Europäischer Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt

Fokus auf der Stimme Betroffener

Der 18.11. macht auf Initiative des Europarats jährlich auf die Thematik sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen und auf ihre sexuelle Ausbeutung aufmerksam. In diesem Jahr liegt der Fokus darauf, von Betroffenen zu lernen, um Kinder besser zu schützen und Betroffenen zu helfen.

16.11.2023

Karl Haucke, Mitglied des Fachbeirates der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW und des Betroffenenrates der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM):

„Sexualisierte Gewalt beginnt unscheinbar. Schau hin. Nimm wahr. Nimm Deine Verantwortung in die Hand.“

Mit dem oben stehenden Appell wendet sich Karl Haucke, Mitglied des Fachbeirates der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW und des Betroffenenrates der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), an alle Erwachsenen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten oder leben.

Was bedeutet dieser zentrale Aufruf konkret für die Praxis der Präventionsarbeit?

Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens und Hinhörens. Das können wir erreichen, wenn wir Erwachsenen Kinder und Jugendliche in ihren Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen ernst nehmen und sie als Expert*innen ihrer eigenen Lebenswelten wahrnehmen. Wenn wir über das strategische Vorgehen von Tätern und Täterinnen informiert sind, können wir ihre Täuschungs- und Manipulationsversuche ins Leere laufen lassen. Wir müssen falsche Vorstellungen hinsichtlich sexualisierter Gewalt kennen und richtigstellen. Und wir müssen das Thema enttabuisieren und wissen, dass sexualisierte Gewalt überall vorkommen kann. Das gilt für pädagogische Fachkräfte ebenso wie für Eltern und Erziehende.

Wir benötigen die klare Haltung, bei Grenzverletzungen bzw. Übergriffen entsprechend Position zu beziehen. Im Vermutungsfall brauchen wir Erwachsenen Handlungsfähigkeit. Und wir sollten Alltagsrituale, Traditionen und auch eigenes Handeln kritisch reflektieren und daraufhin prüfen, ob unser eigenes Verhalten Heranwachsenden gegenüber achtsam und grenzwahrend ist.

Für Organisationen bzw. Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Vereine und Verbände bedeutet das Etablieren einer solchen Kultur des Hinsehens, Hinhörens und Handelns, präventive Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt strukturell zu verankern. Das kann nur gelingen, indem sie verbindliche Schutzkonzepte gegen Gewalt entwickeln.

Nur da, wo Erwachsene hinsehen, wo sie informiert, handlungsfähig und selbst-)kritisch sind, da sind Kinder und Jugendliche besser geschützt. Denn wir Erwachsenen sind verantwortlich für den Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Tipp: Auch die aktuelle Kampagne der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) appelliert in ihrer zweiten Phase, „Schieb deine Verantwortung nicht weg“, an alle Erwachsenen, hinzusehen und Verantwortung zu übernehmen. Die Kampagne unter www.nicht-wegschieben.de  informiert insbesondere darüber, was Erwachsene bei einer Vermutung oder einem komischen Bauchgefühl tun können.

Der Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt wurde vom Europarat initiiert. Er soll die Thematik ins Bewusstsein der Öffentlichkeit heben, Diskussionen rund um Prävention und Schutz anregen und gegen die Stigmatisierung Betroffener angehen. Außerdem soll er die Umsetzung der Lanzarote-Konvention („Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“) vorantreiben.

Mehr Informationen zur Prävention sexualisierter Gewalt.

Die PsG.nrw ist die erste Fachstelle eines Bundeslandes zur Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Vorrangig richtet sich ihr Angebot an Fachkräfte der freien Kinder- und Jugendhilfe und Akteur*innen in der Prävention von sexualisierter Gewalt. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Wissensvermittlung, fachliche Vernetzung, die flächendeckende Qualifizierung von Fachkräften und die Verankerung von institutionellen Schutzkonzepten. Die PsG.nrw berät zu Schutz und Vorbeugung, vernetzt Akteur*innen und Angebote und leistet einen aktiven Beitrag zur Qualitätsentwicklung. Außerdem vermittelt sie an Fachberatungsstellen und regionale Angebote. So schafft sie Handlungssicherheit und Orientierung. Die Fachstelle sitzt in Köln und wird gefördert vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW. Trägerin ist die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) NRW. Auf regionaler Ebene wird die PsG.nrw von 5 Regionalstellen in den einzelnen Regierungsbezirken unterstützt.

Redaktion: Antje Lehbrink

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