Digitalisierung und Medien

Neue Studie: Ein Fünftel aller Arbeitnehmer digital gestresst

Jeder fünfte Arbeitnehmer empfindet starken digitalen Stress durch seinen Beruf. Die Folgen: Digital Gestresste denken öfter daran, die Arbeitsstelle oder den Beruf zu wechseln, zeigen eine schlechtere Leistung und sind unzufriedener mit ihrer Arbeitsstelle. Das geht aus einer Studie hervor, die unter Beteiligung Bayreuther Wissenschaftler entstanden ist.

02.09.2019

5.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben die Forscher der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, des Betriebswirtschaftlichen Forschungszentrums für Fragen der mittelständischen Wirtschaft (BF/M-Bayreuth) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für die Studie „Gesund digital arbeiten?!“ befragt.

Wie hoch ist der digitale Stress in Deutschland?

Das wollten die Wissenschaftler für das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt „Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien“ (PräDiTec) erfragen. Sie haben dabei zwölf verschiedene Belastungsfaktoren identifiziert: Dazu gehören beispielsweise der gefühlte Zwang zur Omnipräsenz, das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit und eine erwartete kürzere Reaktionszeit durch das Auflösen der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben. Bemerkenswert ist nicht nur, dass jeder dritte Befragte mindestens einem der Belastungsfaktoren stark bis sehr stark ausgesetzt ist, sondern auch, dass fast jeder Fünfte aufgrund eines Belastungsfaktors sehr starken digitalen Stress wahrnimmt. Als stressig werden auch Unterbrechungen und Ablenkung durch digitale Medien empfunden. Außerdem fühlen sich viele Menschen mittlerweile als „gläserne Person“, weil sie ihre Privatsphäre durch die berufliche Nutzung digitaler Technologien und Medien in Gefahr sehen.

Stressempfinden geht mit der Nutzungsintensivität genutzter Technologien einher

Doch nicht jeder Arbeitsplatz, der mit digitalen Technologien ausgestattet ist, verursacht digitalen Stress im gleichen Maß. Die Kombination aus der Anzahl genutzter digitaler Technologien und Medien sowie die Nutzungsintensität hat Einfluss auf die Belastung. So ist diese bei einer hohen Anzahl an verschiedenen Technologien, die nur wenig genutzt werden, am höchsten, da die Fähigkeiten und Kenntnisse zur Nutzung der Technologien bei geringer Nutzung schwieriger zu erhalten sind und die Verunsicherung größer wird.

Erschöpfung, Gereiztheit sowie psychischen Beeinträchtigungen bis hin zu Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems gehen mit digitalem Stress einher. Unzufriedenheit mit der Arbeitsstelle und eine schlechtere Leistung sind ebenso mögliche Folgen von digitalen Stresses.

Gesundheitliche und arbeitsbeeinträchtige Auswirkungen

„Das bleibt nicht ohne Folgen auch für den Arbeitgeber“, warnt Prof. Dr. Torsten Kühlmann, Inhaber des Lehrstuhls für Personalwesen und Führungslehre an der Universität Bayreuth und Präsident des Betriebswirtschaftlichen Forschungszentrums für Fragen der mittelständischen Wirtschaft (BF/M-Bayreuth): „Erwerbstätige mit starkem digitalem Stress berichten häufiger, dass sie Probleme haben, von der Arbeit abzuschalten. Sie denken öfter daran, die Arbeitsstelle oder den Beruf zu wechseln und zeigen eine schlechtere Leistung. Sie sind außerdem unzufriedener mit ihrer Arbeitsstelle.“ Die Forscher stellen fest: Digitaler Stress geht meist mit sozialen Konflikten am Arbeitsplatz, einer hohen emotionalen Anforderung sowie einer hohen Arbeitsquantität einher. „Interessanterweise sind vor allem auch Erwerbstätige in innovativen Unternehmen, welche sich durch Kreativität und Risikobereitschaft auszeichnen, von stärkerem digitalem Stress betroffen“, sagt Kühlmann.

„Die schnell voranschreitende Durchdringung des Arbeitslebens mit digitalen Technologien und Medien bringt viele Chancen, aber auch substanzielle Risiken und Nachteile mit sich“, fasst Prof. Dr. Nils Urbach, Professor für Wirtschaftsinformatik und Strategisches IT-Management und Mitglied der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, zusammen. Doch organisationale und soziale Faktoren können digitalem Stress am Arbeitsplatz entgegenwirken. Dazu gehören beispielsweise ein erweiterter Handlungsspielraum hinsichtlich arbeitsrelevanter Entscheidungen sowie eine gute Beziehung zu dem Vorgesetztem.

Livestream mit Podiumsdiskussion

Am 04. September 2019 können Interessierte ab 16:00 Uhr per Livestream an der Vorstellung des Studienberichts und einer regen Podiumsdiskussion über die Kernergebnisse mit Vertretern aus der Praxis und der Wissenschaft teilnehmen. Mit dabei sind unter anderem Frau Dr. Patricia Tegtmeier von der Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und Herr Guido Fuhrmann, Personalleiter Deutschland bei der Deutschen Bank. Eine formlose Anmeldung zum Stream oder das Teilnahmeinteresse an der Ergebnisveröffentlichung können gerne an praeditec@ias-gruppe.de gerichtet werden.

Quelle: Universität Bayreuth und Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT

Redaktion: Kerstin Boller

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