Interview

Traumapädagogik in der Praxis

Was bedeutet es, traumapädagogisch zu arbeiten? Und warum ist die traumapädagogische Arbeit so wichtig? Im Interview gibt Sozialpädagogin und Traumatherapeutin Sabine Wieczorkowsky vom SOS-Kinderdorf Worpswede Einblicke in ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einer traumapädagogischen Wohngruppe.

21.07.2023

Viele der jungen Menschen, die in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe aufwachsen, bringen traumatische Erfahrungen aus ihrer Kindheit mit. Diese hinterlassen Spuren und zeigen sich oft in extremem Verhalten – eine Herausforderung für den pädagogischen Alltag. Doch wer mit der „traumapädagogischen Brille“ auf die Situation blickt, weiß: „Alles, was ein Kind zeigt, ergibt einen Sinn im Kontext seiner Geschichte“.

Sabine Wieczorkowsky leitet im SOS-Kinderdorf Worpswede eine traumapädagogische Wohngruppe mit sechs Kindern und Jugendlichen. Im Interview gibt sie Einblick in die Arbeit ihres Teams:

  • Was bedeutet es, traumapädagogisch zu arbeiten?
  • Was brauchen die betreuten Kinder und Jugendlichen und welche Anforderungen stellen sich den Fachkräften?
  • Wie wird die pädagogische Beziehung gestaltet?

Dabei geht die Sozialpädagogin und Traumatherapeutin auf Praxisbeispiele ein und erläutert konkrete Methoden, die den betreuten Kindern und Jugendlichen helfen, die Kontrolle über ihr Verhalten wiederzugewinnen und so die eigenen  Ressourcen zu stärken.

Mit Definitionen zu Trauma und Traumapädagogik sowie mit prägnanten Erklärungen relevanter Begriffe wird das komplexe Thema anschaulich:

„Wenn ein Kind Essen unter der Matratze versteckt, weil es als Kleinkind unter einer starken Mangelernährung gelitten hat, war das damals eine angemessene Reaktion auf eine unerträgliche Situation. Die Erfahrung des Mangels sitzt so tief, dass sie die Kinder auch als junge Erwachsene noch begleitet. Da muss der Kühlschrank immer übermäßig voll sein und es ist schwer zu ertragen, wenn da nur eine Packung Margarine und zwei Stück Brot drin sind. Die früher sinnvollen Reaktionen wirken also nach und helfen – aus der Perspektive des Kindes – den Alltag zu bewältigen. Zugleich sind sie aber eine Belastung. Das Wissen um die Hintergründe solcher Verhaltensweisen leitet unser Handeln im Alltag: Es verändert unsere Perspektive und wir können anders mit der Situation umgehen. Als Fachkräfte versuchen wir, Schritt für Schritt alternative Strategien gemeinsam mit den Kindern zu überlegen: Zum Beispiel probieren wir es mit einer vollen Obstschale, die immer auf dem Zimmer steht. Oder das Kind darf trotz bestehender Regel auch mal nach dem Abendbrot an den Kühlschrank gehen…“

Das Interview „Wenn die Amygdala das Kommando übernimmt – Traumapädagogik in der Praxis“ ist auf der Webseite des SOS-Kinderdorf e.V. veröffentlicht.

Redaktion: Annika Klauer

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