Sachsen

Zwischenruf zur Fachkräfte- und Nachwuchssicherung

Die AGJF Sachsen e.V. (AGJF) und Kinder- und Jugendring Sachsen e. V. (KJRS) konstatieren einen aktuellen Fachkräftemangel sowie mehrheitlich Schwierigkeiten, freie Stellen adäquat und zeitnah zu besetzen. Auch für die nächsten Jahre wird die Situation als angespannt eingeschätzt. Aus Sicht der befragten Träger wird es auch zukünftig einen erhöhten Fachkräftebedarf in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe geben.

23.08.2023

Die Landesverbände Kinder- und Jugendring Sachsen und AGJF Sachsen haben sich in der Vergangenheit bereits zum Thema Fachkräftesicherung und Qualitätssicherung in der Jugend- und Jugendverbandsarbeit positioniert. Diese Positionierungen betreffen unterschiedliche Kontexte, dennoch wurden entsprechende Erfordernisse und Handlungsnotwendigkeiten zur Fachkräfte- und Nachwuchssicherung benannt. Dazu zählen u.a. das unbedingte Festhalten am Qualitätsstandard Fachkräftegebot und dessen Weiterentwicklung als Qualität und Rahmen von Professionalität entlang aktueller Herausforderungen sowie die situationsrelevante Ergänzung des Fachkräftegebotes unter Beachtung von notwendigem Spezialwissen und Sonderleistungskönnen.

Lösungsstrategien für die Fachkräftesicherung

Im Rahmen des Kooperationsprojektes mit dem Landesjugendamt „Fachkräfte- und Nachwuchssicherung in den Handlungsfeldern der Jugend- und Jugendverbandsarbeit“ arbeiten die beiden Träger aktuell an adäquaten Lösungen. Dazu gehören u.a. Qualifizierungsangebote für Fachkräfte, die neu einsteigen in die Handlungsfelder in der Jugendarbeit, und eine Kampagne, die junge Menschen in der Berufsorientierungsphase für ein Studium der Sozialen Arbeit und die Tätigkeiten in den Arbeitsfeldern nach §§11-12 SGB VIII aufschließen soll. Mit dem evaluierten Curriculum „BERUFung Jugendarbeit“ bieten die beiden Organisationen seit 2022 eine erprobte zehntägige Modulreihe zur Arbeitsfeldqualifizierung6 an. Diese greift einerseits die Erkenntnis 
der Absolvent*innenbefragung auf, dass „die Gestaltung des Berufseinstieges, die Einarbeitung und das Ankommen in der Praxis“ bedeutsam sind für die Abfederung des „so genannten Praxisschocks“.

Zugänge erweitern und Einrichtung anerkannter Praxisstellen 

Andererseits trägt sie dem Umstand Rechnung, dass in nur wenigen Studiengängen im generalistischen Studium Soziale Arbeit Jugendarbeit/ Jugendsozialarbeit in der Lehre vertiefend einbezogen wird. Aus Sicht der beiden Organisationen müssen die Zugänge zu den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit erweitert werden. Dazu gehören die Ermöglichung von freiwilligen Praktika, Einsatzstellen für Freiwilligendienste sowie die Zugänglichkeit zum dualen Studium Soziale Arbeit durch die Einrichtung von anerkannten Praxisstellen, die die erforderliche Ausbildungsvergütung vorhalten. Zuletzt wurden in der Stadt Dresden die Weichen gestellt, dass diese Ausbildungsvergütung förderfähig ist. Ebenso halten der Erzgebirgskreis und die Stadt Chemnitz bereits derartige Förderoptionen für Studierende und Träger bereit. Neben engagierten Trägern und Fachkräften vor Ort sind entsprechende Rahmungen wie u.a. die Bereitstellung zeitlicher, personeller und   für die erforderlichen Mentoring-Aufgaben sowie für Fort- und Weiterbildungsangebote notwendig.

Das Fachkräftegebot nach §72 SGB VIII ist ein zentraler Garant zur Einhaltung der Qualitätsstandards und zur Leistungsfähigkeit der Angebote in der Jugendhilfe dar. Träger der freien Jugendhilfe, die einen „nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind" sollen nach §75 SGBVIII die fachlichen und personellen Voraussetzungen dafür erfüllen. Entsprechend gilt das Fachkräftegebot nach §72 SGB VIII auch für freie Träger, selbst wenn sich die gesetzliche Verpflichtung zunächst direkt an den öffentlichen Träger richtet: "Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen bei den Jugendämtern und Landesjugendämtern hauptberuflich nur Personen beschäftigen, die sich für die jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen und eine dieser Aufgabe entsprechende Ausbildung erhalten haben (Fachkräfte) oder aufgrund besonderer Erfahrungen in der sozialen Arbeit in der Lage sind, die Aufgabe zu erfüllen. Soweit die jeweilige Aufgabe dies erfordert, sind mit ihrer Wahrnehmung nur Fachkräfte oder Fachkräfte mit entsprechender Zusatzausbildung zu betrauen." (§72 SGB VIII)

 Qualitätssicherung - ein wesentlicher Schlüssel zur Fachkräftegewinnung

Im Rahmen der Veranstaltung konnte das aktuelle Pilotprojekt in Sachsen und die Erfahrungen aus dem Vorhaben „BERUFung Jugendarbeit“ vorgestellt werden. Deutlich wurde dabei auch, dass eine Absenkung von Fachstandards kein probates Mittel gegen den Fachkräftemangel sein kann, sondern lediglich die Qualitätssicherung und -entwicklung nachhaltig behindern würde. In diesem Sinne ist auch der Auftrag des LJHA im Zusammenhang mit der Absolvent*innenbefragung zu verstehen. Danach soll geprüft werden, „in welcher Form die fachlich notwendigen sozialpädagogischen Standards erhalten bleiben können, aber gleichzeitig die Strukturqualität dieses Handlungsfeldes durch adäquate Qualifizierungsangebote gestärkt und durch andere Professionen ergänzt werden kann.“

Daraus ergeben sich nachfolgend für die AGJF und den KJRS aufgeführte Ableitungen: 

  • unbedingtes Festhalten am Fachkräftegebot nach §72 SGB VIII und an den entwickelten Qualitätsstandards für die Leistungsbereiche nach §§11/12 SGB VIII

  • Vorhalten verstetigter Angebote der Arbeitsfeldqualifizierung von Neueinsteiger*innen mit sozialpädagogischem/ sozialwissenschaftlichem Hochschulabschluss

  • Entwicklung einer Qualifizierung für das Arbeitsfeld §11 SGB VIII für Neueinsteiger*innen mit sozial-/pädagogischem oder vergleichbarem Fachschulabschluss

  • ergänzende Fachkräftegewinnung durch Anerkennung von vergleichbaren Hochschul-/Fachschulabschlüssen (auch aus dem Ausland)

  • Prüfung einer angemessenen Öffnung für ausgewählte geisteswissenschaftliche Professionen für den Quereinstieg einschließlich Entwicklung entsprechend adäquater Qualifizierungsangebote „on the Job“

  • Herstellen der Förderfähigkeit und Bereitstellung von Ressourcen für bezahlte Praktika, Freiwilligendienste und Praxisstellen für das duale Studium im Freistaat Sachsen zur Nachwuchssicherung

  • Erhöhung der Attraktivität des Arbeitsfelds durch gesicherte Rahmenbedingungen in allen Gebietskörperschaften in Sachsen

  • Erhöhung der Attraktivität und berufliche Perspektiven durch die Absicherung der Tarifbindung

  • Vorhalten von adäquaten und angemessen finanzierten Maßnahmen der Mitarbeiter- und Multiplikator*innenfortbildung

Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten sind unter dem kompletten Positionspapier (PDF: 307KB) zu finden. 

Quelle: Kinder-und Jugendring Sachsen vom 18.08.2023

Redaktion: Kathrin Stopp

Back to Top