Beschäftigung und Unternehmergeist

Praktika und Ausbildung

Offizielle Richtlinien für Praktika und Lehrstellen

Rechtliche Rahmenbedingungen

Deutschland verfügt über ein breit gefächertes Angebot der beruflichen Ausbildung, das durch Förderangebote der Berufsvorbereitung und Praktika ergänzt wird. Im Bereich der Berufsausbildung ist zu unterscheiden zwischen der Dualen Berufsausbildung und der schulischen Berufsausbildung. 

Die Duale Berufsausbildung erfolgt in einem Betrieb, der Besuch einer Berufsschule ist für die Dauer der Berufsausbildung obligatorisch. Während der Betrieb für die praktische Ausbildung verantwortlich ist, vermittelt die Berufsschule theoretisches und fachpraktisches Wissen zum Ausbildungsberuf. Die Ausbildungsdauer liegt zwischen 2 und 3,5 Jahren und wird mit einem staatlich anerkannten Ausbildungsabschluss beendet. Während der Ausbildung wird eine vertraglich vereinbarte Ausbildungsvergütung gezahlt, deren Höhe je nach Ausbildungsberuf unterschiedlich ist. In der Regel wird diese durch einen Tarifvertrag festgelegt. 

Schulische Ausbildungen finden in Berufsfachschulen, Berufskollegs, Fachakademien und weiteren beruflichen Schulen statt. Sie sind vorgesehen für Berufe, die du nur an einer Schule erlernt, werden können, z. B. im Pflege- und Erziehungsbereich. Die Ausbildung erfolgt im Vollzeitunterricht und umfasst auch Praktika. Die Schulen, an denen die Ausbildung stattfindet, haben - je nach Bundesland und Beruf - unterschiedliche rechtliche Zugangsvoraussetzungen. Die Ausbildungsdauer beträgt je nach Ausbildungsgang zwischen 1 und 3,5 Jahren und kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Die Ausbildung an einer staatlichen Berufsfachschule bzw. einem Berufskolleg oder anderen Bildungsstätte ist kostenlos. Beim Besuch einer privaten Schule ist meistens ein Schulgeld zu zahlen. 

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt in Deutschland die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung im Dualen System, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Das Berufsbildungsgesetz definiert die Vorschriften, Ziele und Anwendungsbereiche der Berufsbildung in Deutschland. Berufsauszubildende haben für alle nach dem 31. Dezember 2019 abgeschlossenen Ausbildungsverträge einen Anspruch auf eine Mindestvergütung, die im BBiG geregelt ist. Eine Ausnahme gilt für tarifgebundene Ausbildungsbetriebe, die ihren Auszubildenden für die Laufzeit des entsprechenden Tarifvertrags die für sie geltenden tariflichen Ausbildungsvergütungen zahlen können.

Weitere für die berufliche Bildung relevanten Gesetze sind beispielsweise:

Für die schulische Ausbildung greifen die jeweils gültigen Schulgesetze der Bundesländer.

Für das duale Berufsbildungssystem gilt die Ausbildungsordnung als Standard für die betriebliche Ausbildung, für den schulischen Teil der Ausbildung ist es der Rahmenlehrplan. Ausbildungsordnungen kombinieren Berufsbild, Ausbildungs- und Prüfungsstandard. Beispiele für Aus- und Weiterbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne für Ausbildungsberufe finden sich auf der Webseite von GOVET, dem deutschen zentralen Ansprechpartner für nationale und internationale Akteure der Berufsbildungszusammenarbeit. 

Auszubildende erhalten in ihrer Ausbildung eine Ausbildungsvergütung. Sie fällt je nach Branche unterschiedlich aus. Mit Beginn des Jahres 2020 wurde mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes für neu abgeschlossene betriebliche und außerbetriebliche Berufsausbildungsverhältnisse eine Mindestvergütung für Auszubildende eingeführt. Tarifvertraglich können allerdings auch in Zukunft niedrigere Vergütungen für Auszubildende vorgesehen werden. Eine bundesweite Übersicht über Ausbildungsvergütungen bietet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). 

Auszubildende zahlen während ihrer Ausbildung Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung). Die Unfallversicherung wird in der Regel vom Arbeitgeber getragen. Ob Auszubildende Steuern zahlen, hängt von der Höhe der Ausbildungsvergütung und der Lohnsteuerklasse ab.

Der Bund unterstützt aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit Auszubildende, die eine betriebliche oder außerbetriebliche, aber nicht schulische, Berufsausbildung absolvieren, bei Bedarf durch Zahlung einer Berufsausbildungsbeihilfe. 

Je nach finanzieller Lage können Auszubildende, die eine schulische Ausbildung absolvieren, Ausbildungsförderung gemäß Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Anspruch nehmen. 


Praktika

Für betriebliche Praktika gibt es keine verbindliche gesetzliche Definition. Gegenstand des Praktikums ist es, einen Einblick in die berufliche Praxis zu erhalten, betriebliche Abläufe kennenzulernen und Fachkenntnisse zu erlangen. Der Praktikumsvertrag enthält die Ausbildungsziele, Beginn und Dauer des Praktikums sowie Regelungen zur Arbeitszeit, dem Urlaubsanspruch und dem Praktikumsgehalt.

Jugendliche ab 18 Jahren, die ein Praktikum machen, haben seit 2015 Anspruch auf den Mindestlohn, wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert. Praktikant:innen, die den Mindestlohn erhalten, sind steuer- und sozialversicherungspflichtig. 

In vielen Bundesländern ist vorgesehen, dass Schüler:innen in der 9. oder 10. Klasse ein sogenanntes Schülerpraktikum machen. 

Für Studierende sind Praktika in vielen Studienordnungen vorgeschrieben (Pflichtpraktikum). In vielen Studiengängen muss bereits vor dem Studium ein Praktikum absolviert werden – das sogenannte Vorpraktikum. Pflichtpraktika während eines Studiums gelten als Teil des Studiums. 

Zusammenarbeit der Sozialpartner

In der Allianz für Aus- und Weiterbildung engagierten sich Bundesministerien, die Bundesagentur für Arbeit, die Bundesländer, die Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften für ein qualitativ hochwertiges duales Ausbildungssystem, um junge Menschen in betriebliche Ausbildung zu integrieren. Die Allianz will die Attraktivität, Qualität, Leistungsfähigkeit und Integrationskraft der dualen Ausbildung stärken. 
Die Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung haben sich auf folgende zentrale Handlungsfelder verständigt:

  1. Mehr Betriebe und Jugendliche zusammenbringen und in der Ausbildung halten.
  2. Attraktivität und Qualität der dualen Ausbildung weiter steigern; gemeinsam für berufliche Bildung werben.
  3. Berufliche Fortbildung stärken und Höherqualifizierende / Höhere Berufsbildung voranbringen.

Bezug zur EU-Jugendgarantie

Die Jugendgarantie ist eine Initiative der EU-Länder, die gewährleisten soll, dass alle jungen Menschen unter 30 Jahren ein hochwertiges Angebot erhalten für:

  • einen Ausbildungsplatz
  • einen Job
  • einen Praktikumsplatz
  • eine Weiterbildungsmöglichkeit

Die Jugendgarantie soll dabei unterstützen, schnell in das Berufsleben einzusteigen. 
Bei der Umsetzung der zentralen Empfehlung der EU-Jugendgarantie kann Deutschland auf eine große Bandbreite von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zurückgreifen. In der Bewertung der Umsetzung der EU-Jugendgarantie in Deutschland (Januar 2020) durch die Europäische Kommission im Jahr 2020 wird die Umsetzung als weit fortgeschritten bezeichnet.  

Förderung von Praktika und Ausbildung

Die von der EU-Jugendgarantie vorgeschlagenen Empfehlungen wurden in Deutschland weitestgehend aufgegriffen und umgesetzt. So unterstützt die Agentur für Arbeit mit verschiedenen Förderinstrumenten.

Die Berufseinstiegsbegleitung kann unterstützen: 

  • wenn der Schulabschluss gefährdet ist,
  • bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz,
  • in den ersten sechs Monaten der Ausbildung.

Auch bei persönlichen Problemen, die eine erfolgreiche Ausbildung erschweren, kann die Berufseinstiegsbegleitung helfen. 

Die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) der Agentur für Arbeit bereitet auf eine berufliche Ausbildung vor und verknüpft betriebliche Praktika mit fachpraktischem und theoretischem Lernen bei einem Bildungsträger. Sie kommt besonders in Frage für Jugendliche, die

  • nicht mehr schulpflichtig sind und noch keinen Ausbildungsplatz haben.
  • keinen Schulabschluss haben, den sie unter bestimmten Voraussetzungen während der BvB nachholen können.
  • ihre Ausbildungsstelle verloren haben und sich neu orientieren wollen. 

Für Jugendliche, die ihre Schulpflicht erfüllt und keine Orientierung haben, wie sie zu einer Ausbildung oder Qualifizierung kommen können, gibt es das Angebot der Bundesagentur für Arbeit der Aktivierungshilfen für Jüngere, in denen sie sich in verschiedenen Berufsfeldern ausprobieren können. Die teilnehmenden Jugendlichen werden betreut und erhalten Hilfestellung bei ihren Problemen.

Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, können mit einer sechs bis zwölfmonatigen Einstiegsqualifizierung unter bestimmten Voraussetzungen an einem längeren durch die Agentur für Arbeit geförderten Betriebspraktikum teilnehmen, das sie auf eine Ausbildung vorbereitet. Die Teilnehmenden erhalten eine monatliche Praktikumsvergütung und sind sozialversichert. Die Zeit kann eventuell auf eine anschließende Ausbildung angerechnet werden. 

Mit der Assistierten Ausbildung (AsA) werden Jugendliche dabei unterstützt, eine Ausbildung zu finden und erfolgreich abzuschließen. 

Für Jugendliche, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden und am Ausbildungsmarkt benachteiligt sind, kommt eine außerbetriebliche Ausbildung (BaE) infrage. Diese Form der Ausbildung findet nicht in einem Betrieb, sondern hauptsächlich bei einem Bildungsträger statt. 

Anerkennung von Lernergebnissen

Praktika

Im Rahmen eines Schülerpraktikums legen Schüler:innen zur Dokumentation eine Praktikumsmappe an. Dort dokumentieren sie Inhalte und Abläufe während des Praktikums sowie die Arbeitserfahrungen. Schülerpraktikant:innen erhalten eine Praktikumsbestätigung, die Teil der Praktikumsmappe ist.

Studierende, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, müssen meist laut Prüfungsordnung einen Praktikumsbericht verfassen. Dieser bildet die Grundlage für den Leistungsnachweis.

Für freiwillige Betriebspraktika gibt es keine Vorgaben bezüglich der Dokumentation des Praktikums. Da Praktikant:innen im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes als Arbeitnehmer:innen gelten, haben sie auch Anspruch auf ein Praktikumszeugnis.

Ausbildung

Jugendliche, die eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf machen, absolvieren am Ende der Ausbildung gemäß § 37 des Berufsbildungsgesetzes eine Prüfung und erhalten bei Bestehen der Prüfung ein Ausbildungszeugnis (§ 16 Berufsbildungsgesetz). Das Ausbildungszeugnis dient bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz dem Nachweis der erworbenen Kompetenzen.

ECVET

Das in Europa etablierte Transparenzinstrument ECVET (European Credit System for Vocational Education and Training) schafft die Grundlage dafür, die in transnationalen Mobilitätsprojekten erworbenen beruflichen Kompetenzen europaweit vergleichbar zu machen. Es bietet damit Unterstützung für alle, die an grenzüberschreitender Mobilität beteiligt sind. ECVET ermöglicht valide Aussagen zu erworbenen Kompetenzen über alle nationalen Qualifikationssysteme hinweg und wird hauptsächlich im Kontext internationaler Mobilität eingesetzt. Eine nationale Kontaktstelle berät zu Fragen der Nutzung und des Einsatzes des ECVET-Systems in Programmen und Maßnahmen der internationalen Mobilität.

Finanzierung

Die duale Berufsausbildung wird sowohl aus öffentlichen Mitteln – dem Bundeshaushalt und den Haushalten der Bundesländer – als auch privaten Mitteln finanziert, da Ausbildungsbetriebe selbst in Form von Ausbildungsvergütungen, Personalkosten für Ausbildungspersonal und Sachmittel investieren. Informationen zu den öffentlichen Aufwendungen der Bundesministerien, Bundesagentur für Arbeit, Länder und Kommunen (2001-2021) für die berufliche Ausbildung bietet der Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022, S. 236 ff. Betriebliche Praktika werden grundsätzlich nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert mit Ausnahme von durch die Bundesagentur für Arbeit öffentlich finanzierten Einstiegsqualifizierungen (EQ), zu diesem Förderinstrument vgl. auch den Abschnitt „Förderung von Praktika und Ausbildungsplätzen“ in diesem Kapitel.

Informationen zur Finanzierung im Bereich der beruflichen Bildung bieten zudem die folgenden Bereiche des Youth-Wiki-Kapitels Beschäftigung und Unternehmergeist:

Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) werden im Förderzeitraum 2021-2027 unter anderem Programme gefördert, die zu einer Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen von Personen mit Migrationshintergrund, zur Förderung benachteiligter junger Menschen, zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs und zur Anpassung an den demografischen, digitalen und grünen Wandel beitragen, sowie die Förderung von Gründer:innen.
Das ESF-Plus-Bundesprogramm der Förderperiode 2021-2027 wurde am 5. Mai 2022 durch die Europäische Kommission genehmigt. Für die Umsetzung der ESF-Plus-Förderung des Bundes stehen für sieben Jahre insgesamt rund 4,6 Milliarden Euro zur Verfügung, davon rund 2,2 Milliarden Euro ESF-Plus-Mittel. Zu den geplanten Förderschwerpunkten finden sich Informationen auf der Internetseite des BMAS.  

Auch die Bundesländer setzen Mittel des Europäischen Sozialfonds in eigenen Förderprogrammen um, exemplarisch hier ein Beispiel aus Nordrhein-Westfalen
Aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund, JTF) stehen für das Bundesland Nordrhein-Westfalen für die Förderphase 2021 bis 2027 insgesamt rund 680 Millionen Euro zur Verfügung. Mithilfe dieser Mittel sollen in den nächsten Jahren insbesondere Programme und Initiativen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels finanziert werden.

Qualitätssicherung

Fragen der Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung sind sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene relevant. Bestehende Regelungen (Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnungen, Ausbildungsordnungen) decken größtenteils die Empfehlungen des europäischen Rates über einen Qualitätsrahmen für die berufliche Bildung ab und setzen Mindeststandards. Schüler- oder Pflichtpraktika sind durch Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnungen geregelt. Informationen zu gesetzlichen Regelungen für Praktika und Ausbildung gibt es im Kapitel 3.5 „Rechtliche Rahmenbedingungen und offizielle Richtlinien für Praktika und Lehrstellen“.

Für die Berufsschulen und die vollzeitschulische Berufsbildung sind die sechzehn Bundesländer verantwortlich. Die Mehrheit der Länder arbeitet im Bereich des beruflichen Schulwesens mit Qualitätsmanagementsystemen, wobei häufig landesspezifische Varianten entwickelt wurden. Zudem haben die Bundesländer ihre eigene Bildungsberichterstattung. Eine Übersicht über die verschiedenen Programme, Konzepte und Instrumente der einzelnen Bundesländer bietet die Deutsche Referenzstelle für Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung (DEQA-VET) beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), die auch Anlauf- und Servicestelle für Fragen rund um das Thema Qualitätssicherung und -entwicklung in der beruflichen Bildung ist.

©

Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

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