Ganztagsbildung

Kooperationserfolg in Hamburg: Expertenkommission besuchte Ganztagsschulen und zieht positive Bilanz

In den letzten drei Jahren sind 150 Hamburger Grundschulen zu Ganztagsschulen erweitert worden. Eine Expertengruppe hat in den letzten Monaten 124 neue Ganztagsgrundschulen besucht, einen Einblick in die Angebote erhalten und mit Elternvertretern, Lehrkräften und Erziehern gesprochen.

01.10.2014

Schulsenator Ties Rabe: „Die Zwischenbilanz fällt sehr positiv aus: Dank des großen Einsatzes und der guten Zusammenarbeit der Schulen und der Träger der Kinder und Jugendhilfe ist in kurzer Zeit an allen Schulen ein überzeugendes Ganztagsangebot entstanden. Eltern und Kinder sind zufrieden, die Zahl der Anmeldungen übertrifft alle Erwartungen. Die verbindliche Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule im Modell der GBS ist erkennbar ein Erfolg. Nach der Aufbauarbeit geht es jetzt darum, Schritt für Schritt Anfangsprobleme zu überwinden und eine stabile Qualitätsentwicklung aufzubauen. Hier hat die Begehung der Schulen wichtige Hinweise erbracht.“

124 Grundschulen kooperieren mit einem Träger der Kinder- und Jugendhilfe am Nachmittag (Modell GBS), 76 organisieren den Nachmittag selbst (Modell GTS). Im Durchschnitt nehmen an einer Grundschule rund 220 Kinder am Nachmittagsangebot teil. Unter der Leitung der örtlichen Schulaufsichtsbeamten haben Experten der Schulbehörde, der Sozialbehörde und der Dachverbände der Kinder- und Jugendhilfe jetzt alle 124 GBS-Schulen besucht. Im Rahmen der rund dreistündigen Besuche nahm die Arbeitsgruppe unter anderem am Mittagessen teil, besuchte die Räumlichkeiten und Angebote und sprach ausführlich mit Schulleitungen, GBS-Leitungen, Pädagoginnen und Pädagogen, Elternvertretern und Kindern. Die Ergebnisse wurden jeweils in einem Abschlussbericht festgehalten. Parallel dazu wurden Daten über das Ganztagsangebot der Grundschulen abgefragt und dokumentiert.

Senator Rabe: „Die Besuche zeigen, dass die neuen Angebote gut angenommen werden und Eltern und Kinder sehr zufrieden sind. Auch die Schulbesuche wurden von allen Seiten positiv bewertet. Sie liefern zugleich wichtige Hinweise für künftige Arbeitsschwerpunkte.“

Gabi Brasch, Vorsitzende des Fachausschusses Jugendhilfe der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) Hamburg: „Die Gespräche haben gezeigt, dass die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe auf einem guten Weg ist. Die ersten Schritte sind getan, jetzt gilt es, weitere Verbesserungen zu erreichen. Dabei ist die stärkere Verzahnung zwischen Vor- und Nachmittag für uns vorrangig.“

Dr. Franziska Larrá, Geschäftsführerin der Elbkinder Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten: „Ein wichtiger Baustein für die zukünftige Weiterentwicklung ist die gemeinsame Fortbildung von Lehrkräften und Jugendhilfe-Mitarbeiterinnen und
-mitarbeiter.“

Verbindliche Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule

Besondere Aufmerksamkeit galt der Frage, wie die Schulseite und der GBS-Träger unter dem Dach der Schule zusammenarbeiten. Schulsenator Ties Rabe: „Die Besuche zeigen ein positives Bild. Beide Seiten arbeiten gut zusammen, haben eine Kultur des Miteinanders entwickelt und verstehen sich als Partner einer gemeinsamen Aufgabe. Sie haben gemeinsam das Nachmittagsangebot konzipiert und verbessern die Qualität der Angebote im Rahmen regelmäßiger Gespräche. In allen GBS-Schulen gibt es dazu vielfältige Formen der Zusammenarbeit. In der Regel finden mehrmals in der Woche Austauschgespräche zwischen Schul- und Trägervertretern statt, sehr oft auf Leitungsebene, häufig gibt es aber auch auf beiden Seiten Koordinatoren oder Steuergruppen. In einigen Schulen gibt es zudem einen regelmäßigen Austausch von Vormittags-Lehrkräften und Nachmittags-Erziehungskräften. In 97 Schulen gibt es sogar einen regelmäßigen Austausch der Lehrkräfte und der Erziehungskräfte beim Thema Hausaufgaben. Das ist sicherlich ein Modell, das Schule machen sollte.“

Schulen bieten viel Platz - flexibles Mobiliar soll Räume aufwerten

Schritt für Schritt haben die Schulen fast alle Räume für die Nachmittagsangebote geöffnet. Die Abfrage und die Begehungen zeigen, dass 99 Prozent der GBS-Schulen die vormittäglichen Klassenräume auch am Nachmittag nutzen, 98 Prozent die Sporthalle, 96 Prozent beziehen zusätzlich die Fachräume ein, 91 Prozent die Aula, 86 Prozent die Pausenhalle sowie ebenfalls 86 Prozent die schuleigenen Sportplätze. Ties Rabe: „Alle Schulen bieten viel Platz, und es war ein notwendiger Schritt, alle Räume für den Nachmittag zu öffnen. Dennoch gibt es noch Handlungsbedarf. Durch flexibles Mobiliar sollen jetzt weitere Schulräume Schritt für Schritt für den Nachmittag aufgewertet und wohnlich hergerichtet werden. Und in einer Reihe von Schulen ist der Lärm beim Essen zu groß, hier werden Architekten und Pädagogen Lösungen erarbeiten.“

Umfangreiches Nachmittagsangebot – mehr Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten benötigt

Die Besuche und Befragungen zeigen: Alle Standorte bieten ein umfangreiches Nachmittagsangebot. Es umfasst in jedem Fall das Mittagessen mit Getränk sowie Salat oder Obst und danach eine Zeit für Hausaufgabenhilfe oder individuelle Lernförderung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Freizeit- und Bildungsangebote. Die Kinder haben nachmittags pro Schule die Wahl aus einer Vielzahl verschiedener Angebotskursen. Besonders oft bieten Schulen Sport- und Bewegungskurse (an 99% aller GBS-Schulen), Kurse für Handwerk, Kunst oder Kreatives Gestalten (95%) und Musik (91% aller GBS-Schulen). Weitere Schwerpunkte sind freies Spiel (75%) sowie forschendes Lernen und Experimentieren, beispielsweise in der Natur (74%). Ties Rabe: „Die Gespräche und die Entwicklung an den Schulen zeigen, dass die Kinder neben dem Kursangebot genügend Freiräume für selbstbestimmtes Spielen sowie Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten brauchen. Hier wird in den Schulen derzeit nachgesteuert.“

Nachmittagsgruppen deutlich kleiner als vormittags

Besondere Aufmerksamkeit galt der oft diskutierten Gruppengröße. Die Abfrage bestätigte, dass die Nachmittagsgruppen deutlich kleiner sind als die Schulklassen am Vormittag. Nachmittags werden durchschnittlich rund zwölf Kinder in Angeboten von einer pädagogischen Kraft betreut, wobei sich die Gruppengrößen je nach Angebot erheblich unterscheiden. Etwas größere Gruppen gibt es beispielsweise im Bereich des freien Spiels auf dem Schulgelände (durchschnittlich 16,7 Kinder pro Gruppe) und der Hausaufgabenhilfe (15,0 Kinder), kleinere Gruppen gibt es dagegen vor allem im Bereich der individuellen Förderung (5,0 Kinder), der Sprach- oder Fremdsprachen-Angebote (10,0 Kinder) oder bei Koch- und Back-Kursen (10,0 Kinder).

Erzieher, Lehrkräfte, Sport-Übungsleiter und Lehramtsstudenten betreuen

52 Prozent der Nachmittagsangebote werden von Erzieherinnen und Erziehern betreut, 14 Prozent von Lehrkräften und 34 Prozent aller Nachmittagsangebote von Experten mit einem Honorarvertrag, beispielsweise Übungsleiter aus Sportvereinen oder Lehramtsstudenten. Die beruflichen Professionen differieren je nach Angebot. So betreuen in allen GBS-Grundschulen Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrkräfte die Kinder beim Mittagessen, Honorarkräfte werden beim Mittagessen nur ergänzend eingesetzt. Lehrkräfte leiten beispielsweise besonders oft Musikkurse (53%). Erzieherinnen und Erzieher sind vor allem im Einsatz beim freien Spiel der Kinder (75 % der Kurse werden von Erziehungskräften erteilt) und den Angeboten zum sozialen Lernen (73%). Honorarkräfte sind stark vertreten in der Hausaufgabenbetreuung (56 %) sowie bei Koch- und Backkursen (43%).

Einzelprobleme werden Schritt für Schritt gelöst – Maßnahmen sind vereinbart

Ties Rabe: „In einer Reihe von Schulen gibt es vorbildliche Lösungen für ausgewogene Nachmittagsangebote, eine gelungene Kooperation von Schule und Träger und gute räumliche Angebote. Das zeigt, was unter den Rahmenbedingungen der GBS-Schulen prinzipiell möglich ist. An einigen Schulen gibt es Einzelprobleme, die bei einer so stürmischen Entwicklung nicht zu vermeiden sind, aber jetzt Schritt für Schritt gelöst werden müssen. Dazu haben wir mit den Trägern und Schulen eine Reihe von Verbesserungsmaßnahmen vereinbart.“

  • Regelmäßige Standortbesuche zur Verbesserung der Qualität
    Nach dem Vorbild der ersten Besuche soll künftig jede Ganztagsgrundschule einmal jährlich unter der Leitung eines Schulaufsichtsbeamten von Fachleuten besucht und im Gespräch mit der Schul- und Trägerseite der Qualitätsentwicklungsprozess gefördert werden.
  • Verstärkte Fachberatung / Lernen am guten Beispiel
    Schulbehörde und Trägerverbände werden künftig gemeinsam Werkstattgespräche für Schulen und GBS-Träger anbieten, um Best-Practice-Beispiele darzustellen und in Fachfragen ausführlich zu beraten. Zur Flankierung der Qualitätsentwicklung unterstützt die Schulbehörde die Trägerverbände durch Weiterfinanzierung der Fachberatungsmittel von rund 500.000 Euro bis 2015.
  • Bessere Aufenthaltsqualität in Klassenräumen
    Zusammen mit einem Architekten sollen an einigen Standorten Konzepte zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in den Klassenräumen erarbeitet werden.
  • Mehr Sauberkeit in Schulräumen
    Um die Sauberkeit in den ganztägig genutzten Schulräumen zu verbessern, werden pro Jahr eine weitere Million Euro für die zusätzlich Reinigung zur Verfügung gestellt.
  • Lärmdämpfende Maßnahmen
    In über 30 Grundschulen werden jetzt Kantinen mit lärmdämpfenden Maßnahmen verbessert, beispielsweise mit Vorhängen, Filzgleitern unter den Stühlen oder auch schallschluckenden Wand- und Deckenumbauten.
  • Pilotprojekt Vollzeitverträge für qualifiziertes Personal
    Schulbehörde und Trägerverbände wollen an einzelnen Pilotschulen Möglichkeiten erproben, wie die beim Träger am Nachmittag beschäftigten Erzieherinnen und Erzieher zusätzlich auch am Vormittag im Rahmen der schulischen Angebote eingesetzt werden können. Das Ziel ist, die Teilzeitverträge am Nachmittag zu Vollzeitverträgen zu erweitern und damit qualifiziertes Personal dauerhaft an den Schulstandort zu binden.

Informationen zum Ganztag in Hamburg: <link http: www.hamburg.de ganztag>www.hamburg.de/ganztag

Quelle: Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg vom 30.09.2014

Redaktion: Kerstin Boller

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