Bayern

Forderung nach Jugendinvestitionspaket: Jugendarbeit ist Demokratiebildung und gelebte Beteiligung

Jugendarbeit ist Werk- und Wirkstätte der Demokratie. Der Bayerische Jugendring (BJR) fordert von der Staatsregierung weitere Investitionen. Junge Menschen haben ein Recht auf politische Bildung. Die große Beteiligung an der bayernweiten U18-Landtagswahl hat deutlich gemacht, dass Kinder und Jugendliche altersgemäße und partizipative Angebote politischer Bildung annehmen.

18.10.2023

In mehr als 600 Wahllokalen in Bayern haben rund 61.000 junge Menschen ihre Stimme abgegeben. Diese große Reichweite verteilt sich auf eine sehr diverse Zielgruppe, da die U18-Wahlen ein besonders niederschwelliges Angebot der politischen Bildung und Meinungsäußerung sind. Die große Resonanz ist auch ein Zeichen dafür, dass sich junge Menschen noch mehr Mitbestimmung und Beteiligung wünschen.

U18-Wahlen Stimmungsbild für die Zukunft

Grundsätzlich sind die U18-Wahlen ein aktuelles Stimmungsbild. Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings, erklärt: „Die U18-Wahlen zeigen, wie junge Menschen wählen würden. Auch für die Parteien ist das ein wichtiger Seismograf, schließlich sind die jungen Menschen die Wähler*innen der Zukunft.“ Über die Ergebnisse der aktuellen U18-Landtagswahl braucht es nun eine breite politische und gesellschaftliche Debatte. „Die Ergebnisse müssen gründlich analysiert und die notwendigen Schlüsse gezogen werden. Die Politik muss sie sehr ernst nehmen“, betont Seitz.

Der BJR-Präsident verweist auf die besondere Rolle der Jugendarbeit:

„Die Jugendarbeit in Bayern steht für Selbstwirksamkeit, gelebte Beteiligung, außerschulische Bildung und für eine starke Demokratie. Die Jugendringe, Jugendverbände und Jugendgruppen in Bayern sind eine Werk- und Wirkstätte der Demokratie: Kinder, Jugendliche und junge Menschen gestalten durch ihr ehrenamtliches Engagement die Gesellschaft mit.“

Die Jugendarbeit sei damit ein starkes Fundament und ein tragender Grundpfeiler der Demokratie. Die Überlegungen der Bundesregierung, am Kinder- und Jugendplan des Bundes massiv zu kürzen, seien deshalb gerade in der aktuellen Situation ein fatales Signal. Der Kabinettsentwurf zum Bundeshaushalt sieht Kürzungen in Höhe von 44,6 Millionen Euro und damit um 18,6 Prozent vor. Diese Kürzungen bringen laut Seitz die bewährten Strukturen der Jugendarbeit massiv in Gefahr, und das ausgerechnet kurz nach der Corona-Pandemie und in Zeiten, in denen die hohe Inflation, steigende Energiepreise und der Krieg in der Ukraine junge Menschen stark beschäftigen und verunsichern. Für Seitz ist klar: „Wer jetzt an der Jugendarbeit und damit an der außerschulischen Jugendbildung spart, der gefährdet unsere Demokratie.“

Mehr Ressourcen für Demokratiebildung erforderlich

Von der künftigen bayerischen Staatsregierung erwartet Seitz, dass sie die richtigen Antworten auf die aktuelle Multikrise findet. Es brauche nun zusätzliche Investitionen in die Jugendarbeit und damit auch in unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft: „Der Stellenwert der Jugendarbeit muss auch in einem möglichen Koalitionsvertrag deutlich zur Sprache kommen." Darin müsse eine bedarfsgerechte Ausstattung der Jugendarbeit ebenso enthalten sein wie gezielte Förderprogramme zur Stärkung von Gemeinschaft und Demokratie.

Seit Jahren fordert der Bayerische Jugendring mehr Ressourcen für Demokratiebildung. „Investitionen in politische Bildung sind dringend notwendig, gerade in Zeiten eines europaweit erstarkenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Gleichzeitig muss das Vertrauen in die Politik und in die Demokratie gestärkt werden“, erklärt Seitz.

„Junge Menschen fühlen sich von den Politiker*innen zu oft nicht ernst genommen. Aktionen wie die Bayerischen Jugendpolitiktage des Sozialministeriums, bei denen Jugendliche mit Vertreter*innen der einzelnen Ministerien ins Gespräch kommen können, sind ein wertvoller Baustein für den direkten Austausch von Jugend und Politik. Es braucht, das zeigt auch die U18-Wahl, noch mehr und niederschwelligere Möglichkeiten der Beteiligung, gerade auch auf lokaler Ebene. Denn während der Corona-Pandemie mussten junge Menschen auf vieles verzichten, vor allem auf die Begegnungen mit Gleichaltrigen. Die Politik hat ihre Situation lange Zeit nur im schulischen Kontext betrachtet. Diese Verunsicherung und damals fehlende Wertschätzung wirken immer noch nach.“

Als Reaktion darauf gelte es nun, das Vertrauen der jungen Menschen in die Politik und die Demokratie wieder zurückzugewinnen und zu stärken. Die Jugendarbeit sei hier ein essenzieller Partner.

Forderung: Absenkung des Wahlalters und Investitionen in die Jugendarbeit

Seitz betont: „Es braucht jetzt eine Jugendpolitik, die jungen Menschen auf die aktuellen Herausforderungen neue Antworten gibt.“ Eine ganze Reihe an Schritten sei laut dem BJR-Präsidenten notwendig: Dazu zählen Jugendchecks auf Landesebene als Instrument, um die Auswirkungen geplanter Gesetzesvorlagen auf junge Menschen sichtbar zu machen, und ein zusätzlicher Artikel in der Bayerischen Gemeindeordnung, der jungen Menschen zusätzliche Beteiligungsrechte einräumt. So fordert Seitz, die Gemeindeordnung um die Pflicht zur Benennung von Jugendbeauftragten in den Kommunen zu ergänzen. Jungen Leuten in Bayern dürfe außerdem nicht länger das zentrale politische Teilhabeinstrument, das Wahlrecht, vorenthalten werden. Der Bayerische Jugendring fordert seit vielen Jahren eine Absenkung des Wahlalters.

„Junge Menschen sind am längsten und nachhaltigsten von den Auswirkungen der heute getroffenen politischen Entscheidungen betroffen“, sagt Seitz. Die zukünftige Staatsregierung sei nun aufgefordert, ein richtungsweisendes Zeichen zu setzen und den Wert der Jugendarbeit im Koalitionsvertrag deutlich zu verankern: „Wir erwarten weitere Investitionen in die Jugendarbeit und in die Demokratiebildung. So wird unsere Demokratie nachhaltig gestärkt!“

Quelle: Bayerischer Jugendring vom 05.10.2023

Redaktion: Kathrin Stopp

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