Stellungnahme / Diskussionspapier

Fachliche Maßstäbe zum Auf- und Ausbau von Präventionsketten in Kommunen: Strukturansatz zur Förderung des „Aufwachsens im Wohlergehen“ für alle Kinder und Jugendliche

Gerda Holz, Michael Schöttle, Annette Berg

Strukturebene: Bund

Armut ist eine der drängendsten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. In ihren Folgewirkungen prägt sie die Sozialsysteme ebenso wie die Integrationschancen der davon Betroffenen. Seit Jahren lässt sich ein Prozess der Sensibilisierung und Problematisierung des Themas „Armut bei Kindern“ feststellen. Ausgangspunkte waren Problemanzeigen aus der Praxis Sozialer Arbeit vor Ort, Berichte von Kommunen und Studien der Wohlfahrtsverbände.

Bereits 1997 hat der AWO-Bundesverband die Studie „Lebenslagen und Zukunftschancen von (armen) Kindern in Deutschland“ in Auftrag gegeben, Daraus ging eine Langzeitstudie zu Armut(sfolgen) bei Kindern und Jugendlichen hervor, die weiterhin die einzige in Deutschland ist (Synonym: AWO-ISS-Studie „Kinderarmut“, vgl. www.awo.org/standpunkte-und-positionen/kinderarmut.html). Im Zentrum steht zum einen die konkrete Bedeutung des Problems Armut bei Kindern und Jugendlichen. Armut wird dabei in ihren Auswirkungen für die aktuelle Lebenslage der Betroffenen, aber auch mit Blick auf die zukünftigen Lebenschancen der heranwachsenden Generation beleuchtet. Zum anderen wird das Thema Armutsbewältigung behandelt. Dabei geraten sowohl individuelle als auch institutionelle und gesellschaftliche Ressourcen und Restriktionen in den Blick. Auf dieser Basis werden Maßnahmen zur Vermeidung von Armut und Armutsfolgen in Praxis und Politik diskutiert.

Seit Anfang 2000 zeichnet sich die Entwicklung kommunalen Engagements zur Armutsprävention ab. Monheim am Rhein ist neben Dormagen der Vorreiter kindspezifischer Armutsprävention. Aufbauend auf den ersten Ergebnissen der AWO-ISS-Armutsstudie starteten 2002 die AWO Niederrhein und die Stadt Monheim am Rhein mit dem Projekt „Mo.Ki. – Monheim für Kinder“ gemeinsam ein Vorhaben zur Neugestaltung einer Politik für Kinder und Jugendliche. Es wurde in Monheim damit begonnen, zunächst die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe und dann weiter die pädagogische Ausrichtung der Bildungseinrichtungen neu auszurichten. Begleitet wurde dieses Vorhaben durch das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS-Frankfurt/M.), welches die Forschungsergebnisse aus der AWO-ISS-Langzeitstudie zur Kinderarmut in die konzeptionelle Gestaltung einbrachte. So wurde anhand dieser Ergebnisse beispielhaft eine kind- und jugendbezogene durchgängige (Armuts-)Präventionskette entwickelt.

 

Die Präventionskette will von Geburt an bis zum Übergang Schule-Beruf Begleitung und Unterstützung für besonders gefährdete Kinder und Jugendliche und deren Familien sicherstellen. Das Motto lautet „frühe Förderung und Partizipation anstelle später Krisenintervention“. Das Konzept zielt auf die Vermeidung von Armutsfolgen – wie z.B. hohe Gesundheitsrisiken, soziale und emotionale Entwicklungsprobleme, geringe Bildung – und auf die Gewährleistung gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe.

Die Träger von „Mo.Ki – Monheim für Kinder“ haben ihre Erkenntnisse als Orientierungspunkte für Kommunen zur Umsetzung struktureller Handlungsansätze zur Armutsprävention im Impulspapier „Fachliche Maßstäbe zum Auf- und Ausbau von Präventionsketten in Kommunen“ zusammengeführt. Hierin spiegelt sich die seit 2002 geleistete Entwicklungsarbeit wieder, um einen kommunalen Handlungsansatz zur Förderung des „Aufwachsens im Wohlergehen“ für alle Kinder und Jugendliche zu entwickeln. Die Präventionskette auf der Basis von Präventionsnetzwerken ist das Herzstück dieses neuen Handlungsansatzes. Durch diesen Praxiserfolg der Forschungsarbeiten aus der AWO-ISS-Armutsstudie wurden im Wesentlichen zwei Sachverhalte grundlegend geleistet:

1. Zum einen wurde das gesellschaftliche Phänomen der Kinderarmut thematisiert, skandalisiert und in seinen vielschichtigen Folgen durch die AWO-ISS-Armutsstudie „Kinderarmut“ theoretisch fundiert und empirisch belegt.

2. Zum anderen wurde der Strukturansatz zur kindbezogenen Armutsprävention in Kommunen durch „Mo.Ki – Monheim am Rhein“ initiiert und erfolgreich umgesetzt. Dieser Ansatz ist Vorreiter und bundesweit Benchmark für Kommunen.

 

Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen die „kommunale Präventionskette“ zu einem landesweiten Infrastrukturelement gemacht und am 9. November 2011 in einer Auftaktveranstaltung das Modellvorhaben „Kommunale Präventionsketten“ ins Leben gerufen.

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