Gleichstellung

EU-Kommission legt LGBTIQ-Strategie vor

Die Europäische Kommission hat, wie von Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2020 angekündigt, erstmals eine EU-Strategie zur Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, Transgender-, nichtbinären, intersexuellen und queeren Personen (LGBTIQ) vorgestellt.

23.11.2020

Wenngleich in der EU in den letzten Jahren Fortschritte bei der Gleichstellung von LGBTIQ-Personen erzielt wurden, fühlen sich 43% nach eigenen Aussagen nach wie vor diskriminiert. Die COVID-19-Krise hat die Lage noch verschärft. Die vorgelegte Strategie der EU-Kommission befasst sich mit den Ungleichheiten und Herausforderungen, mit denen LGBTIQ-Personen konfrontiert sind, und enthält eine Reihe gezielter Maßnahmen (einschließlich rechtlicher und finanzieller Art) für die nächsten fünf Jahre. In der Strategie wird unter anderem vorgeschlagen, die Liste der „EU-Straftaten“ um Hassstraftaten, einschließlich homophober Hetze und Hassdelikte, zu erweitern und neue Rechtsvorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Elternschaft in grenzüberschreitenden Situationen vorzulegen. Sie stellt außerdem sicher, dass LGBTIQ-Anliegen in der Politikgestaltung der EU angemessen berücksichtigt werden, sodass LGBTIQ-Personen in ihrer ganzen Vielfalt sicher sind und gleiche Chancen auf Wohlstand, Entfaltung und volle Teilhabe an der Gesellschaft haben.

Die für Werte und Transparenz zuständige Vizepräsidentin der Kommission Věra Jourová erklärte: „Alle Menschen sollten sich frei fühlen zu sein, wer sie sind – ohne Angst vor Verfolgung haben zu müssen. Das macht Europa aus und dafür stehen wir. Diese erste Strategie auf EU-Ebene wird unsere gemeinsamen Anstrengungen weiter verstärken, damit sichergestellt wird, dass alle gleichbehandelt werden.“

Die für Gleichheitspolitik zuständige EU-Kommissarin Helena Dalli erklärte: „Europa behauptet sich heute als Vorbild im Kampf für Vielfalt und Inklusion. Gleichheit und Nichtdiskriminierung sind Grundwerte und Grundrechte in der Europäischen Union. Dies bedeutet, dass sich alle Menschen in der Europäischen Union sicher und frei fühlen und keine Angst vor Diskriminierung oder Gewalt aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit oder der Geschlechtsmerkmale haben sollten. Wir sind noch weit entfernt von der vollständigen Inklusion und Akzeptanz, die LGBTIQ-Personen verdienen. Ich vertraue darauf, dass wir gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Europa zu einem besseren und sichereren Ort für alle machen können. In diesem Zusammenhang werden in der Strategie diejenigen Mitgliedstaaten, die über keine nationale LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie verfügen, aufgefordert, eine solche zu verabschieden und darin den besonderen Gleichstellungsbedürfnissen von LGBTIQ-Personen in ihrem Land Rechnung zu tragen.“

Maßnahmen zur Gleichstellung von LGBTIQ im Zeitraum 2020-2025

Die Strategie sieht eine Reihe gezielter Maßnahmen vor, die folgende vier Säulen betreffen: Bekämpfung von Diskriminierung, Gewährleistung von Sicherheit, Aufbau inklusiver Gesellschaften und Führungsrolle der EU bei der Forderung nach Gleichstellung von LGBTIQ in der ganzen Welt. Zu den in der Strategie dargelegten Schlüsselmaßnahmen gehören:

  • Bekämpfung von Diskriminierung: Rechtlicher Schutz vor Diskriminierung ist der Schlüssel zur Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ. Die Kommission wird, insbesondere im Bereich Beschäftigung, eine Bestandsaufnahme vornehmen. Der Bericht über die Anwendung der Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf wird bis 2022 veröffentlicht. Im Anschluss wird die Kommission alle sich aus dem Bericht ergebenden Rechtsvorschriften vorlegen, insbesondere zur Stärkung der Rolle der Gleichstellungsstellen. Die Kommission wird außerdem einen Rechtsrahmen vorlegen, in dem speziell auf die mit Systemen der künstlichen Intelligenz (KI) verbundene Gefahr von Vorurteilen und Diskriminierung eingegangen wird.
  • Gewährleistung der Sicherheit: LGBTIQ-Personen sind unverhältnismäßig stark von Hassdelikten, Hetze und Gewalt betroffen, wobei die mangelnde Anzeige von Hassdelikten nach wie vor ein ernstes Problem darstellt. Um den Schutz vor Hassdelikten und Hetze, die sich gegen LGBTIQ richten, zu harmonisieren, wird die Kommission 2021 eine Initiative vorlegen, um die Liste der „EU-Straftaten“ um Hassdelikte und Hetze zu erweitern, einschließlich um solche, die sich gegen LGBTIQ-Personen richten. Darüber hinaus wird die Kommission Finanzierungsmöglichkeiten für Initiativen bereitstellen, mit denen gegen Hassdelikte, Hetze und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen vorgegangen werden soll.
  • Schutz der Rechte von Regenbogenfamilien: Aufgrund von Unterschieden zwischen den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten werden bei Regenbogenfamilien familiäre Bindungen bei Überschreitung der EU-Binnengrenzen möglicherweise nicht immer anerkannt. Die Kommission wird eine Gesetzgebungsinitiative zur gegenseitigen Anerkennung von Elternschaft vorlegen und mögliche Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zwischen den Mitgliedstaaten prüfen.
  • Gleichstellung von LGBTIQ in der Welt: In verschiedenen Teilen der Welt sind LGBTIQ-Personen schweren Rechtsverletzungen und -verstößen ausgesetzt. Die Kommission wird im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI), des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) und des Asyl- und Migrationsfonds Maßnahmen zur Gleichstellung von LGBTIQ unterstützen.

Einbeziehung der Gleichstellung von LGBTIQ in die Politik der EU

Unter der Federführung der für Gleichheitspolitik zuständigen Kommissarin Helena Dalli und mit Unterstützung der Task-Force für Gleichheitspolitik wird die Kommission außerdem die Bekämpfung der Diskriminierung von LGBTIQ-Personen in alle Politikbereiche und wichtigen Initiativen der EU einbeziehen.

Nächste Schritte

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, auf bestehenden bewährten Verfahren aufzubauen und eigene Aktionspläne für die Gleichstellung von LGBTIQ zu entwickeln. Ziel ist es, LGBTIQ-Personen besser vor Diskriminierung zu schützen und die Maßnahmen im Rahmen dieser Strategie durch Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ in Bereichen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, zu ergänzen. Die Europäische Kommission wird die Umsetzung der in der Strategie dargelegten Maßnahmen regelmäßig überwachen und 2023 eine Halbzeitüberprüfung vorlegen.

Hintergrund

Die vorgestellte Strategie ist die erste Strategie der Kommission im Bereich LGBTIQ-Gleichstellung und löst die von Präsidentin von der Leyen eingegangene Verpflichtung zu einer Union der Gleichheit ein.

Die Strategie baut auf der Liste von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ auf. Sie ist mit anderen strategischen Rahmen und Strategien der Europäischen Kommission verknüpft, z.B. dem kürzlich angenommenen EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020–2025, der Strategie für die Rechte von Opfern und der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter.

Gleichheit und Nichtdiskriminierung sind zentrale Werte und Grundrechte in der EU, die in den EU-Verträgen und in der Charta der Grundrechte verankert sind. In den letzten Jahrzehnten haben legislative Entwicklungen, die Rechtsprechung und politische Initiativen im Leben vieler Menschen Verbesserungen bewirkt und uns dabei geholfen, gerechtere Gesellschaften mit größerer Akzeptanz – auch für LGBTIQ-Personen – aufzubauen. Obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz und die Unterstützung für gleiche Rechte in der EU zugenommen haben, hat sich dies im Leben von LGBTIQ-Personen nicht immer in deutlichen Verbesserungen niedergeschlagen. Laut der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) gaben 2019 43% der LGBT-Personen an, dass sie sich diskriminiert fühlten (gegenüber 37% im Jahr 2012). Die COVID-19-Krise hat zu neuen Belastungen für die schutzbedürftigsten gesellschaftlichen Gruppen geführt, und LGBTIQ-Personen sind hier keine Ausnahme.

Viele der Politikbereiche, die mit der Verbesserung der Gleichstellung von LGBTIQ zusammenhängen, fallen in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die EU spielt jedoch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Orientierungshilfen anzubieten, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu koordinieren, Umsetzung und Fortschritte zu überwachen, Unterstützung aus EU-Mitteln zu leisten und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

Quelle: Europäische Kommission vom 12.11.2020

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