinder sterben, weil das Impfangebot schlecht angenommen wird, weil Impfskepsis herrscht oder weil es an Impfstoffen fehlt“, sagte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. Von 2016 auf 2017 haben sich die Masernfälle in der EU mehr als verdreifacht; 2017 gab es 14.000 Fälle. In den letzten beiden Jahren sind über 50 Personen an Masern und zwei an Diphterie gestorben.
Impfraten erhöhen – Impfskepsis begegnen
Ausgangspunkt für die Empfehlungen der Kommission war der Appell von Präsident Juncker, der in seiner Rede zur Lage der Union 2017 zum Handeln aufgefordert hatte, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen und sicherzustellen, dass alle Menschen in der EU Zugang zu Impfungen haben. Die Initiative umfasst auch eine Empfehlung, um gemeinsam gegen eine wachsende Impfskepsis in der Bevölkerung vorzugehen. In Deutschland zum Beispiel geben 10 Prozent der Bevölkerung an, Impfstoffe nicht für sicher zu halten. Empfohlene Impfraten wurden in den vergangenen Jahren nicht erreicht.
Zusammenarbeit in der EU stärken
„Impfungen sind eine der wirksamsten und kostengünstigsten Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die im 20. Jahrhundert entwickelt wurden“, sagte Andriukaitis. „Infektionskrankheiten machen nicht an den Landesgrenzen halt. Wenn die Menschen in einem Mitgliedstaat nicht gut geschützt sind, bedeutet dies eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger in der EU. Es liegt in unser aller Interesse, dass wir in diesem Bereich zusammenarbeiten. Schützen wir unsere Kinder – lassen wir sie impfen!“
Unzureichende Durchimpfungsraten fordern Todesopfer
Durch Impfungen können jedes Jahr weltweit zwischen 1 und 3 Millionen Leben gerettet werden. Im kommenden Jahrzehnt werden es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation weitere 25 Millionen sein. Dennoch haben laut dem Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mehrere EU-Länder mit beispiellosen Masern-Ausbrüchen zu kämpfen; zudem treten aufgrund unzureichender Durchimpfungsraten auch andere durch Impfung vermeidbare Krankheiten wieder auf und fordern in der EU immer noch Todesopfer bei Kindern und Erwachsenen.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Der Vorschlag der Kommission umfasst drei Handlungsschwerpunkte:
- Bekämpfung der Impfskepsis und Erhöhung der Durchimpfungsraten,
- nachhaltige Impfstrategien in der EU und
- EU-weite Koordinierung sowie Beitrag der EU zur globalen Gesundheit.
In dem Vorschlag werden die Kommission und die Mitgliedstaaten zu 20 Maßnahmen aufgerufen, darunter
- Aufstellung und Umsetzung nationaler und/oder regionaler Impfpläne bis zum Jahr 2020; hierzu gehört auch das Erzielen einer Durchimpfungsrate von mindestens 95 Prozent für Masern;
- Einführung routinemäßiger Überprüfungen des Impfstatus und regelmäßiger Impfangebote in den verschiedenen Lebensaltern, etwa in der Schule oder am Arbeitsplatz;
- Erarbeitung von Optionen für einen einheitlichen Impfpass, der einen grenzübergreifenden elektronischen Austausch ermöglicht;
- Einrichtung eines europäischen Informationsportals zum Thema Impfungen bis 2019, auf dem die aktuellsten Erkenntnisse über Nutzen und Sicherheit von Impfstoffen objektiv und transparent dargelegt werden;
- Einrichtung eines EU-weiten Data-Warehouse (virtuelles Register) mit Daten zu Impfstoffbeständen und -bedarf zwecks Senkung des Risikos von Versorgungsengpässen; das Register soll den freiwilligen Austausch über die verfügbaren Bestände sowie Engpässe bei den wichtigsten Impfstoffen ermöglichen;
- adäquate Schulung aller im Gesundheitsbereich Beschäftigten, damit sie fachkundig Impfungen verabreichen und kompetent mit Impfskepsis umgehen können;
- Bildung einer Impfkoalition aus den europäischen Verbänden der Angehörigen der Gesundheitsberufe und den entsprechenden Studierendenvereinigungen, die die Öffentlichkeit korrekt informiert, irrige Annahmen widerlegt und bewährte Verfahren austauscht;
- Einrichtung eines europäischen Informationsaustausch-Systems, mit dem Daten erfasst und mit dessen Hilfe bis 2020 Leitlinien für einen von den EU-Mitgliedstaaten vereinbarten EU-weit einheitlichen Kern-Impfkalender mit Angabe von Dosis und Lebensalter aufgestellt werden sollen;
- Stärkung der einschlägigen Partnerschaften und Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
Nächste Schritte
Der Kommissionsvorschlag wird vom Rat erörtert. Ziel ist die Verabschiedung bis Ende 2018 und dann das Inkrafttreten mit sofortiger Wirkung. Ab diesem Zeitpunkt wird die Kommission dann alle drei Jahre über die Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlung Bericht erstatten. Darüber hinaus wird die Kommission im Rahmen des Zyklus Gesundheitszustand in der EU einen Bericht zum Thema Vertrauen in Impfstoffe in der EU vorlegen, in dem die Einstellungen zur Impfung dokumentiert werden.
Hintergrund
Die Empfehlungen der Kommission zu durch Impfung vermeidbaren Krankheiten stützen sich auf mehrere laufende Maßnahmen und Projekte, der EU in diesem Bereich. Dazu gehören die Empfehlung des Rates zur Impfung gegen die saisonale Grippe von 2009, die Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung, die mit dem Beschluss zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren (Nr. 1082/2013/EU) getroffen wurde, sowie eine Gemeinsame Aktion zugunsten von Impfungen, die über das Programm „Gesundheit“ (2014-2020) gefördert wird, in den kommenden Monaten anläuft und mit der schwerpunktmäßig die Impfskepsis bekämpft werden soll.
Weitere Informationen zum Thema findet sich in einer Übersicht mit Fragen und Antworten sowie einem Faktenblatt für Deutschland (340 KB) auf der Internetseite der Europäischen Kommission.
Quelle: Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland vom 26.04.2018
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