Kinder- und Jugendarbeit

Raiser will als ASF-Vorsitzende „auch heiße Eisen angehen und Ungerechtigkeiten im eigenen Land thematisieren“

ASF-Jahresversammlung appelliert an Politik und Kirchen, von Abschiebung bedrohten Roma aus dem Kosovo ein Bleiberecht in Deutschland zu gewähren.

26.04.2010

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) hat am Sonntag, den 25.4.2010 in Berlin eine neue Vorsitzende gewählt. Die promovierte Historikerin Elisabeth Raiser tritt die Nachfolge von Pfarrerin Ruth Misselwitz an, die dem Verein seit 2001 vorstand.

Elisabeth Raiser, Jahrgang 1940, Mitglied im Präsidium des Evangelischen Kirchentags, engagiert sich seit vielen Jahren in der ökumenischen Verständigung und der Versöhnungsarbeit. Sie gehört zu den MitbegründerInnen der Internationalen Begegnungs- und Bildungsstätte in Minsk und war im Jahr 2003 evangelische Präsidentin des ersten ökumenischen Kirchentags. „Als Vorsitzende von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste möchte ich den Dienst der Freiwilligen am Frieden unterstützen, mit ihnen zusammen darüber nachdenken, welche neuen Schritte heute für den Frieden notwendig sind und auch heiße Eisen wie den Konflikt in Israel und Palästina anpacken,“ sagte Elisabeth Raiser am heutigen Sonntag bei der ASF-Mitgliederversammlung. „Dazu gehört auch, die Forderung nach einem Bleiberecht für in Deutschland geduldete Roma, die nun von Abschiebung bedroht sind. Angesichts der Verantwortung für den Völkermord an den europäischen Sinti und Roma - in Deutschland ebenso wie in den von der Wehrmacht besetzten Staaten Mittel- und Osteuropas - ist das Bleiberecht für Roma eine zwingende Notwendigkeit.“ 

Für die zahlreichen Projekte von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste will Raiser die Kooperation mit andern Friedensinitiativen suchen und auch Ungerechtigkeiten im eigenen Land wie beispielsweise die Abschiebepraxis langfristig thematisieren. „Wichtig ist mir dabei ein guter Kontakt zu den kirchlichen Verantwortungsträgern und zur Politik,“ so Raiser.

Vorsitzende von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste zu werden bedeutet für die Tochter von Carl Friedrich von Weizsäcker auch, das Erbe der ASF-Gründer lebendig zu erhalten und „für die Folgen des Leids und der Zerstörung einzustehen, die das nationalsozialistische Deutschland über die Länder Europas und die Juden gebracht hat.“

Mehr Freiwillige, neue Projektbereiche: Die Bilanz der bisherigen Vorsitzenden

Die scheidende Vorsitzende, Pfarrerin Ruth Misselwitz bilanzierte am Wochenende: „In den vergangenen zehn Jahren ist es uns gelungen, den Verein auf eine solide wirtschaftliche Basis zu stellen und die Zahl der Freiwilligen, die im Ausland Friedensdienste leisten, auf 180 junge Frauen und Männer zu verdoppeln. In diesem Jahr konnten wir trotz der Verkürzung der Zivildienstdauer die internationalen Friedensdienste sichern und kämpfen nun für einen Ausbau.“ 

Sie sei stolz darauf, so Misselwitz, „dass wir sehr früh ein neues Themenfeld erschlossen haben, indem wir mit MigrantInnen ihren Umgang mit dem Nationalsozialismus und die je eigenen Flucht- und Migrationserfahrungen im Einwanderungsland Deutschland zum Thema machten.“ Dem Verein sei es gelungen, das Schlagwort der „konkurrierenden Erinnerungen“ zu füllen, indem in Großbritannien polnische und deutsche und in Polen ukrainische und deutsche junge Menschen als Freiwillige gemeinsam arbeiten und ihre sehr verschiedenen Perspektiven auf Geschichte austauschten, bilanziert die nach neunjähriger Amtszeit aus dem Vorstand ausscheidende ASF-Vorsitzende, Pfarrerin Ruth Misselwitz. 

Raiser wurde bei der Jahresversammlung von ASF an diesem Sonntag in Berlin-Pankow mit absoluter Mehrheit gewählt. Die über 150 TeilnehmerInnen der Jahresversammlung, die sich mit unterschiedlichen Formen von Antiziganismus auseinander setzten, schlossen sich der Forderung nach einem Bleiberecht für geduldete Roma aus dem Kosovo in Deutschland an, die u.a. von Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg im Verlauf der Tagung erhoben wurde. Die Jahresversammlung forderte die Innenministerkonferenz auf, angesichts des NS-Völkermords an Sinti und Roma jegliche Abschiebung von Roma zu beenden.

Der Verein Aktion Sühnezeichen Friedensdienste wurde 1958 in der Tradition der bekennenden Kirche gegründet mit dem Ziel der Aussöhnung mit denjenigen Ländern und gesellschaftlichen Minderheiten, die am stärksten unter der nationalsozialistischen Besatzung und NS-Vernichtungspolitik gelitten hatten. Jährlich arbeiten mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in langfristigen Freiwilligendiensten und kurzfristigen „Sommerlagern“ hunderte Frauen und Männer in sozialen und politischen Projekten in 13 unterschiedlichen Ländern - u.a. in Israel, Russland und Polen. 

Herausgeber: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.

ch

 

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