Kindertagesbetreuung

Erzieherinnen sind Hochrisiko-Gruppe für Burnout

Eine umfangreiche Studie zu den Stressbelastungen von Erzieherinnen hat Professor Johannes Jungbauer von der Katholischen Hochschule Aachen durchgeführt und fast 850 Erzieherinnen zu den speziellen Belastungen ihres Berufes befragt.

20.09.2013

In den Kindertagesstätten sind alle U3-Plätze belegt, die Gruppen haben sich gefunden. Aber wie kommen eigentlich die Erzieherinnen mit ihrer Arbeitsbelastung klar und welchem Stress sind sie ausgesetzt? Professor Johannes Jungbauer von der Katholischen Hochschule Aachen hat eine umfangreiche Studie durchgeführt und fast 850 Erzieherinnen zu den speziellen Belastungen ihres Berufes befragt. Was im Übrigen gar nicht so leicht war, denn in der Studie zeigte sich auch, dass viele Kita-Träger es nicht gern sahen, dass ihre Mitarbeiterinnen sich zu diesem Thema äußerten.

Das Ergebnis der Untersuchung ist alarmierend, denn viele Erzieherinnen und Erzieher sind extrem Burnout-gefährdet. Stressquelle Nummer eins ist die mangelhafte Personalausstattung in den Einrichtungen. Die Studie zeigt aber auch, dass Erzieherinnen trotz aller Belastungen ihren Job lieben. Schwierige Kinder bewerten sie zwar als anstrengende Herausforderung, viel größeren Stress aber bereiten ihnen zu große Gruppen und gleichzeitig zu wenig Mitarbeiterinnen.

Doris Noteborn, Leiterin einer integrativen Kindertagesstätte in Aachen, kann diese Ergebnisse nur bestätigen. Sie beobachtet, „dass sich die Langzeiterkrankungen häufen – das hängt ganz eindeutig mit dem Stress zusammen.“ Ein gut eingespieltes Team könne Personalausfälle eine Weile auffangen, „aber irgendwann sind die Reserven erschöpft“, sagt Noteborn.

Die mangelhafte Personalausstattung bedeutet: Zu große Gruppen, ein unzureichender Betreuungsschlüssel, Zeitdruck und Mehrarbeit wegen erkrankten Kolleginnen. Weitere Stressoren im Kita-Alltag sind der Geräuschpegel in den Gruppenräumen und die umfangreichen Dokumentationspflichten. Kinder mit deutlichen Disziplinproblemen, einem zusätzlichen Betreuungs- und Förderbedarf und Verhaltensauffälligkeiten stellen eine starke Belastung für die Erzieherinnen dar. Doch auch die Elternarbeit wird oft als große Herausforderung erlebt: Viele der befragten Erzieherinnen klagten z.B. über überhöhte Ansprüche mancher Eltern oder die Neigung, Erziehungs- und Bildungsaufgaben an die Kita zu delegieren.
Je mehr Erzieherinnen und Erzieher beruflich unter Stress stehen, desto stärker sind ihre gesundheitlichen Beschwerden. Bei ihnen liegen die Werte für die Verdachtsdiagnose Burnout deutlich über dem Normwert. Fast ein Fünftel der befragten Personen (18,9 Prozent) leidet sogar unter sehr starken beruflichen Stressbelastungen und gilt damit als Hochrisiko-Gruppe für Burnout. Und fast 15 Prozent der Befragten gaben an, unter deutlichen bis starken psychosomatischen und psychischen Beschwerden zu leiden. „Die von uns analysierten Daten zeigen, dass bei hoher Stressbelastung auch die Betreuungsqualität leidet“, mahnt Prof. Jungbauer. „Strukturell mangelhafte Arbeitsbedingungen, z.B. im U3-Bereich, gehen damit letztlich auf Kosten der Kinder.“

Ein gesundheitsförderlicher Kita-Arbeitsplatz zeichnet sich aus durch ein realistisches, zu bewältigendes Arbeitspensum; ausreichend Zeit für die Kinder; eine angemessene Gruppengröße in Abhängigkeit vom Alter der betreuten Kinder; angemessene Möglichkeiten für Pausen und Erholung sowie tragfähige Lösungen bei Personalausfall.

Prof. Jungbauer sieht die Politik hier in der Pflicht: „Schließlich geht es um die Zukunft unserer Kinder.“ Und Kita-Leiterin Noteborn ergänzt: „Wir haben eine Bildungsauftrag und wollen keine Ikea-Betreuung machen.“

Quelle: KatHO NRW Aachen

Back to Top