Hilfen zur Erziehung
Gesprächsarbeitskreis „Heimerziehung 1945 - 1975“
Niedersachsen ist im Verhältnis zu anderen Bundesländern bei der umfassenden Sicherung von Akten ehemaliger Heimkinder aus staatlichen Einrichtungen bereits sehr weit voran gekommen. "Alle Betroffenen benötigen Einsicht in noch vorhandene Akten der staatlichen und freien Heimträger, um ihre ganz persönlichen Heimbiographien individuell aufarbeiten zu können", sagte Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann anlässlich der heutigen Sitzung des Gesprächsarbeitskreises "Heimerziehung 1945 - 1975" im Sozialministerium.
05.10.2009
Daran nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Ehemaligen Heimkinder, der Kommunalen Spitzenverbände, der LAG Freie Wohlfahrtspflege, des Caritasverbandes Osnabrück, des Diakonischen Werks, des Landesarchivs, des Landessozialamtes, des MWK und des MS teil.
Ross-Luttmann hatte bereits in einem ersten Fachgespräch am 8. Juni 2009 für das Land die Sicherung, Sichtung und Offenlegung der noch vorhandenen Akten sowie Hilfestellung für die Betroffenen bei der Akteneinsicht zugesagt. Das Niedersächsische Landesarchiv hat daraufhin alle sieben Staatsarchive angewiesen, die Bestände zu sichern, zu archivieren und zugänglich zu machen. Das Justizministerium (MJ) hat hinsichtlich der Akten der Vormundschaftsgerichte seinen nach geordneten Geschäftsbereich abgefragt und eine Aussetzung der Aktenaussonderung veranlasst. Das Landesarchiv hat über diese Abfrage des MJ hinaus in allen 79 Amtsgerichten des Landes eigene Vor-Ort-Ermittlungen angestellt und wird die dabei festgestellten Akten sofort ins Archiv übernehmen.
Der Präsident des Niedersächsischen Landesarchivs, Dr. Bernd Kappelhoff, berichtete in der heutigen Sitzung über die Zusammenführung der Aktenbestände aus den ehemaligen Bezirksregierungen und Landesjugendämtern mit den Beständen der vormundschaftsgerichtlichen Akten. Sie sei nahezu abgeschlossen. Den Betroffenen werde ein unbürokratischer Zugang zu ihren Akten - soweit sie vorhanden seien - ermöglicht.
Sozialministerin Ross-Luttmann baut darauf, dass auch die nichtstaatlichen Träger von Erziehungsheimen ebenso wie das Land Niedersachsen selbst ehemaligen Heimkindern uneingeschränkten Zugang zu ihren Akten gewähren: "Die Landesregierung wird auch weiterhin ihren Beitrag zur Hilfe und Unterstützung der ehemaligen Heimkinder sowie an der notwendigen historischen Aufarbeitung leisten."
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gesprächarbeitskreises einigten sich auch auf die Inhalte eines Forschungsprojektes. In den nächsten Jahren soll in Niedersachsen eine Bestandsaufnahme zu Trägerstrukturen, vorhandenen Einrichtungen, Strukturen der Unterbringung und Aufsicht sowie zu Beschwerden und besonderen Vorkommnissen unter Beachtung des zeitgeschichtlichen Kontextes und der Erfahrung von bereits geleisteter Aufarbeitung vorgenommen werden. Der zweite Komplex des Forschungsauftrages wird u.a. die Frage nach der Verantwortung des Landes im Hinblick auf die Fürsorgeerziehung, die Entwicklung der Heimaufsicht und das Landesjugendheim Göttingen sowie die Frage nach den historischen Entscheidungsmotiven der Gerichte und die Frage nach der Verantwortung von staatlichen Stellen unterhalb der Landesebene beinhalten. Viele andere wichtige Fragen der ehemaligen Heimkinder könnten jedoch nicht auf Landesebene geklärt werden. Fragen zum Rentenversicherungsrecht oder Fragen der Entschädigung müssten auf Bundesebene für alle ehemaligen Heimkinder einheitlich geklärt werden. Der vom Deutschen Bundestag eingerichtete Runde Tisch in Berlin wird Anfang des nächsten Jahres einen ersten Zwischenbericht vorlegen.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration
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