Ganztagsbildung

Schulalltag: Was tun bei Gewalt, Konflikten und Mobbing?

Die Universität Hildesheim veranstaltet am 06. April den Niedersächsischen Beratungslehrerkongress 2016. Dort stehen Weiterbildung und Austausch zu vielfältigen Themen rund um Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Schulalltag im Fokus.

05.04.2016

"Angesichts der aktuellen Herausforderungen für die Schulen – Inklusion, traumatisierte Flüchtlingskinder, Medienkonsum und Gewalt –, gewinnt ein effektives Beratungs- und Unterstützungssystem immer mehr an Bedeutung", sagt Norbert Grewe, <link https: www.uni-hildesheim.de fb1 institute psychologie external-link-new-window zur internetseite des instituts für>Professor für Psychologie an der Universität Hildesheim, anlässlich des diesjährigen Beratungslehrerkongresses in Niedersachsen.

Die Universität Hildesheim leitet seit 1978 die Weiterbildung und wissenschaftliche Begleitung von Beratungslehrkräften in Niedersachsen. Diese Lehrerinnen und Lehrer erhalten nach ihrer zweijährigen Weiterbildung drei Verfügungsstunden für die Beratung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften. Die häufigsten Beratungsanlässe sind Lern- und Verhaltensschwierigkeiten, Konzentrationsprobleme, Mobbing, Unterrichtsstörungen, Gewalt und das Fernbleiben von der Schule. Angesichts der hohen Qualifikation der Beratungslehrkräfte und der großen Akzeptanz in den Schulen sei es bedauerlich, dass nur etwa jede zweite Schule über diese Funktion verfügt und die Beratungsstunden 2003 von fünf auf drei gekürzt wurden. Professor Norbert Grewe appelliert an die Landesregierung diese Lücke im Beratungssystem mittelfristig zu schließen.

Der aktuelle Ausbau der Schulsozialarbeit sei zwar zu begrüßen, so Grewe, aber auch Kinder, die nach einer Flucht im deutschen Schulsystem ankommen, werden in Zukunft mit Schulproblemen konfrontiert werden, bei denen Beratungslehrkräfte die richtigen Ansprechpartner sind. "Wie in anderen Ländern, Finnland, Großbritannien, Niederlande, sollten multiprofessionelle Beratungsteams an jeder Schule eingesetzt werden und nicht mal diese Berufsgruppe und dann wieder eine andere", sagt der Psychologe.

Beratungslehrer in Niedersachsen

Am Mittwoch, 6. April 2016, kommen etwa 400 Beratungslehrkräfte auf dem Niedersächsischen Beratungslehrerkongress 2016 an der Universität Hildesheim zusammen. Die Teilnehmer bilden sich fort und informieren sich über den aktuellen Stand der Wissenschaft.

Ein Thema auf dem Kongress: Wie kann ein gutes Klassenklima entstehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Professor Norbert Grewe seit 25 Jahren. Schule ist ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche lernen können, wie sie mit anderen umgehen und wie sie Konflikte gewaltfrei lösen können.

"Das Klassenklima ist ein Risikofaktor und eine Ressource schulischen Lernens", sagt Norbert Grewe. "Bisher ging man davon aus: Das Klassenklima ist wie das Wetter – man kann nichts dagegen tun, man hat eine schwierige Klasse und muss sich eben warm anziehen oder man hat Glück gehabt", so Grewe. Dabei gebe es eine Menge an Stellschrauben, um ein "prima Klima" in der Klasse zu fördern. Seit 22 Jahren bieten Psychologen der Universität Hildesheim und Schulpsychologinnen und Schulpsychologen dazu eine Fortbildung. Bisher haben etwa 700 niedersächsische Lehrerinnen und Lehrer aus allen Schulformen die eineinhalbjährige Fortbildung absolviert. Im Februar 2016 ist der neue Jahrgang mit 50 Lehrkräften gestartet.

"Auf den Anfang kommt es an", sagt Norbert Grewe. Alle großen Gruppen tendieren dazu, schnell Cliquen zu bilden, das "Recht des Stärkeren setzt sich auf dem Schulhof durch". "Ein Kind auszugrenzen, schweißt die anderen in der Gruppe zusammen." Können Lehrer und Mitschüler diese Entwicklung beeinflussen?

"Es gibt gute Beispiele, etwa die Einführung eines Klassenrates, der von Neuntklässlern moderiert wird, oder Patenschaften zwischen Schülerinnen und Schülern. Dabei lernen sie, die Schwierigkeiten, aber auch die guten Seiten des anderen zu sehen und auf den anderen einzugehen", sagt Grewe, der Beispiele aus ganz Niedersachsen in einer Publikation zusammengetragen hat.

"Für Lehrerinnen und Lehrer sind Klassenfahrten und gemeinsame Aktivitäten im Schulalltag mindestens genauso relevant wie für die Kids. Die Burnout-Forschung unter Lehrkräften zeigt, dass das Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern der stärkste Faktor für Erschöpfungs-Gefühle, aber auch zur Gesundung, ist. Lehrerinnen und Lehrer mit Klassen, die ein prima Klima haben, werden seltener krank als jene, die in sogenannten schwierigen Klassen unterrichten."

Veranstaltungsdaten

  • Niedersächsischer Beratungslehrerkongress 2016
  • Datum: 6. April 2016
  • Ort: Universität Hildesheim - Universitätsplatz 1, 31141 Hildesheim

Beispiele aus dem Programm:

  • Professor Thomas Bliesener, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), spricht über Gewalterfahrungen und Gewaltverhalten von Jugendlichen im Web. Jugendliche nutzen moderne Medien und erleben sie als unverzichtbar. Sie werden aber auch mit Fragen und Inhalten konfrontiert, die sie leicht überfordern können, so Bliesener.
  • Die Oberärztin der Hildesheimer Kinder- und Jugendpsychiatrie, Dr. Kathrin Brunhorn, stellt die Zusammenarbeit zwischen Schule und psychiatrischen Einrichtungen vor.
  • Der Schulpsychologe Lutz Kruse von der Niedersächsischen Landesschulbehörde spricht über Gruppenentwicklungen in der Schulklasse.
  • Der Hildesheimer Psychologieprofessor Werner Greve gibt Einblick in eine Studie, in der derzeit in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt die Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern zur Inklusion untersucht werden.
  • Professorin Claudia Mähler hält einen Vortrag zum Thema "Ich kann’s nicht und ich will nicht mehr". Sie untersucht an der Hildesheimer Uni psychische Auffälligkeiten bei Kindern mit Lernstörungen.
  • Mehrere Vorträge beschäftigen sich mit den Themen "Traumatisierung von Kindern mit Flüchtlingserfahrungen" und "Förderung von Flüchtlingskindern im Unterricht".
  • Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Medienabhängigkeit und Spielsucht von Kindern und Jugendlichen.

Quelle: Stiftung Universität Hildesheim vom 30.03.2016

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