Portugal

Auswirkungen der Coronapandemie auf psychisches Wohlbefinden junger Menschen

Eine neue Studie von WHO/Europa zum Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter (HBSC-Studie), die in Kooperation mit Aventura Social durchgeführt wurde, zeigt, dass im Jahr 2022 über die Hälfte der portugiesischen Kinder häufig unglücklich war. Die Studie stellt außerdem eine Zunahme bei selbstverletzendem Verhalten fest.

28.06.2023

Am 11. März 2020 wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des COVID 19 verursachenden Virus einzudämmen, darunter auch die Schließung von Bildungseinrichtungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit außerhalb des eigenen Zuhauses. Infolgedessen mussten viele Kinder im schulpflichtigen Alter zwischen März und August 2020 und von Januar bis Februar 2021 auf Online-Unterricht umstellen.

Auch nach ihrer Rückkehr in die Schulen wurden Präventionsmaßnahmen und Interventionen fortgesetzt. Dies umfasste etwa die Nutzung zertifizierter Schutzmasken, körperliche Abstandhaltung, die Einhaltung vorgegebener Bewegungsrichtungen in Schulgebäuden, die Durchführung von COVID-19-Tests und die Einhaltung von Impfplänen. Im Falle eines positiven Testergebnisses wurden die Kinder aufgefordert, sich 7–10 Tage lang zu Hause zu isolieren. Während einige Kinder sich in dieser neuen Realität als sehr widerstandsfähig erwiesen und darin aufgingen, hatten andere mit einer sich verschlechternden psychischen Gesundheit zu kämpfen.

Erfahrungen von Jugendlichen während der COVID-19-Krise

„Durch die aktive Einbeziehung von und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Jugendlichen bei unseren Forschungsarbeiten gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse über die Themen und Probleme, die sich unmittelbar auf ihr Wohlbefinden auswirken“, erklärt Cátia Branquinho vom HBSC-Team in Portugal. „Ihre Perspektive kann eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Interventionen und Strategien für die Verbesserung der psychischen Gesundheit und allgemeinen Lebensqualität von Jugendlichen spielen.“

In Anerkennung der Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit jungen Menschen und ihrer Einbeziehung in Gespräche zu Themen, die sie unmittelbar betreffen, interviewte das Team Jugendliche und befragte sie zu ihren Erfahrungen und ihrer psychischen Gesundheit während der Pandemie.

  • Joana, heute 13 Jahre alt, erläutert, wie unmotiviert sie sich zu Hause fühlte: „COVID-19 hat mir einige Probleme bereitet: mangelnde Aufmerksamkeit, Stress und schlechte Konzentrationsfähigkeit. Ich hatte keine Lust, irgendetwas zu machen. Ich wollte nur schlafen, essen und andere alltägliche Dinge tun.“
  • Mariana, ebenfalls 13, erklärt, wie sich die soziale Distanzwahrung auf ihre psychische Gesundheit ausgewirkt hat: „Ich habe mich zweimal mit COVID-19 infiziert und war viermal zu Hause eingesperrt und nicht in der Lage, rauszugehen. Ich fühlte mich nicht wirklich krank, meine Mutter hingegen schon, und das Gefühl, sie anzuschauen und Angst zu haben, dass ich sie verlieren könnte, hat jegliche Hoffnung in mir zerstört. Dieses Gefühl, im gleichen Haus zu leben und einander nicht sehen zu dürfen, in deinem eigenen Zuhause eine Maske tragen zu müssen, immerzu Schmerzen zu haben, und meine Großeltern nur auf der anderen Seite eines Fensters sehen zu dürfen, hat mich verändert.“
  • Lara, 12 Jahre alt, erzählt, wie sie langsam ihr Selbstvertrauen zurückgewinnt: „Ich fühle mich angesichts all dessen, was passiert ist, so unmotiviert, dass ich gar keine Lust mehr habe, die Dinge zu tun, die ich früher gern getan habe. Ich hörte auf, mit vielen meiner Freunde zu sprechen, aber habe nach der Aufhebung der Lockdowns wieder angefangen, mehr mit Leuten zu interagieren, und fühle mich wieder etwas selbstsicherer.“

Psychische Gesundheit von Jugendlichen unter Druck

„Kinder haben zunehmend mit dem Gefühl zu kämpfen, aufgrund von Unglücklichsein oder Unzufriedenheit überfordert zu sein“, erläutert Tania Gaspar, Forschungsleiterin der HBSC-Studie in Portugal.

Dem Team zufolge berichteten 72,3 % der Kinder, glücklich zu sein; 27,7 % fühlten sich unglücklich. „Diese Daten deuten auf einen Rückgang der psychischen Gesundheit im Vergleich zu Daten aus den zwei vorherigen Studien aus den Jahren 2014 und 2018 hin“, erklärt Tania. Über die Jahre hinweg berichten zudem immer mehr Kinder, sich so unglücklich zu fühlen, dass sie Schwierigkeiten haben zurechtzukommen.

Die Studie stellte eine Zunahme bei selbstverletzendem Verhalten fest, und mehr Kinder sahen sich selbst als übergewichtig an, was sich negativ auf ihre Gesundheit und ihre Körperwahrnehmung auswirkte.

„Angesichts neuer Herausforderungen bemühen wir uns darum, die psychische Gesundheit und das seelische Wohlbefinden dieser Kinder im schulpflichtigen Alter stetig zu verbessern“, fügt Margarida Gaspar de Matos, Stellvertretende Forschungsleiterin der HBSC-Studie in Portugal, hinzu.

Das Team von Aventura Social unterstützt aktiv die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines „Observatoriums für psychische Gesundheit und seelisches Wohlbefinden: Überwachung und Maßnahmen“ in portugiesischen Schulen unter der Leitung der portugiesischen Generaldirektion für Bildungsstatistiken und Wissenschaft. Ziel dieser Initiative ist die Erfassung und Überwachung von Indikatoren für psychische Gesundheit und seelisches Wohlbefinden in portugiesischen Schulen in der Absicht, entsprechend den identifizierten Bedürfnissen differenzierte Interventionsvorschläge nach Altersgruppen und geografischen Regionen auszuarbeiten.

Quelle: World Health Organisation (WHO) vom 20.06.2023

Redaktion: Silja Indolfo

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