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Selbstständigkeit lernen beim Probewohnen

Kartoffeln schälen fürs Mittagessen - Heinz-Josef Hortmanns ist Bewohner der Probewohnung in Mönchengladbach-Rheydt.

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) stellt Probewohnung für Menschen mit Behinderung in Mönchengladbach zur Verfügung. Auch junge Leute mit Handicap lernen dort selbstständig leben. Nach drei Jahren Modellphase wird das Angebot fortgeführt.

24.04.2012

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) möchte rheinlandweit mehr Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, selbstständig zu leben und ihren Alltag zu bewältigen. Dieses Ziel verfolgt der LVR unter anderem mit dem Angebot des Probewohnens, bei dem Erwachsene und Jugendliche mit - vorwiegend geistiger - Behinderung das selbstständige Wohnen ausprobieren können. Die notwendige Unterstützung dazu leisten Fachdienste für Ambulant Betreutes Wohnen direkt in der Wohnung. Eine von aktuell vier Probewohnungen im Rheinland befindet sich in Mönchengladbach-Rheydt. Mieter der Wohnung ist die Evangelische Stiftung Hephata. Nach einer erfolgreichen dreijährigen Modellphase hat der LVR Ende 2011 beschlossen, das Angebot fortzuführen. 

"Das Probewohnen zeigt Menschen mit Behinderung eine Alternative zum Leben im Heim oder bei den Eltern auf. Während ihres Aufenthaltes erfahren sie, wie es ist, sich selbst zu versorgen und ihren Alltag zu gestalten", erklärt Barbara Lenzen vom LVR-Dezernat Soziales und Integration. "Der LVR möchte eine solche Möglichkeit für möglichst viele Menschen mit Behinderung schaffen. So haben sie die Chance, sich optimal auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten." Für die Probewohnung in Mönchengladbach übernimmt der LVR die Miete samt Nebenkosten und finanziert die ambulante Unterstützung durch Fachdienste für Ambulant Betreutes Wohnen, ergänzt Barbara Lenzen. 

In der Probewohnung in Rheydt wechseln sich Fachkräfte von vier Fachdiensten für Ambulant Betreutes Wohnen ab. In Wohngemeinschaften mit bis zu vier Personen oder auch alleine lernen die Bewohnerinnen und Bewohner alles kennen, was zum eigenständigen Leben dazugehört: pünktlich aufstehen, Körperpflege, den Weg zur Arbeit oder zur Schule, kochen, waschen, Ordnung halten, putzen, einkaufen und nachts alleine sein. Vor allem Jugendliche nutzen die Wohnung für kürzere Zeiträume, Erwachsene können bis zu zwei Monate lang in der Wohnung leben. Aktuell bewohnt der 46-jährige Heinz-Josef Hortmanns die Wohnung. 
 
Seit September 2009 haben bereits 43 Menschen am Probewohnen in Rheydt teilgenommen. Davon haben elf nach dem Probewohnen das betreute Wohnen realisiert, 16 planen aktuell ihren Auszug aus dem Wohnheim oder dem Elternhaus. "Das Probewohnen zeichnet sich durch eine engagierte und erfolgreiche Zusammenarbeit und Vernetzung vieler verschiedener Partner aus", freut sich Hannelore Jennes-Stelter, Abteilungsleiterin Ambulante Hilfen bei der Evangelischen Stiftung Hephata. Beteiligt sind verschiedene Förderschulen, Träger von Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die Stadt Mönchengladbach und die "KoKoBe", die Beratungsstellen für Menschen mit geistiger Behinderung: "Für Familien und Eltern ist das Angebot eine Chance auf einen sanften Ablösungsprozess und es hilft Menschen mit Handicap, sich selbst besser einzuschätzen", so Christopher Micha, der bei der "KoKoBe" in Rheydt das Probewohnen koordiniert. Dies bestätigt auch Carina Schwindt, die sieben Wochen lang in der Probewohnung gelebt hat: "Das Probewohnen war schön und für mich auch erfolgreich, denn jetzt kann ich besser einschätzen, wofür ich wieviel Hilfe benötige", sagt die 24jährige, die noch im Elternhaus lebt und inzwischen auf der Suche nach einer eigenen Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle bei einer Hephata-Werkstatt in Mönchengladbach ist. 

Neben der Probewohnung in Mönchengladbach unterhält der LVR drei weitere in Duisburg, Mülheim und in Bergheim. In Oberhausen und im Rhein-Kreis Neuss sind Trainingswohnungen  in Planung. Der LVR fördert mit dem Probewohnen das ambulant betreute selbstständige Wohnen. Ziel ist, mehr Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. 

Erste Anlaufstellen in allen Fragen rund um das selbstständige Wohnen sind die "KoKoBe", kurz für Kontakt-, Koordinierungs- und Beratungsstellen. In Mönchengladbach gibt es zwei dieser Beratungsstellen, eine davon in Rheydt. Die Fachkräfte der "KoKoBe" beraten Menschen mit geistiger Behinderung zu ihren Lebensform- und Wohnwünschen oder bei der Freizeitgestaltung. Beim Probewohnen koordinieren sie die Belegung und den Einsatz der begleitenden Fachdienste in der Wohnung. Der LVR hat rheinlandweit ein Netz von insgesamt 83 "KoKoBe" aufgebaut. Ziel ist die Förderung des selbstständigen Wohnens und der besseren gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung.

Quelle: Landschaftsverband Rheinland (LVR)

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