Kinderschutz
Thüringen unterstützt Bundesinitiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“
Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sei noch viel zu oft Tabuthema, betont der Thüringer Bildungsminister Helmut Holter. Er stellte gemeinsam mit dem Unabhängigen Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig die bundesweite Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ in Erfurt vor.
28.02.2018
„Noch immer ist sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche viel zu oft ein Tabuthema. Umso wichtiger ist es, öffentlich darüber zu reden. Je früher wir erste Anzeichen erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen, umso schneller kann betroffenen Kindern geholfen werden. Unsere Schulen nehmen dabei eine wichtige Schlüsselfunktion ein. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dort entsprechende Schutzkonzepte zu etablieren. Thüringen ist das erste ostdeutsche Bundesland, das die Initiative startet. Das zeigt, wie ernst wir das Thema nehmen“, erklärt dazu Helmut Holter.
Schulen kommt eine Schlüsselrolle zu
Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, hebt hervor: „Ich danke Herrn Minister Holter, dass wir heute die Initiative ‚Schule gegen sexuelle Gewalt‘ in Thüringen starten. Dies ist ein wichtiger Schritt und ein guter Tag für den Kinderschutz in Thüringen. Der Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist in Deutschland noch lange nicht gewonnen. Seit Jahren gehen die hohen Fallzahlen nicht zurück. Vielen wird die enorme Dimension des sexuellen Missbrauchs immer erst dann bewusst, wenn über so monströse Fälle wie den ‚Freiburger Fall‘ berichtet wird. Schulen sind deshalb der zentrale Ort für Prävention sowie Schutz und Hilfe bei sexueller Gewalt, denn hier erreichen wir alle Mädchen und Jungen.“
Handlungsempfehlungen und fachliche Unterstützung
Die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ bietet den Schulen Handlungsempfehlungen und fachliche Unterstützung für Präventionsangebote im schulischen Alltag sowie für den Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen. Zudem soll sie Schulen ermutigen, eigene Konzepte für Schutz und Hilfe zu entwickeln. Dies soll dazu beitragen, Unsicherheiten bei Schulleitungen, Lehrkräften und anderen schulischen Beschäftigten im Umgang mit dem Thema sexuelle Gewalt abzubauen.
„In Thüringen legen wir seit vielen Jahren besonderen Wert auf Informationen zur Aufklärung und auf Präventionsmaßnahmen“, hebt Holter hervor. „Wir wollen, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer kompetent reagieren können. Im Verdachtsfall sollen sie gerüstet sein und wissen, was zu tun ist. Die bundesweite Initiative des Unabhängigen Beauftragten bestärkt uns in diesem Vorhaben und bietet eine sehr gute Möglichkeit, unsere bisherigen Aktivitäten zu bündeln. Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Kinder und Jugendlichen in Thüringen leisten wird.“
Schulen für die Entwicklung von Schutzkonzepten gewinnen
Dazu ergänzt Rörig: „Die neuesten Ergebnisse unseres bundesweiten, vom Deutschen Jugendinstitut durchgeführten Monitorings zu Schutz und Hilfe in Schulen zeigen, dass bisher erst 13 Prozent der Schulen umfassende Schutzkonzepte eingeführt haben. Unsere Initiative verfolgt das Ziel, die restlichen 87 Prozent für die Entwicklung von Schutzkonzepten zu gewinnen. Das Engagement der Schulen, Schulleitungen und aller Kultusministerien ist ein zentraler Beitrag zur konsequenten Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.“
Die Präventionsinitiative sowie die dazugehörigen Informationsmaterialien werden ab März an den Thüringer Schulen vorgestellt und verteilt.
Zum Hintergrund:
„Schule gegen sexuelle Gewalt“ ist eine bundesweite Initiative des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Im Rahmen der Kultusministerkonferenz haben sich im Jahr 2016 alle 16 Bundesländer dazu bereit erklärt, die Initiative gemeinsam mit dem Unabhängigen Beauftragten in ihren Ländern umzusetzen.
Schutzraum für Mädchen und Jungen
Hauptziel der Initiative ist es, Schulen fachliche Unterstützung an die Hand zu geben, um zu verhindern, dass sie selbst zum Tatort werden. Gleichzeitig sollen Schulen als Schutzraum für Mädchen und Jungen gestärkt werden, die sexuelle Übergriffe in der eigenen Familie, durch Gleichaltrige oder im Netz erlitten haben.
Mit Unterstützung der jeweiligen Bildungsministerien sieht die Kampagne vor, Schulen bei der Entwicklung eigener Schutzkonzepte zu unterstützen und Lehrkräfte so fortzubilden, dass sie im Verdachtsfall wissen, an welche Institutionen sie sich wenden können. Den Schulen wird damit kein neuer Aufgabenbereich zugewiesen, sondern sie werden im Rahmen des bestehenden gesetzlichen Auftrags bestmöglich unterstützt. Schutzkonzepte und deren konsequente Anwendung entlasten die Lehrkräfte und ermöglichen es ihnen, betroffenen Schülerinnen und Schülern zu helfen und sie vor weiterem Leid zu bewahren.
Schutzkonzepte entlasten Lehrkräfte
In Thüringen gibt es bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen, die auf die Prävention von sexueller Gewalt abzielen. Dazu gehören verschiedene Fortbildungsangebote wie die umfangreichen Qualifikationen von Beratungslehrkräften und anderem schulischen Personal im Rahmen der Umsetzung des Paragrafen 55a des Thüringer Schulgesetzes.
Des Weiteren stehen der Praxisleitfaden „Kinderschutz in Thüringer Schulen“, der in den Unterlagen „Umgang mit Krisen und Notfällen an Schulen“ enthaltene Notfallplan „Kindeswohlgefährdung“ sowie die Empfehlungen zur ressortübergreifenden Kooperation beim Kinderschutz mit entsprechenden Handlungsanleitungen auf dem Bildungsserver des Ministeriums zur Verfügung.
Weitere Informationen: www.thueringen.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de
Quelle: Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindermissbrauchs vom 28.02.2018
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