Kinder- und Jugendarbeit

JiVE-Fachkolloquium gab Impulse für Empowerment in der internationalen Jugendarbeit

Albert Klein-Reinhardt (BMFSFJ): "Internationale Jugendarbeit ist ein Mehrwert für die Gesellschaft"

70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen 5 Teilinitiativen der jugendpolitischen Initiative JiVE hatten am 19. und 20. Juni in Bad Honnef Gelegenheit zu Vernetzung und fachlichem Austausch rund um das Thema Empowerment als Aspekt der Öffnung internationaler Jugendarbeit für alle jungen Menschen.

21.06.2012

Aus 5 Teilinitiativen besteht die jugendpolitische Initiative JiVE, eine sechste wird in Kürze folgen. Allen ist gemeinsam, dass sie die Chancen der internationalen Jugendarbeit für Bildung und Teilhabe allen Jugendlichen zugänglich machen wollen, auch denen, die bisher wenig Möglichkeiten hatten, diese Angebote wahrzunehmen. Die Teilinitiativen sind jedoch in unterschiedlichen Arbeitsfeldern tätig – in der Jugendverbandsarbeit, den Kommunen, der Jugendsozialarbeit und der Qualifizierung von Trägern. Praktische Berührungspunkte ergeben sich dadurch nicht von selbst. Das JiVE-Fachkolloquium führte die Akteure der Teilinitiativen zusammen und gab ihnen Gelegenheit zu fachlichem Austausch, Vernetzung und auch Überprüfung der Ziele von JiVE. Das Fachkolloquium setzte einen inhaltlichen Schwerpunkt auf Empowerment als zentralen Aspekt internationaler Jugendarbeit.

Mit Empowerment bezeichnet man Strategien, die Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen und es ihnen ermöglichen, ihre Interessen und ihr Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Im Kontext der jugendpolitischen Initiative JiVE bedeutet dies, benachteiligten jungen Menschen mit den Mitteln internationaler Jugendarbeit Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe zu eröffnen.

Marie-Luise Dreber, Direktorin von IJAB, sprach in ihrer Begrüßung die Vielfalt der beteiligten Partner an. Neben Verbänden, Kommunen und Trägern seien beispielsweise auch Schulen, Jugendzentren und Handwerkskammern beteiligt. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung internationaler Jugendarbeit in die Breite zu tragen und für Bildung und Teilhabe zu nutzen. Sie verwies auf erste Erfolge der Teilinitiativen. So seien durch „Kommune goes international“ erste kommunale Entwicklungspläne zur Verankerung internationaler Jugendarbeit entstanden, der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) unterstütze den Bund der Alevitischen Jugend beim Aufbau einer eigenen Zentralstelle für Fördermittel.

Albert Klein-Reinhardt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) nahm den Tagungsort Bad Honnef zum Anlass, auf die Entwicklung und Geschichte der internationalen Jugendarbeit hinzuweisen. Er erinnerte an die Westintegration Deutschlands in der Adenauer-Ära, die Versöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern im Westen und die damit verbundene Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks 1963, das seinen Sitz bis 2000 in Bad Honnef hatte. Heute kämen wesentliche Impulse aus Europa. „Die klassischen Dimensionen europäischer Jugendpolitik – transnationale Mobilität, Voneinander-Lernen, internationale Vernetzung, grenzübergreifende Zusammenarbeit – erfahren aktuell eine neue Aufmerksamkeit in den Strukturen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, wie auch in der nationalen Jugendpolitik“, so Klein-Reinhardt. Dies spiegle sich auch in der Entwicklung einer Eigenständigen Jugendpolitik als neuem zentralen Politikfeld neben der Familien- und Kinderpolitik. Gerade hier könne JiVE einiges beitragen. Jugendlichen faire Chancen für non-formale Lernerfahrungen in Mobilitätsmaßnahmen zu eröffnen und dabei verstärkt Zielgruppen in den Blick zu nehmen, die bislang keine oder wenige Chancen zur Mobilität haben, seien auch Anliegen der Eigenständigen Jugendpolitik. „Internationale Jugendarbeit ist ein Mehrwert für die Gesellschaft“ stellte Klein-Reinhardt fest. Wichtig sei ihm die Stärkung der Träger internationaler Jugendarbeit, sie sollen Jugendpolitik mitgestalten. Auch dafür seien Veranstaltungen wie das JiVE-Fachkolloquium wichtig.

Professor Charles Berg von der Universität Luxemburg referierte zur Geschichte und zum Wandel des Begriffs Empowerment im Spannungsfeld zwischen sozialen Bewegungen, Psychologie und Pädagogik. Er verwies auf die Ursprünge in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Reflektion des Holocausts in Europa. Empowerment stelle weiterhin eine Herausforderung dar und müsse unter den Bedingungen einer demokratischen Gesellschaft zeitgemäß weiterentwickelt werden. Die Europäische Union habe dafür wesentliche Impulse gesetzt. Jugendpolitik sei im europäischen Einigungsprozess allenfalls als Teilaspekt von Bildungspolitik vorgesehen gewesen. Mit dem „Weißbuch Jugend“ sei 2001 ein Meilenstein gesetzt worden, der weitreichende Auswirkungen auf die jeweilige nationale Jugendpolitik der Mitgliedsstaaten gehabt hätte. Zugleich mahnte Berg einen sensiblen Umgang miteinander an: „Wir leben alle in einer post-kolonialen Situation“.

Der größte Teil des Fachkolloquiums gehörte jedoch dem direkten Austausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Christof Kriege (JUGEND für Europa), der gemeinsam mit Koordinatorin Maria Schwille (IJAB) durch die Veranstaltung führte, sprach diesen wichtigen Aspekt an. Die fachliche Begleitung und Ausgestaltung der jugendpolitischen Initiative JiVE im Sinne einer Bottom-Up-Perspektive sei wesentlich für ihr Gelingen. Dafür gab es reichlich Raum. Beim „Walking and Talking“ hatten die Teilinitiativen nicht nur die Möglichkeit ihre Arbeit vorzustellen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten auch Gelegenheit Projektpartner zu finden oder Fördermöglichkeiten zu eruieren. Der zweite Tag des Fachkolloquiums war der thematischen Vertiefung in Kleingruppen gewidmet. In vier Gruppen wurde zu Querschnittsthemen, die alle Teilinitiativen betreffen, gearbeitet. Empowerment wurde dabei als Haltung in der internationalen Jugendarbeit, als Mittel gegen Rassismus und Diskriminierung, Chance für benachteiligte Jugendliche und im Kontext von Inklusion beleuchtet und diskutiert. Dieser intensive Austausch war vielen der Anwesenden ein erkennbares Anliegen.

Niels Meggers, Projektleiter der jugendpolitischen Initiative JiVE bei IJAB, griff diesen Wunsch nach Austausch in seinem Abschlussbeitrag auf. Zugleich wies er darauf hin, dass die Chancen, die internationale Jugendarbeit als Querschnittsthema in der Kinder- und Jugendhilfe zu verankern, selten so gut standen wie jetzt. Positionspapiere, Stellungnahmen und Arbeitspläne vieler großer Institutionen, Verbände und Träger – nicht zuletzt auch des BMFSFJ – würden darauf hindeuten. Dies sei Chance und Herausforderung zugleich. Eine Herausforderung, der sich sicher viele der Anwesenden gerne stellen werden.

Die jugendpolitische Initiative JiVE wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

Mehr Informationen: <link http: www.jive-international.de _blank external-link-new-window external link in new>www.jive-international.de

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