Offener Brief von 54 zivilgesellschaftlichen Organisationen

Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie

Viele der vom Bund geförderten Demokratieprojekte werden Mitarbeitende entlassen müssen. In einigen Fällen werden über Jahre gewachsene Projekte für immer ihre Türen schließen. Der Grund dafür ist die Ausgabensperre und der noch nicht verabschiedete Haushalt 2024 der Bundesregierung, die die Auszahlung der zugesagten Förderungen für die Projekte bis auf weiteres auf Eis legt.

13.12.2023

Die derzeitige Ausgabensperre für 2024 der Bundesregierung verhindert die Auszahlung zugesagter Förderungen. Für uns als Organisationen der Zivilgesellschaft hat das dramatische Folgen: Viele der Projekte haben nicht die Ressourcen, um Gehälter vorzufinanzieren. Es droht das Sterben einer zivilgesellschaftlichen Landschaft, die sich seit Jahren überall in diesem Land für die Stärkung und Verteidigung der Demokratie, die Förderung von Medienbildung und Medienkompetenz, für Vielfalt sowie gegen digitale Gewalt und Desinformation engagiert. Dabei ist unsere Demokratie so stark bedroht wie noch nie – durch den Rechtsextremismus, durch die Vertrauenskrise, durch Antisemitismus, Islamismus, Rassismus, Antiziganismus und Queerfeindlichkeit sowie durch Angriffe auf Amts- und Mandatsträger und -trägerinnen.

Gefährdet sind die Arbeitsplätze, die bei anhaltendem Stopp der Bewilligung von Anträgen, der Weigerung Mittel zuzuweisen und der sowieso fehlenden strukturellen Förderung nicht gehalten werden können. Menschen, die sich mit großem Engagement, viel Wissen und Mut engagieren, werden ihren Arbeitsplatz verlieren und damit ist die inhaltliche und praktische Umsetzung der Arbeit nicht mehr möglich.

Wir brauchen jetzt die sofortige Freigabe der Fördermittel. Nur so kann die Weiterarbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen gesichert werden.

Und nur so können unsere Organisationen sich gegen die Vertrauenskrise vieler Menschen in den demokratischen Staat, für rechtsstaatliche Antworten auf die aktuellen Krisen, nicht zuletzt auch für eine klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Tendenzen, die sich in der Mitte der Gesellschaft ausbreiten, einsetzen. Eine Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn reicht nicht aus, da die eigenen Mittel der Vereine und Institutionen zu beschränkt sind, um auf eigene Kosten mit der Umsetzung der Projekte zu beginnen.

Wir fordern:

  • Aufhebung der Ausgabensperre für die Fördermittel der zivilgesellschaftlichen Organisationen, in Bezug auf Projekte, die im Haushaltsentwurf angelegt sind
  • die zügige Umsetzung des seit über zehn Jahren immer wieder angekündigten Demokratiefördergesetzes
  • stärkere und dauerhafte strukturelle Förderung und mehr Durchlässigkeit bei der Förderung
  • keine Einsparung bei der Förderung und Finanzierung aller Projekte und Institutionen, die sich für unsere liberale Demokratie einsetzen.

Der Gestaltungsspielraum für zivilgesellschaftliche Arbeit darf nicht weiter eingeschränkt werden, sondern muss gerade in diesen Zeiten stärker ausgebaut werden, um unser demokratisches Gemeinwesen zukunftsfähig gestalten zu können.

 

Erstunterzeichner*innen (alphabetisch geordnet)

  1. adis e. V.
  2. Akademie Waldschlösschen – Stiftung Rainer Marbach und Ulli Klaum
  3. Amadeu Antonio Stiftung
  4. Antidiskriminierungsforum Saar e. V.
  5. Antidiskriminierungsverband Deutschland e. V.
  6. Annette Joggerst, Antidiskriminierungsberaterin
  7. basis & woge e. V.
  8. betterplace lab
  9. betterplace.org
  10. BfDA Stuttgart
  11. bUm – Raum für solidarisches Miteinander
  12. Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ e. V.
  13. Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus
  14. Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus e. V.
  15. CLAIM
  16. Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. (NDC in Sachsen)
  17. Cultures Interactive e. V.
  18. Das NETTZ
  19. Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe)
  20. Deutsches Kinderhilfswerk e. V.
  21. Distanz e.V.
  22. Each One Teach One e. V.
  23. elly – Beratung für Betroffene von Hatespeech in Thüringen
  24. Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
  25. Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung/ ISTA/ INA Berlin gGmbH
  26. FITT – Institut für Technologietransfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes gem. GmbH
  27. Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
  28. Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.
  29. gut.org gAG
  30. HateAid
  31. Hildegard Lagrenne Stiftung für Bildung, Beteiligung und Inklusion von Sinti und Roma in Deutschland
  32. Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA e. V.)
  33. Initiative Offene Gesellschaft e. V.
  34. Jugendbildungsstätte LidiceHaus gGmbH
  35. korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e. V.
  36. Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg e. V.
  37. Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)
  38. Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V.
  39. mitMachen e. V.
  40. Modus | Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung gGmbH
  41. Mosaik Deutschland e. V.
  42. Nava Zarabian – Politische Bildnerin
  43. Neue deutsche Medienmacher*innen e. V.
  44. neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e. V.
  45. Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC)
  46. Opferberatung Rheinland (OBR)
  47. Opferperspektive e. V.
  48. Schwulenberatung Berlin gGmbH
  49. Türkische Gemeinde in Deutschland e. V.
  50. Ufuq e. V.
  51. Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e. V.)
  52. Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e. V., Träger der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)
  53. Violence Prevention Network gGmbH
  54. Volksverpetzer VVP gUG

Quelle: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V. vom 11.12.2023

Redaktion: Sofia Sandmann

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