Familienforschung

Neue Väter-Studie: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

40 Prozent der Väter wünschen sich Teilzeit, aber nur fünf Prozent nehmen sie.

19.08.2011

Immer mehr Männer sind bereit, auch in der Familie Verantwortung zu übernehmen und finden Gefallen am Alltag mit Kindern. Dies zeigen die Ergebnisse der repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag von ELTERN (Heft 9/2011, ab heute im Handel) unter 1.003 Vätern zwischen 20 und 55 Jahren.

Gefühle der Väter 2011

Zwei Drittel der Väter finden, ihr Leben sei durch die Geburt ihres Kindes "glücklicher und erfüllter" geworden. Von den jungen Vätern zwischen 20 und 35 Jahren sagen das sogar 70 Prozent. Noch größer ist das Gefühl nur bei Vätern, die Elternzeit nehmen oder genommen haben (75 Prozent). Allerdings nehmen gerade junge, frischgebackene Väter stressige Seiten wahr: Über ein Viertel sagt, ihre Partnerschaft werde "durch das Kind oder die Kinder belastet". 44 Prozent beklagen, "kaum noch Zeit" für sich zu haben. Ein deutlicher Ost-West-Unterschied zeigt sich bei folgender Aussage: "Zeitweise völlig verunsichert" fühlen sich Väter nur zu fünf Prozent im Osten, während es im Westen drei Mal so viele sind.

Immer noch gerne im Job

90 Prozent der befragten Männer sind Vollzeit beschäftigt. 58 Prozent der angestellt beschäftigten Väter geben dies als ihre Wunschlösung an. 40 Prozent würden lieber in Teilzeit arbeiten, davon allerdings nur ein Drittel weniger als 30 Wochenstunden. Lediglich ein Prozent hätte gern eine Stelle mit weniger als 20 Wochenstunden. Gerade mal fünf Prozent aller Väter arbeiten in Teilzeit. Dabei wäre es doch anders machbar, denn immerhin gibt knapp die Hälfte der abhängig Beschäftigten zu, in ihrem Betrieb sei Teilzeit möglich.

Elternzeit als Karrierekiller?

Von den 20- bis 35-jährigen Vätern geben 19 Prozent an, Elternzeit genommen zu haben (überwiegend zwei Monate). Doch schrecken vier von fünf Männern davor zurück, bei ihrem Chef Elternzeit einzureichen. 45 Prozent aller Väter schätzen die Konsequenzen für die Karriere "sehr oder eher negativ" ein. 35 Prozent sagen, die Elternzeit habe darauf keinen Einfluss. Nur neun Prozent meinen, die Wirkung sei "sehr oder eher positiv". Väter, die Elternzeit genommen haben, sind etwas optimistischer: Hier glaubt knapp die Hälfte, dass die Elternzeit für die Karriere keine Rolle spielt.

Alte Rollenmodelle weichen auf

Wenn sich Väter auf Familienleben einlassen, dann fast immer mit Freude. Drei Viertel der jüngeren Väter geben an, eine Stunde oder länger an Wochentagen mit ihrem Kind zu verbringen, von den Elternzeit-Vätern sind es sogar 88 Prozent. Sechs von zehn Vätern sagen, dass sie die Zeit mit Kind für "eher oder überhaupt nicht ausreichend" halten. Doch wie stehen Väter zur Hausarbeit? Nur 13 Prozent halten sich praktisch ganz raus. Fast jeder zweite Vater (49 Prozent) sagt, er erledige wenigstens "einen kleinen Teil" der Hausarbeit. Über ein Viertel gibt an, sich die Hausarbeit hälftig mit der Partnerin zu teilen. Wieder sind die Elternzeit-Väter mit 43 Prozent besonders engagiert. Alte Rollenmodelle weichen also nach und nach auf, aber nicht immer stressfrei. Jüngere Väter (20 bis 35 Jahre) beteiligen sich zwar überdurchschnittlich häufig an der Hausarbeit, glauben allerdings auch viel häufiger als ältere Väter, dass ihre Partnerin sich mehr Beteiligung von ihnen wünschen würde (51 gegenüber 35 Prozent). 35 Prozent im Osten sagen, dass sie die Hälfte der Hausarbeit erledigen, im Westen sind es nur 24 Prozent.

Väter-Bild verändert sich

Fragt man die Männer nach ihrem Bild vom guten Vater ergeben sich verblüffende Unterschiede zu der bereits 2005 von ELTERN durchgeführten Befragung von Vätern. Einig sind sich Väter in diesem Punkt: 83 Prozent sagen, einen guten Vater zeichne aus, "so viel Zeit wie möglich mit seinem Kind/seinen Kindern zu verbringen", früher waren es 81 Prozent. Klar gestiegen ist das Ansehen der Alltagspflichten von Eltern kleinerer Kinder. Deutlich mehr Befragte finden es heute wichtig, dass ein Vater sein Kind regelmäßig wickelt und füttert (57 gegen 43 Prozent in 2005), sich die Kinderarzttermine mit seiner Partnerin aufteilt oder gelegentlich Kinderkleidung einkauft (48 zu 33 Prozent). Wenn sie sich kümmern, sind junge Väter stolz darauf: 71 Prozent der 20- bis 45-Jährigen finden an sich als Vater besonders gut, dass sie ihr Kind auch wickeln und füttern. 62 Prozent finden es gut und richtig, dass sie nachts aufstehen, wenn ihr Kind schreit.

Druck für Väter spürbar

Das zunehmende Interesse der Väter an Familie hat seinen Preis: Immer mehr, nämlich 16 Prozent zu 10 Prozent in 2005, haben das "Gefühl, weder im Beruf noch in der Familie allen gerecht" zu werden. 2005 gaben 35 Prozent der Befragten an, "beides in einer guten Balance" zu halten. Dem stimmen heute nur noch 29 Prozent zu. Fast zwei Drittel der jungen Väter zwischen 20 und 35 Jahren sagen: "Ich hätte gern mehr Zeit für die Familie." Vollzeit-Berufstätige stimmen der Aussage sehr viel häufiger zu als Teilzeit-Beschäftigte. Mehr Zeit für den Beruf wünscht sich übrigens nur ein Prozent aller Väter. Aber: Trotz gestiegenem Druck wächst die Zuversicht. 44 Prozent blicken "überwiegend optimistisch in die Zukunft", 2005 sahen dies nur 35 Prozent so.

Zur Studie: Repräsentative Onlinebefragung von 1.003 deutschsprachigen Vätern zwischen 20 und 55 Jahren mit mindestens einem Kind im Haushalt. Befragungszeitraum: 24. Mai bis 16. Juni 2011, Institut: forsa 

Quelle: Gruner+Jahr, ELTERN vom 17.08.2011

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