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Förderpolitik in Baden-Württemberg: Verbände kritisieren "Projekt-Hopping"

„Die Organisationen, die die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertreten, sind sich über die notwendigen Politikschritte einig. Jetzt muss nur noch die Landesregierung handeln!“, forderte Sommer.

04.03.2010

Zum Demografischen Wandel im Südwesten waren sich der Landesfrauenrat (LFR), Landesseniorenrat (LSR), Landesfamilienrat (LFamRat) und Landesjugendring (LJR) am Donnerstag vor dem „ständigen Ausschuss“ im Landtag einig: Sie sehen zwar einige Fortschritte, vermissen jedoch ein systematisches Vorgehen um die Handlungsempfehlungen auch umzusetzen. „Wir fordern Regelangebote mit sicherer Finanzierung statt Projekt-Hopping", sagte der Vorsitzende des Landesfamilienrates, Jürgen Rollin. „Zudem sehen wir bei Regierung und Verwaltung deutliches Optimierungspotenzial, vor allem was die Zusammenarbeit der Ministerien betrifft.“

Zu ausgewählten Bereichen haben sich die vier Organisationen in einer zehnseitigen Stellungnahme geäußert. Sie nehmen damit auf die Handlungsempfehlungen Bezug, die 2006 von der Enquetekommission „Demographischer Wandel - Herausforderung an die Landespolitik“ in den Landtag eingebracht und von diesem verabschiedet wurden. Für den Bereich Bildung und Erziehung fordern sie dabei die Abschaffung der seit 2007 erhobenen Studiengebühren. Angesichts des drohenden Fachkräftemangels sei das Verhalten der Landesregierung nicht zielführend, kritisieren die Organisationen. Studiengebühren würden zu sozialer Ungerechtigkeit und gesellschaftlicher Spaltung beitragen. Studienabgänger treten häufig mit hohen Schulden in ein ungewisses Berufsleben ein, so die Stellungnahme.

In mehreren Bereichen fehlt es aus Sicht der vier landesweiten Organisationen am Entwickeln und Umsetzen von Gesamtkonzepten. In der Pflege könne zwar der vom Landespflegeausschuss vorgelegte Landespflegeplan diese Funktion wahrnehmen, dazu müsste er allerdings von der Landesregierung als sozialpolitisch verbindliche Konzeption beschlossen und entsprechend wirksam werden.

„Für ein selbstbestimmtes Leben im Alter in der eigenen Häuslichkeit sind flankierende Maßnahmen zwingend erforderlich“, so der Vorsitzende des Landesseniorenrates, Roland Sing. Dazu zählen vor allem die Weiterentwicklung von technischen Hilfen und Assistenzsystemen sowie die Förderung von Telemedizin und Telemonitoring. Technische Hilfen für das Leben im Alter müssen allen Menschen zugänglich und leicht anwendbar sein.

Ein weiteres von der Enquete vorgeschlagenes Gesamtkonzept betrifft das ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement. Hier sei ein konzeptionelles Miteinander der verschiedenen Beteiligten nötig, um vorhandene Doppelstrukturen abzubauen und Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement zu verzahnen. Ehrenamtliche, freiwillig Engagierte und Hauptberufliche müssten systemtisch zusammen arbeiten und das Ehrenamt dürfe nicht als Lückenbüßer missbraucht werden.

Sozialpolitischen Sprengstoff sehen die Unterzeichner der Stellungnahme auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Beschäftigte, die sich für die Betreuung von Kindern oder die Pflege kranker und alter Menschen von ihrem Arbeitgeber freistellen lassen, müssten besser als bisher geschützt werden. Von einzelnen Unternehmen sei bekannt, dass sie Freistellungen dazu nutzten, die betroffenen Arbeitnehmer/innen aus ihren Arbeitsverhältnissen zu drängen, um so betriebliche Rationalisierungsziele zu verfolgen. Dies müsse durch entsprechende rechtliche Maßnahmen verhindert werden, so die Forderung.

„Bei den Fragen, welche Maßnahmen in Bezug auf den demographischen Wandel angezeigt sind, besteht in Baden-Württemberg kein Generationenkonflikt“, betonte die stellvertretende Vorsitzende des Landesjugendrings, Kerstin Sommer, resümierend anlässlich der Anhörung.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung von Landesfrauenrat (LFR), Landesseniorenrat (LSR), Landesfamilienrat (LFamRat) und Landesjugendring (LJR) in Baden-Württemberg.

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