Kinder- und Jugendarbeit

Europa eine Chance geben – nicht nur in Wahlzeiten

In knapp 100 Tagen sind Europawahlen. Im Gespräch mit bap‐Medien erläutert Hanns Christhard Eichhorst, der stellvertretende Vorsitzende des Bundesausschuss Politische Bildung (bap), die Rolle der politischen Bildung für die Zukunft Europas.

21.02.2019

Bap-Medien: Als Leiter der Europäischen Akademie Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der Gesellschaft der Europäischen Akademien in Deutschland verfolgen Sie mit hohem Interesse die politischen Entwicklungen in Europa. Zunächst aber eine Frage an Sie als stellvertretender Vorsitzender des Bundesausschuss Politische Bildung (bap): Wie engagieren sich der bap und seine Mitglieder für Europa?

Hanns Christhard Eichhorst: Europa ist im bap Bestandteil der Arbeit von guter politischer Jugend- und Erwachsenenbildung wie viele andere Themenfelder auch. Wir haben zwar keine eigene Arbeitsgruppe für dieses Arbeitsfeld, wer aber die Bildungsangebote unserer Träger durchsieht, wird eine ganze Fülle von Veranstaltungen und Aktivitäten finden. Damit wird den Menschen nicht nur Europa nähergebracht, wie bei Parlamentsbesuchen in Brüssel und Straßburg, sondern auch über zentrale europäische Herausforderungen wie Flüchtlingspolitik, Finanzunion oder die Soziale Säule informiert und diskutiert. Trotzdem muss man feststellen, dass Europa als Thema der politischen Bildung in Deutschland noch nicht ausreichend vorkommt.

Sonst hätten wir andere Zahlen bei der Wahlbeteiligung. Europa ist nur für wenige Akteure der politischen Bildung – z.B. die Europäischen Akademien – Schwerpunktthema. Meist findet es sich sonst als Querschnittsthema. In diesem Jahr gibt es von den staatlichen Zuwendungsgebern Geldmittel, die im Vorfeld der Parlamentswahlen für Projekte, die sich mit grundsätzlichen oder aktuellen europäischen Fragen beschäftigen, bereitgestellt wurden. Die Trägerlandschaft ist gefordert, diese Gelder zu nutzen und in unterschiedlichsten Veranstaltungsformen Europa zu thematisieren, nicht indoktrinär, sondern informativ und, wenn es gut läuft, begeisternd.

In weniger als 100 Tagen sind Europawahlen.  Die Wahlbeteiligung war bei den vergangenen Urnengängen nicht sehr hoch. Ist Europa für die Menschen wirklich wichtig?

Europa ist absolut wichtig. Die europäische Gesetzgebung wirkt an allen Stellen auf unser Zusammenleben ein. Dies muss generell und besonders in Wahlkampfzeiten vermittelt werden. Die Menschen müssen verinnerlichen, dass in Brüssel entscheidend über sie mitbestimmt wird und es wichtig ist, dafür bei den Parlaments-Wahlen durch die eigene Stimme die richtige Basis zu schaffen.

Hier liegt im Vorfeld der Wahlen zum Parlament eine ganz große Aufgabe, insbesondere für diejenigen, die für das Parlament kandidieren, aber auch für die Politik insgesamt. Politische Bildung kann und wird hier unterstützend wirken.

Vor allem junge Menschen sind Befürworter der Europäischen Idee. Wie kann es gelingen, sie im Mai zur Wahlurne zu bewegen?

Junge Menschen wollen etwas erleben, in diesem Fall würde das heißen, Europa erleben. Erleben, damit ist nicht der Streit über Europa gemeint, über den täglich in den Nachrichten berichtet wird. Erleben bezieht sich z.B. auf das Europaviertel in Brüssel und die Menschen, die dort arbeiten. Meine eigene Akademie ist überzeugt, dass ein mehrtägiger Aufenthalt in den Gefilden der Europäischen Union mit Gesprächen und Diskussionen mit Politiker/-innen und sonstigen Personen, die im europäischen Apparat arbeiten, sehr zur Transparenz europäischer Politik beitragen und sehr nachhaltig wirken kann.

Und wir dürfen nicht vergessen, dass es gute Möglichkeiten gibt, Europa auch zu Hause und bei Freunden zu begegnen. Ich denke da vor allem an den internationalen Jugendaustausch. Der findet von Deutschland aus mit vielen anderen EU-Ländern wie Frankreich, Polen und Tschechien statt und wird auch mit staatlichen Mitteln gefördert. Nennen möchte ich auch das seit Jahren bewährte Programm Erasmus+, das nicht nur für Studenten gedacht ist, sondern europaweit beruflichen Austausch und Jugendaustauch ermöglicht. Auch das vor Kurzem auf den Weg gebrachte Europäische Solidaritätskorps kann wichtige Impulse für Europa bringen. Es schafft Möglichkeiten für junge Menschen, an Freiwilligen-Projekten oder Beschäftigungsprojekten in ihrem eigenen Land oder im Ausland teilzunehmen, die Gemeinschaften und Menschen in ganz Europa zugutekommen.

Das Interview mit Hanns Christhard Eichhorst (PDF, 180 KB) wurde von bap-Medien geführt und steht auch dort zur Verfügung.

Hintergrundinformationen:

Zur Person: Hanns Christhard Eichhorst ist stellvertretender Vorsitzender des Bundesausschuss Politische Bildung (bap) e.V., Vorsitzender der Gesellschaft der Europäischen Akademien (GEA) und Direktor der Europäischen Akademie Nordrein-Westfalen.

Der Bundesauschuss Politische Bildung (bap) e.V. ist ein Zusammenschluss der bundesweiten Verbände der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Gemeinsames Ziel der im Bundesausschuss versammelten Organisationen ist, sich für eine Stärkung und Weiterentwicklung politischer Jugend– und Erwachsenenbildung zu engagieren und die Interessen dieses Arbeitsbereichs gegenüber Politik, Behörden und der Gesellschaft zu vertreten. Weitere Informationen: www.bap-politischebildung.de

Quelle: Bundesausschuss Politische Bildung (bap) e.V. 

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