Kinderschutz

Hessen: Fachkongress zum Schutz vor sexueller Gewalt in Institutionen

Über Maßnahmen des „Aktionsplans des Landes Hessen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt in Institutionen“ informierte ein eintägiger Kongress in Kassel, der sich mit Vorträgen, Foren und Diskussionen an ein breites Fachpublikum richtete und die bisherige Umsetzung des hessischen Aktionsplans präsentierte.

21.08.2018

„Das Thema Schutz und Prävention vor sexueller Gewalt hat im Zuge der Aufdeckung von Gewalt- und Missbrauchsfällen gegenüber Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren eine hohe Bedeutung erhalten. Vor diesem Hintergrund hat die Hessische Landesregierung bereits 2012 einen umfassenden ‚Aktionsplan des Landes Hessen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt in Institutionen‘ mit dem Ziel beschlossen, klare Präventions- und Interventionsstrukturen zu schaffen“, betonte der Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung, Staatssekretär Kai Klose. „Die heute vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass Hessen sich auf einem guten Weg befindet. Der Kongress dient auch dazu, weitere Schritte zu beraten. Das grundlegende Recht von Kindern, frei von Gewalt aufzuwachsen, ist für uns von höchster Bedeutung. Neben dem familiären Umfeld stellen auch Schule und öffentliche Institutionen wichtige Sozialräume für Kinder und Jugendliche dar, für deren Schutz Staat und Gesellschaft besondere Verantwortung tragen“, erklärte Klose.

Mittel für Beratung vor Ort

Um auf das Thema sexuelle Gewalt in Familien noch besser reagieren zu können, hat das Land den Kommunen weitere Mittel für den Bereich Schutz vor Gewalt und sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen zur Verfügung gestellt. Sie kommen direkt der Beratung vor Ort zugute. 2018 stehen hierfür Mittel von über 1,6 Millionen Euro und in 2019 insgesamt über 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Ein wichtiger Bereich seien auch die geförderten Fortbildungen zur Kinderschutzfachkraft, bei denen eine hohe Nachfrage bestehe. Zudem habe Hessen als drittes Bundesland eine Beitrittsvereinbarung zur Beteiligung am Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich (FSM) unterzeichnet und sich mit rund 3,6 Millionen Euro beteiligt.

Für die Aufarbeitung der Übergriffe Gewalt an der damaligen Odenwaldschule hatte das Hessische Ministerium für Soziales und Integration die Untersuchungen finanziell gefördert, mit denen das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in München und die Universität Rostock beauftragt wurden. Der abschließende Bericht des IPP liegt inzwischen vor und wird so schnell wie möglich veröffentlicht. Der abschließende Bericht der Universität Rostock liegt noch nicht final vor.

Schulen spielen wichtige Rolle

„Schulen spielen beim Kampf gegen sexuellen Missbrauch eine unerlässliche Rolle, denn hier erreichen wir alle Kinder und Jugendlichen“, sagte Kultusstaatsekretär Lösel. „Aus diesem Grund haben wir den Landesaktionsplan sehr ernst genommen und unsere Präventionsbemühungen für die hessischen Schulen deutlich verstärkt: Insbesondere Trau Dich!, SPEAK!, ein Ausbau der Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte und die Unterstützung unserer Schulen bei der Entwicklung von Schutzkonzepten in enger Kooperation mit der bundesweiten Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ sind hierbei bedeutsame Bausteine für die präventive Arbeit in den Schulen.“

Kongress informiert themenspezifisch

Beim Kongress nahmen etwa 200 Fachleute teil, die einer breiten Fachöffentlichkeit Themenschwerpunkte aus den Bereichen Schule und Wissenschaft vorstellten. In acht Foren wurde das Publikum themenspezifisch informiert und in einem konstruktiven Dialog eingebunden. Ein Großteil der im Aktionsplan aufgeführten Maßnahmen wurde mittlerweile umgesetzt oder angestoßen, so beispielsweise der Ausbau der qualifizierten Beratungs- und Hilfsangebote für Missbrauchsopfer, Präventionsangebote an Schulen oder Fortbildungsangebote zum Kinderschutz für kindernahe Berufe. Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Diskussionsrunde mit Prof. Dr. Katharina Gerarts, Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Kinder- und Jugendrechte und Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.

Kinderschutz in die öffentliche Debatte rücken

„Es ist richtig und wichtig“, so die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Kinder- und Jugendrechte, Prof. Dr. Katharina Gerarts, „das Thema Kinderschutz immer wieder ins Zentrum der Fach- und öffentlichen Debatte zu rücken. Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, sei es auf psychische, physische und insbesondere sexuelle Weise, ist leider immer noch ein Thema. Das belegt auch die vor Kurzem erstellte Hessische Kinder- und Jugendrechte-Charta. Ich halte es für unabdinglich, dass Kinder und Jugendliche selbst – ihrem Alter entsprechend – in die Erarbeitung von Präventionsmaßnahmen eingebunden werden. Der heutige Tag hat gezeigt, dass Hessen mit seinem Aktionsplan bereits auf dem richtigen Weg ist, aber auch, dass die vielen bereits bestehenden Anstrengungen weiter verfolgt werden sollten, um Kinder und Jugendliche vor Gewalterfahrungen zu schützen und ihnen mit Präventionsangeboten sowie Opferberatung zur Seite zu stehen.“

Präventionsinitiative Schule gegen sexuelle Gewalt

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig erklärte: „Es freut mich sehr, dass Hessen heute in einem öffentlichen Diskurs mit Fachöffentlichkeit, Politik und Betroffenen die Umsetzung seines Landesaktionsplans gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen diskutiert. Bereits seit Jahren engagiert sich Hessen in besonderer Weise beim Kinderschutz: Zum Beispiel hat sich Hessen als zweites Bundesland meiner Präventionsinitiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ angeschlossen, die Aufarbeitungsprojekte zur Odenwaldschule und Elly-Heuss-Knapp-Schule unterstützt und sich am Fonds sexueller Missbrauch beteiligt. Es muss unser Ziel sein, dass in Hessen, in allen anderen Ländern und auf Bundesebene alle Handlungsoptionen ausgeschöpft und dauerhaft mehr in Prävention und Hilfen investiert wird. Nur so können wir Kinder und Jugendliche in Deutschland besser vor sexueller Gewalt und den oft schwerwiegenden Folgen schützen und einen Rückgang der dramatisch hohen Fallzahlen erreichen.“

Hintergrundinformation

Die Hessische Landesregierung hatte am 16. April 2012 den Aktionsplan des Landes Hessen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt in Institutionen beschlossen. Entstanden war der Aktionsplan in Anlehnung an den Abschlussbericht des Runden Tisches „Sexueller Missbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich.

Neben der eingerichteten Koordinierungsstelle im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration sind weitere Institutionen eingebunden, darunter das Hessische Kultusministerium, das Hessische Ministerium der Justiz, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das Hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIuS), das Hessische Landeskriminalamt sowie das Netzwerk gegen Gewalt des HMdIuS. Ziel des Landesaktionsplans ist es, die staatlichen Institutionen noch stärker für einen Umgang mit der Missbrauchsproblematik zu sensibilisieren.

Quelle: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration vom 15.08.2018

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