Familienforschung
Paradoxien der Gleichheit in Eltern-Kind-Beziehungen: Uni Osnabrück startet neues Forschungsprojekt
Geschlechtergleichheit wird in der modernen Gesellschaft vorausgesetzt. Trotzdem wird weiterhin Geschlechterungleichheit beobachtet. Das Forschungsprojekt "Paradoxien der Gleichheit in Eltern-Kind-Beziehungen" der Universität Osnabrück beschäftigt sich damit, wie unter dieser Voraussetzung mit "Geschlechtlichkeit" von Kindern umgegangen wird.
06.05.2015
Der allgemeine Befund sozialwissenschaftlicher Forschungen zur Entwicklung der Familienbeziehungen in den letzten Jahrzehnten ist zwiespältig. Auf der einen Seite scheinen Geschlechtsrolle, Ungleichheit und Hierarchie in der Familie immer weniger Bedeutung zu haben: Die Lebensverläufe von Männern und Frauen nähern sich an, die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt, ebenso die Partizipation von Männern in Haushalt und Kinderfürsorge. Der Erziehungsstil ist insgesamt demokratischer und emotionaler geworden. Zudem überwiegen Gleichheitsorientierungen und die je besonderen Eigenschaften der Paare und Kinder stehen im Mittelpunkt der Beziehungen.
Auf der anderen Seite steht jedoch die Diagnose einer Beständigkeit geschlechtstypischer Muster. Neben bleibenden Ungleichheiten in der partnerschaftlichen Arbeitsteilung, erfolgt die Erwerbsbeteiligung der Mütter primär im Teilzeitbereich. Auch in der Beteiligung der Väter an Hausarbeit und Erziehung lassen sich durchaus alte Muster wiedererkennen. Darüber hinaus folgen Kinder und Jugendliche, ungeachtet der Vielfalt der Ausdrucksformen, weiterhin deutlich männlichen und weiblichen Mustern.
Das Forschungsprojekt wird von der VW-Stiftung gefördert und ist am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück sowie am Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt angesiedelt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Kai-Olaf Maiwald gilt es herauszufinden, wie unter den oben geschilderten Bedingungen, die Ideen von Gleichheit und Gleichberechtigung, aber auch von Verschiedenheit und Selbstverwirklichung in der Familie zusammengebracht und praktisch umgesetzt werden. Wie lässt sich ein "normatives Prinzip der Gleichheit" mit den individuellen – und oft auch geschlechtlich geprägten – Präferenzen von Eltern und Kindern vereinbaren?
"Uns interessiert, unter welchen Umständen und in welchen Deutungs- und Begründungszusammenhängen es in der Erziehung relevant wird, dass "Kinder" auch "Mädchen" und "Jungen" sind, sich so wahrnehmen und so wahrgenommen werden. Dieser zentralen Frage wollen wir über die Erhebung und Auswertung offener Interviews mit Eltern und ihren 15- bis 17-jährigen Kindern nachgehen. Dabei interessieren uns nicht nur die alltäglichen Probleme und Problemlösungen bei der Verhandlung von Geschlechtergleichheit und Geschlechterunterschiedlichkeit, sondern auch die Deutungen und Einstellungen der Eltern und Kinder zu möglichen Widersprüchen, die daraus resultieren", so Dr. Inken Sürig.
Quelle: Universität Osnabrück vom 04.05.2015
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