Mecklenburg-Vorpommern

Jugendverbände fordern Förderung vom Land für bezahlbare Ferienfreizeiten

Ferienfreizeiten sind in der Jugendverbandsarbeit prägende Räume für Kinder und Jugendliche. Hier finden Begegnungen statt, eigene Grenzen werden erlebt, ausgetestet, oder gar überwunden, Kinder und Jugendliche lernen in einer Gemeinschaft Gegensätze und Kompromisse auszuhandeln. Doch bezahlbare Ferienfreizeiten sind nun in Mecklenburg-Vorpommern gefährdet.

06.11.2023

Nach aktuellem Planungsstand im Sozialministerium wird die Förderung von Ferienfreizeiten über die Richtlinie 4 des Landesjugendplans ab Januar 2024 auf 2,50 Euro bzw. 10 Euro (junge Menschen, die in ihren Chancen und Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe eingeschränkt sind) pro Tag / Teilnehmende festgelegt. Diese niedrige Fördersumme hätte zur Folge, dass die Teilnehmendenbeiträge für Ferienfreizeiten eine Höhe erreichen, die sich viele Familien in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr leisten können.

Finanzierung durch Corona-Aufhol-Paket endet 2023

Durch das „Aufholen-nach-Corona-Paket“ wurde die Finanzierung von Ferienfreizeiten temporär auf 15 Euro bzw. 25 Euro pro Tag und Teilnehmende angehoben. Mit Ablauf diesen Jahres sind die Mittel aus dem Paket aufgebraucht und die Fördersätze fallen auf den oben genannten Betrag zurück.

„Durch diese zusätzliche Förderung konnten die Jugendverbände auskömmliche Freizeiten mit abwechslungsreichen Programmen durchführen, und dabei moderate Teilnehmendenbeiträge erheben. Der tiefe Fall der Ferienfreizeiten auf den alten Fördersatz von 2,50€ pro Tag und Teilnehmenden stellt die Jugendverbandsarbeit vor Herausforderungen, von denen wir nicht wissen, wie wir sie lösen können.“,

sagt Johannes Beykirch, Vorstandssprecher des Landesjugendrings M-V.

„Ferienfreizeiten sind ein zentraler Bestandteil jugendverbandlicher Arbeit. Das ganze Jahr werden ehrenamtliche Gruppenleiter*innen geschult und die Freizeiten werden umfassend vor- und nachbereitet. Dabei geht es nicht um wirtschaftlichen Profit – unsere Freizeiten sind nicht auf einen finanziellen Gewinn ausgerichtet, sondern darauf, den jungen Teilnehmenden unvergessliche Erfahrungen zu ermöglichen. Und das wollen wir allen ermöglichen, ganz egal, wie viel Geld die jeweilige Familie hat“,

so Beykirch weiter.

Kosten für Ferienfreizeiten angestiegen

Die Corona-Pandemie und die permanenten Krisen, wie der Angriffskrieg auf die Ukraine, haben für einen massiven Anstieg der Übernachtungskosten gesorgt sowie für gestiegene Preise bei Lebensmitteln, Miet- oder Energiekosten. Das macht sich auch in der Finanzierung von Ferienfreizeiten bemerkbar – selbst auf Zeltplätzen und bei eigener Verpflegung. So sorgen allein diese Posten schon für einen massiven Anstieg der Kosten, ohne dass Gelder für die inhaltliche Gestaltung einer Freizeit eingeplant werden konnten.

Der SJD - Die Falken Landesverband M-V führt jedes Jahr zwei achttägige Feriencamps mit jeweils etwa 50 Personen durch. Nach derzeitigem Stand wird die Förderung für beide Camps nach Auslaufen des Aufholen-nach-Corona-Paketes um 80% von 10.000 Euro auf 2.000 Euro sinken. „Würden wir die fehlende Summe eins zu eins auf die Teilnahmebeiträge umlegen, müssten wir diese um knapp 45% erhöhen und die Teilnahmebeiträge würden auf über 400 € steigen. Gleichzeitig melden sich bei uns jedes Jahr mehr Eltern, die sich den aktuellen Beitrag schon nicht leisten können und nach Unterstützungsmöglichkeiten fragen. Unter diesen Bedingungen werden wir die Camps nicht durchführen können, da wir keine Jungendverbandsarbeit nur für Reiche machen möchten.“, so Jens Wodrich, Organisationsreferent SJD- Die Falken Landesverband M-V.

Ähnliches berichteten Mitarbeitende des ev. Kinder- und Jugendwerkes Mecklenburg. „Beim RatzPlatz Abenteuercamp kommen jedes Jahr in den Sommerferien fast 200 Kinder für eine Woche zusammen, um gute Zeit miteinander zu verbringen, zu singen, zu lachen und Abenteuer miteinander zu erleben.“, so Janne-Marije Bork, Jugendreferentin im Ev. Kinder- u. Jugendwerk Mecklenburg. „Bisher konnten wir einen erschwinglichen Teilnahmepreis von 75,00€ pro Kind anbieten, doch leider müssen wir fürs nächste Jahr das Doppelte veranschlagen.“, ergänzt Marcus Wergin, Referent für die Arbeit mit Familien im Ev. Kinder-u. Jugendwerk Mecklenburg.

Mecklenburg-Vorpommern: Schlusslicht bei der Förderung von Ferienfreizeiten

Im Ländervergleich bildet Mecklenburg-Vorpommern damit bei der Förderung von Ferienfreizeiten bzw. außerschulischen Bildungsmaßnahmen das Schlusslicht. So werden beispielsweise in unserem Nachbarbundesland Brandenburg für Bildungsmaßnahmen im Freizeitbereich 30 Euro pro Tag und Teilnehmer*in gefördert, unabhängig vom sozialökonomischen Hintergrund der Familien. Das bedeutet, dass in Mecklenburg-Vorpommern 27,5 Euro weniger Förderung für jeden Tag pro Teilnehmenden zur Verfügung stehen.

Der Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern sowie der DJH-Landesverband M-V werben bei der Landesregierung dafür, die Fördersätze des „Aufholen-nach-Corona-Paketes“ beizubehalten. Diese sind notwendig, um bei den aktuellen Preisentwicklungen die Elternhäuser der Teilnehmenden nicht zu überlasten. Eine ausreichende Finanzierung für einzelne Teilnehmende ist ohnehin nicht gegeben. Mehrbedarf kommt aber zum Tragen, weil die auf Teilhabefinanzierung angewiesenen Elternhäuser immer mehr werden.

„Wir betreiben Unterkünfte für die Bedürfnisse von Jugendgruppen. Der Bedarf für Gruppenfahrten und die Entschlossenheit der Träger, diese durchzuführen, ist ungebrochen. Doch die Finanzierungslücke, die bei immer mehr Familien durch die Folgen der Inflation besteht, können nicht wir als Jugendhilfeträger schließen. Als gemeinnütziger Betrieb arbeiten wir bestenfalls kostendeckend. Das bedeutet, wenn auch für uns die Anbieterkosten steigen, kommen wir nicht umhin, die Angebotspreise zu erhöhen. Deshalb fordern wir mit aller Unnachgiebigkeit eine bedarfsgerechte Förderung für Kinder und Jugendliche und für Jugendhilfeträger, die für ihre Jugendarbeit unsere Häuser nutzen! Die Verantwortung liegt in staatlicher Für- und Vorsorge, denn schließlich wollen wir alle eine für die Zukunft gestärkte Jugend. Die zurzeit geplanten Mittel decken nicht den Bedarf. Die Folgen nicht bedarfsgerechter Förderung sind weitreichend. Weniger Fahrten schwächen die Trägerstrukturen und werden dazu führen, dass Angebote trotz steigenden Bedarfs für immer aufgegeben werden. Ein Teufelskreis mit schweren Folgen für die Zukunft.“,

so Kai-Michael Stybel, Vorstand des DJH-Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern.

Quelle: Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern vom 02.11.2023

Redaktion: Kathrin Stopp

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