Behinderten- und Erziehungshilfe
Smart Home und digitale Lösungen erkunden – Forschungsprojekt entwickelt Methodenkoffer
In stationären Einrichtungen der Behinderten- und Erziehungshilfe erleben Kinder und Jugendliche häufig eine mangelnde digitale Teilhabe. Daher hat die TH Köln mit ihren Partnern in einem Forschungsprojekt Methoden zur Entwicklung von Technikideen für den Alltag konzipiert. Das Ergebnis ist ein Methodenkoffer, der kostenlos ausgeliehen oder nachgebaut werden kann.
14.02.2024
„Jugendliche, die stationär untergebracht sind, haben laut verschiedener Studien weniger Zugang zu digitalen Medien als ihre Altersgenossen. Das bedeutet für sie einen entscheidenden Nachteil und verringert ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben“, erläutert Projektleiterin Prof. Dr. Isabel Zorn von der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln. Um diese Zielgruppe an die Nutzung digitaler Tools heranzuführen, haben sich Professor*innen der TH Köln aus den Fachbereichen Medienpädagogik, Informatik und Design sowie Träger von stationären Einrichtungen im interdisziplinären Projekt INTIA zusammengeschlossen.
Lösungen für Alltagsprobleme
In mehreren Workshops erkundeten die Forscher*innen gemeinsam mit den Jugendlichen, welche Technologien diese bereits nutzen und welchen Problemen und Schwierigkeiten sie in ihrem Umfeld begegnen. „Dann kam die Corona-Pandemie und wir konnten nicht mehr vor Ort sein. Unseren partizipativen Ansatz wollten wir aber nicht aufgeben und so haben die Bewohner*innen Polaroidkameras erhalten, um festzuhalten, was sie im Alltag stört. Auf dieser Basis haben wir dann technische Lösungen entwickelt, die auch Laien anwenden können und die einen direkten positiven Effekt haben“, sagt Zorn.
So wurde beispielsweise eine smarte Trinkflasche für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr erdacht. Ein Erschütterungssensor erkennt, wenn die Flasche zum Trinken gekippt wird und startet einen Timer. Wenn dieser abläuft, ohne dass die Flasche vorher erneut gekippt wird, gibt ein Lautsprecher ein akustisches Signal ab, das an das Trinken erinnert. „Mit dieser und ähnlichen Lösungen führen wir die Jugendlichen an Grundlagen der Informatik wie Wenn-Dann-Programmierungen heran, motivieren sie durch den direkt sichtbaren Erfolg und verbessern ihren Alltag“, fasst Zorn zusammen.
INTIA-Koffer leihen oder nachbauen
Aus diesen Experimenten und Entwicklungen entstand der sogenannte INTIA-Koffer, der es stationären Einrichtungen ermöglicht, ähnliche Projekte umzusetzen. Um die Jugendlichen mit den Grundlagen vertraut zu machen, erarbeiteten die Forscher*innen ein Escape Game. Während die Spieler*innen die darin enthaltenen Rätsel lösen, lernen sie Grundprinzipien von Smart Home wie Kontakt- oder Berührungssensoren kennen und erkunden die Anwendungsmöglichkeiten. Der Koffer enthält auch Spielkarten, um Wenn-Dann-Logiken analog zu konstruieren, und ein Gefühl für die Möglichkeiten zu erhalten.
„Mit unserem Koffer vermitteln wir den Jugendlichen ein Grundverständnis für Smart Home sowie technische Prinzipien und hoffen, sie für diesen Bereich zu interessieren, der unser Leben künftig immer stärker bestimmen wird. Für Fachkräfte der Sozialen Arbeit ist das Projekt spannend, weil technische Lösungen bestimmte Alltagsprobleme erleichtern und die Tätigkeit in der Sozialarbeit bereichern können“, so Zorn. Der INTIA-Koffer kann ausgeliehen oder nachgebaut werden. Weitere Informationen und Unterstützung beim Einsatz gibt Fabian Hesterberg, Bildungsfachkraft an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln, unter fabian.hesterberg@th-koeln.de.
Über das Projekt
„INTIA – Inklusive Entwicklung von Methoden und Technologien für Hilfen zur Alltagsbewältigung in der Behinderten- und Erziehungshilfe“ war ein Projekt des Instituts für Medienforschung und Medienpädagogik IMM, des Cologne Institute for Digital Ecosystems und der Köln International School of Design der TH Köln. Partner waren die Diakonie Michaelshoven, die Evangelische Jugendhilfe Godesheim gGmbH und die Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Vorhaben über vier Jahre.
Weitere Informationen: Website INTIA (extern)
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. vom 06.02.2024
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