UN-Kinderrechtskonvention

Recht auf gesunde Umwelt wird zum offiziellen Kinderrecht

Vor dem Hintergrund von Klimakrise und Umweltzerstörung hat der Ausschuss der UN für die Rechte des Kindes die UN-Kinderrechtskonvention präzisiert. Der Ausschuss veröffentlichte Handlungsleitlinien für Staaten, um das Kinderrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt zu schützen. Der General Comment No. 26. Terre des Hommes unterstützt die Entwicklung als offizieller Partner.

07.09.2023

Zum ersten Mal hat der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes ausdrücklich das Recht jedes Kindes auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt definiert. Der Ausschuss veröffentlichte dazu eine umfassende Erklärung der Verpflichtungen aller Unterzeichnerstaaten der UN-Kinderrechtskonvention.

Diese Konvention, 1989 verabschiedet und von 196 Staaten ratifiziert, formuliert allgemeine Kinderrechte wie das Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung und das Recht auf Gesundheit. Ein „General Comment“ erläutert, was diese Rechte für ein bestimmtes Thema oder einen bestimmten Bereich der Gesetzgebung bedeuten. Der jetzt veröffentlichte „General Comment No. 26 on children’s rights and the environment with a special focus on climate change“ thematisiert ausdrücklich die drohende Klimakatastrophe, das Artensterben und die anhaltende Umweltverschmutzung. Vor diesem Hintergrund benennt das Dokument notwendige Gegenmaßnahmen zum Schutz des Lebens und der Lebensperspektiven von Kindern.

Philip Jaffé, Mitglied des Kinderrechtsausschusses, erklärte dazu:

„Kinder auf der ganzen Welt führen den Kampf gegen den Klimawandel an. Sie haben ihre Regierungen und Unternehmen dazu aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz ihrer Zukunft – und damit der Zukunft des gesamten Planeten - zu ergreifen. Mit dem General Comment No. 26 verleiht der Ausschuss für die Rechte des Kindes nicht nur ihren Stimmen mehr Gehör. Er stellt auch ihre Rechte in Bezug auf ihre Umwelt klar. Staaten sollten diese Rechte respektieren und schützen. Gemeinsam und unverzüglich!“

David Boyd, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt, kommentierte:

„Dieser General Comment ist ein entscheidender Schritt: Er erkennt an, dass jedes Kind auf der Erde das Recht hat, in einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt zu leben. Regierungen müssen nun dringend Maßnahmen ergreifen, um diesen inspirierenden Worten Leben einzuhauchen und die globale Umweltkrise zu bekämpfen.“

Der General Comment No. 26 stellt unter anderem klar: Staaten sind nicht nur dafür verantwortlich, gegenwärtige Kinderrechtsverletzungen zu stoppen, sondern auch dafür, zukünftige Rechtsverletzungen aufgrund ihres heutigen Handelns- oder Nicht-Handelns – zu verhindern. Darüber hinaus betont er, dass Staaten nicht nur für Umwelt- und Klimaschäden innerhalb ihrer Grenzen, sondern auch außerhalb ihres Staatsgebiets zur Verantwortung gezogen werden können. Ein besonderer Fokus gilt dabei den unverhältnismäßig größeren Schäden, denen gerade Kinder ausgesetzt sind, die aufgrund ihres Umfelds oder ihrer Lebenssituation ohnehin benachteiligt sind.

Staaten, die die Kinderrechtskonvention ratifiziert haben, werden aufgefordert, dringend und unverzüglich Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz zu ergreifen. Dazu gehören die Organisation des Ausstiegs aus Kohle, Erdöl und Erdgas und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen, die Verbesserung der Luftqualität, die Gewährleistung des Zugangs zu sauberem Wasser, die Umstellung der industriellen Landwirtschaft und Fischerei auf gesunde und nachhaltige Lebensmittelproduktion sowie der Schutz der Artenvielfalt.

Die Leitlinien sehen vor, dass die Perspektiven von Kindern bei umweltpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden müssen, und sie betonen die entscheidende Rolle umweltbezogener Bildung. Kinder sollen darin bestärkt werden, selbst aktiv zu werden, sich für ihre Belange einzusetzen und sich vor Umweltschäden zu schützen. Der General Comment No. 26 (GC 26) ist dabei seinerseits das Ergebnis globaler Beteiligung aller Generationen, einschließlich umfassender Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, internationalen und regionalen Organisationen unter anderem der Vereinten Nationen, insbesondere aber mit Kindern.

Joshua Hofert, Mitglied des Vorstands von terre des hommes Deutschland, erklärte:

„Kinder sind am wenigsten für die Klimakrise verantwortlich, leiden aber am meisten unter ihren Folgen: Jedes Jahr verlieren 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren ihr Leben durch vermeidbare Umweltschäden. Und dennoch sind Kinder und Jugendliche in praktisch allen umweltpolitischen Entscheidungsprozessen unterrepräsentiert. Mit dem General Comment No. 26 haben wir versucht, genau das zu ändern: Mit mehr als 16.000 Beiträgen von Kindern aus 121 Ländern war es einer der bisher umfassendsten Beteiligungsprozesse von Kindern auf UN-Ebene. Als terre des hommes sind wir stolz darauf, diesen außergewöhnlichen Prozess mit dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes koordiniert zu haben.“

Als offizieller Partner des UN-Kinderrechtsausschusses beteiligte terre des hommes Kinder aus aller Welt über Online-Konsultationen maßgeblich an der Ausgestaltung und den Inhalten des Textes.

Ein eigenes Beratungsgremium – bestehend aus 13 jugendlichen Klima- und Kinderrechtsaktivist*innen – arbeitete über den gesamten Entwicklungsprozess eng mit dem Kinderechtsausschuss zusammen. Auch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) war als Mitglied des Beirats für den General Comment beteiligt, stellte technisches Fachwissen zur Verfügung und trug dazu bei, Meinungen von Kindern aus der ganzen Welt zu sammeln.

Ein Mitglied des sogenannten „Children’s Advisory Teams“, die 16-jährige Āniva von den Pazifischen Inseln, kommentierte:

„Für mich steht dieser General Comment für einen weltweiten Wandel. Und dieser Wandel ist notwendig, damit wir endlich damit vorankommen, Umweltprobleme zu bekämpfen und weltweit Maßnahmen zum Schutz unseres Planeten zu ergreifen – für unsere und für kommende Generationen. Der General Comment gibt Kindern eine stärkere Grundlage im internationalen Recht, um unser Recht auf eine gesunde Umwelt durchzusetzen. Und weltweit wird mehr für die Menschen getan, um ihre Umwelt durch Menschenrechte zu schützen. Der GC26 ist dafür ein wichtiger Baustein.“

In den kommenden Monaten soll der General Comment No. 26 nun auch dabei helfen, kinderrechtliche Verpflichtungen zur Bekämpfung des Klimawandels im Rahmen des Pariser Klimaabkommens näher zu definieren. Dabei schreibt das Dokument unter anderem vor, dass die Wahrung der Kinderrechte bei allen umweltbezogenen Gesetzen, politischen Beschlüssen und Projekten, Verordnungen, Haushalts- oder anderen Entscheidungen geprüft und sichergestellt werden muss. Staaten müssen dem UN-Kinderrechtsausschuss in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte berichten, die sie beim Schutz der Umweltrechte von Kindern gemacht haben.

Paloma Escudero, UNICEF-Sonderberaterin für Kinderrechte und Klimapolitik, sagte:

„Die Bedürfnisse von Kindern werden bei Klimafinanzierung und politischen Entscheidungen noch immer vernachlässigt. Das muss sich ändern. Der General Comment No. 26 ist ein dringender Appell an Staaten, allen Maßnahmen Priorität einzuräumen, die den Schutz der Kindheit im Kontext des Klimawandels betreffen, etwa für das Recht des Kindes auf Bildung, auf sauberes Wasser und eine gesunde Umwelt. Die Klimakrise ist eine Kinderrechtskrise. Jede Regierung hat die Pflicht, die Rechte jedes Kindes in jedem Winkel der Erde zu schützen, insbesondere die Rechte der Jungen und Mädchen in Ländern, die am wenigsten zu diesem Problem beigetragen haben, aber den gefährlichsten Überschwemmungen, Dürren, Stürmen und Hitze ausgesetzt sind.“

Quelle: terre des hommes - Hilfe für Kinder in Not vom 28. August 2023

Redaktion: Celine Richter

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