Bildungsforschung

Höhere Bildung lohnt sich – kann aber noch zukunftsgerechter gestaltet werden

Die diesjährige Ausgabe der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ macht die höhere akademische und berufliche Bildung zum Schwerpunkt. Diese wird immer stärker nachgefragt: 2018 hatten in den OECD-Ländern im Schnitt 44 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren einen solchen tertiären Abschluss. Und Bildung zahlt sich aus – je höher der Abschluss, desto besser im Schnitt die Berufs- und Verdienstaussichten.

10.09.2019

Das gilt für Deutschland und OECD-weit, so die aktuelle Ausgabe der OECD-Studie Bildung auf einen Blick, deren Ergebnisse für Deutschland am 10. September 2019 in Berlin vorgestellt wurden. Die wachsende Nachfrage nach höherer Bildung ist demnach eine positive Entwicklung, die allerdings durch kluge Maßnahmen für die Zukunftsfähigkeit der verschiedenen Bildungsangebote begleitet werden sollte. 

Die Studie Bildung auf einen Blick 2019 ist Teil der OECD-Kampagne „I am the Future of Work“ zur Zukunft der Arbeit. Sie vergleicht Bildungssysteme und Bildungsausgaben der 36 OECD-Länder und zehn weiterer Länder. Die höhere akademische und berufliche Bildung ist der diesjährige Schwerpunkt der Studie. In Deutschland hatten im vergangenen Jahr 32 Prozent der jungen Erwachsenen einen tertiären Bildungsabschluss, gegenüber 24 Prozent im Jahr 2008. Damit liegt Deutschland weit unter dem OECD-Durchschnitt. Dies gehe weitgehend auf die starke Stellung der dualen Berufsausbildung zurück.

Die Studienergebnisse zeigen, dass trotz steigender Studierendenzahlen an Fach- und Hochschulen und in der höheren beruflichen Bildung das Angebot die Nachfrage nach höheren Qualifikationen nicht überschreitet. Im Gegenteil: Wer einen höheren Bildungsabschluss besitzt, verdient im Schnitt mehr – und zwar über alle Fachrichtungen hinweg – und ist seltener arbeitslos.

„Bildung lohnt sich und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass der Arbeitsmarkt für höhere Qualifikationen gesättigt ist“, sagte Ludger Schuknecht, OECD-Vize-Generalsekretär bei der Vorstellung der Studie. „Alles weist darauf hin, dass im Zuge der sich verändernden Arbeitswelt in Zukunft besonders Jobs mit niedrigem Qualifikationsprofil wegfallen werden und der Bedarf an Fachkräften zunimmt, die kreativ sind, analytisch denken und selbständig handeln“.

Bildung als Grundlage für Beschäftigung

Mit 88 Prozent ist die Beschäftigungsquote junger Erwachsener zwischen 25 und 34 Jahren mit Masterabschluss oder vergleichbarem Abschluss in Deutschland sehr hoch. Aber auch für junge Erwachsene mit mittlerem Bildungsabschluss (abgeschlossene Berufsausbildung, Abitur, nicht-tertiärer Bildung nach dem Sekundarbereich) sind die Beschäftigungsaussichten gut. Ihre Beschäftigungsquote hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 78 auf 84 Prozent erhöht, wobei hier auch konjunkturelle Einflüsse eine Rolle spielen. Absolventen der Geistes- und Sozialwissenschaften, des Journalismus und Informationswesens verdienten im Schnitt 33 Prozent mehr als Menschen mit höherer Sekundarbildung. Absolventen aus dem Bereich Ingenieurwesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe sogar durchschnittlich 116 Prozent mehr.

Wie die Studie zeigt, passen sich immer mehr Bildungseinrichtungen den sich verändernden Arbeitsmarktanforderungen an, schaffen flexible Wege in die tertiäre Bildung, verbinden akademische und praktische Wissensvermittlung, arbeiten enger mit Arbeitgebern, Industrie und Weiterbildungseinrichtungen zusammen. Die duale Ausbildung und das duale Studium sind lange praktizierte, erfolgreiche Verknüpfungen von Theorie und Praxis in Deutschland. Aber auch hier kann noch mehr getan werden, beispielsweise indem der Übergang zwischen dualer Ausbildung und Hochschule erleichtert wird.

Geschlechtergefälle

Unter den jungen Erwachsenen sind es OECD-weit vor allem Frauen, die über eine tertiäre Ausbildung verfügen. Im Schnitt der OECD-Länder haben 51 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 34 Jahren einen tertiären Abschluss, bei Männern der gleichen Altersgruppe sind es 38 Prozent. In Deutschland ist dieser Geschlechterunterschied kleiner: 34 Prozent der jungen Frauen haben einen tertiären Abschluss und 31 Prozent der jungen Männer. Gleichzeitig verdienen aber besonders höherqualifizierte Frauen deutlich weniger als Männer mit vergleichbarem Abschluss.

Ein Grund dafür mag sein, dass Frauen eher in Bereichen arbeiten, in denen niedrigere Gehälter gezahlt werden, wobei bei der Berufswahl oft auch Stereotype zu männlichen oder weiblichen Berufen eine Rolle spielen. Dem kann durch Programme zur Förderung von Frauen und Männern in Feldern, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind, begegnet werden. Zudem steigen Frauen auch häufiger aus familiären Gründen eine Zeit lang aus dem Arbeitsleben aus oder arbeiten mit reduzierter Stundenzahl, was zu geringerer Bezahlung aber auch zu schlechteren Aufstiegschancen im späteren Berufsleben führen kann. Hier sind Anreize sinnvoll, die Auszeiten zur Kindererziehung für beide Geschlechter in ähnlicher Weise attraktiv machen, aber auch Maßnahmen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern.

Investitionen in Bildung

Insgesamt investiert Deutschland 4,2 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in Bildung. Die OECD-Länder im Schnitt investieren 5,0 Prozent des BIP. Insbesondere in der Grundschulbildung, also dort wo am ehesten Bildungsnachteile ausgeglichen werden können und die gesellschaftlichen Renditen aus Bildung besonders hoch sind, sind die Investitionen in Deutschland vergleichsweise niedrig. Für frühkindliche Bildung werden im internationalen Vergleich vergleichsweise viele Mittel aufgewendet, allerdings wird ein knappes Fünftel der Kosten von den privaten Haushalten getragen. Auch in der tertiären Bildung sind die Investitionen vergleichsweise gering, wenn man die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die Studierenden nur mittelbar zugutekommen, unberücksichtigt lässt. Allerdings zeigen internationale Vergleiche auch, dass höhere Investitionen nicht unbedingt mit bessere Leistungen einhergehen.

Eine vollständige Ländernotiz mit ausführlichen Analysen zu Deutschland (PDF, 992 KB) steht auf der Webseite der OECD zum Download zur Verfügung. Dort finden sich auch Ländernotizen (in englischer Sprache) für Österreich (PDF, 964 KB) und die Schweiz (PDF, 873 KB).

Die vollständige Studie „Bildung auf einen Blick 2019: OECD-Indikatoren“ steht als Online-Veröffentlichung auch in deutscher Sprache zur Verfügung. Dort befinden sich auch ausführliche Hintergrundinformationen, grafische Darstellungen sowie weitere Ländernotizen.  

Hintergrund

Bildung auf einen Blick – OECD-Indikatoren ist eine zentrale Quelle für Informationen zum Stand der Bildung weltweit. Bildung auf einen Blick bietet Daten zu den Strukturen, der Finanzierung und der Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme der 36 OECD-Länder sowie einer Reihe von Partnerländern. Mit mehr als 100 Abbildungen und Tabellen in der Veröffentlichung selbst und dem Zugriff auf weitere Daten in der OECD-Bildungsdatenbank bietet Bildung auf einen Blick 2019 wesentliche Informationen zum Erfolg der Bildungseinrichtungen, zu den Auswirkungen des Lernens in den einzelnen Ländern, zu Bildungszugang, Bildungsbeteiligung und Bildungsverlauf, zu den in Bildung investierten Finanzressourcen sowie zu Lehrkräften, dem Lernumfeld und der Organisation der Schulen. Im Jahr 2019 wurde ein besonderer Fokus auf die tertiöre Bildung gelegt.

Quelle: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 10.09.2019

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