Partizipation

Aktuelle Debatten und Reformen

Anstehende politische Entwicklungen

Absenkung des Wahlalters

Wiederholt wird die Forderung nach der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre beziehungsweise einer altersgerechteren und zielgruppenbezogeneren Gestaltung von Beteiligungsprozessen laut. Die Wahlaltersgrenze von 16 Jahren, bezüglich des aktiven Wahlrechts, gilt mittlerweile für einige Bundesländer: Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein. Pläne dazu gibt es auch in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Niedersachsen. Auf kommunaler Ebene ist es ebenfalls vermehrt möglich bereits ab 16 Jahren zu wählen. Auf Bundes- und Europaebene sieht das Wahlrecht nach wie vor die Altersgrenze von 18 Jahren vor. Im Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode des Deutschen Bundestages 2021 bis 2025 zwischen der SPD, Bündnis90/Die Grünen und der FDP wurde festgelegt, dass man anstrebt das aktive Wahlalter für die Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre zu senken. Darüber hinaus soll das Grundgesetz geändert werden, was eine 2/3-Mehrheit im Deutschen Bundestag voraussetzt, um das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre zu senken. Darüber will man die Ausübung des Wahlrechts für im Ausland lebende Deutsche erleichtern (Koalitionsvertrag 2021 (PDF, 2,1 MB), S. 12).

Kinderrechte im Grundgesetz

Seit 30 Jahren gilt die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Deutschland in Form eines sogenannten einfachen Bundesgesetzes. Um dem Anliegen der Kinderrechte mehr rechtlichen Nachdruck zu verleihen, ist wiederholt der Vorschlag gemacht worden, diese auch im Grundgesetz zu verankern, ihnen also Verfassungsrang zu verleihen. Nachdem in der letzten Legislaturperiode ein erster, allerdings sehr umstrittener Entwurf gescheitert ist, ist im aktuellen Koalitionsvertrag erneut vorgesehen, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Die Koalition möchte hierzu einen Gesetzesentwurf vorlegen und zugleich das Monitoring zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ausbauen (Koalitionsvertrag 2021, S. 98).

Umsetzung der Eigenständigen Jugendpolitik

Der Politikansatz der Eigenständigen Jugendpolitik ist in einem breiten jugendpolitischen Diskurs zwischen Zivilgesellschaft und Politik entstanden und wird bereits seit einigen Jahren vom Bundesjugendministerium verfolgt und weiterentwickelt. Mit der Entwicklung und Umsetzung der Jugendstrategie in der 19. Legislaturperiode ist die Eigenständige Jugendpolitik zur gemeinsamen Grundlage der gesamten Bundesregierung geworden. Die Jugendstrategie der Bundesregierung hat zum Ziel, junge Menschen an allen Entscheidungen zu beteiligen, die sie betreffen, und ihnen somit bestmögliche Bedingungen zu bieten, um die Lebensphase Jugend zu meistern. "In gemeinsamer Verantwortung: Politik für, mit und von Jugend" unter diesem stehen junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren im Mittelpunkt. Dieser ressortübergreifende Ansatz ist die konsequente Umsetzung der Grundsätze der Eigenständigen Jugendpolitik, die von den Belangen junger Menschen ausgeht und dabei ressortspezifische Fachkompetenz mit einem ganzheitlichen Blick auf die Lebensphase Jugend verbindet. In der 20. Legislaturperiode wird dieser Ansatz fortgeführt und mit einem Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung weiterentwickelt.

Laufende Diskussionen

Wie in allen europäischen Ländern wurde auch in Deutschland das öffentliche Leben in den Jahren 2020 und 2021 wiederholt vor dem Hintergrund sehr hoher Belastungen mit Corona-Erkrankten weitgehend reduziert. Für Kinder und Jugendlichen waren vor allem die Schlie-ßungen der Schulen, der Kindergärten und aller außerschulischen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sowie Aussetzung aller nicht-digitalen Beteiligungsmöglichkeiten ausschlagge-bend. Wiederholt wurde darauf aufmerksam gemacht, dass bei den Entscheidungsprozessen, welche Maßnahmen angesichts der Pandemie angemessen sind, junge Menschen keine Rol-le spielten und ihre Interessen und Anliegen nur am Rande berücksichtigt wurden (vgl. Bundesjugendkuratorium Mai 2021 (PDF, 268 KB)). In der Summe hat dies dazu geführt, dass das Thema Betei-ligung – auch und gerade unter Krisenbedingungen – aktuell wieder stärker diskutiert wird.

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) hat sich im November 2019 mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Junge Menschen in der Politikberatung. Empfehlungen für mehr Beteiligung der jungen Generation auf Bundesebene“ (PDF 208 KB) in die aktuelle Debatte eingebracht. Die Expertinnen und Experten sprechen Empfehlungen aus, wie junge Menschen mit ihren Anliegen und Interessen grundsätzlich und nachhaltig in politische Beratungsprozesse der Bundespolitik stärker eingebunden werden können. Insbesondere fordert das Sachverständigengremium der Bundesregierung eine nachhaltige Infrastruktur, Qualitätsstandards, ein ausdifferenziertes Monitoring und altersgerechte Formate.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ ist das Forum und Netzwerk bundeszentraler Zusammenschlüsse, Or-ganisationen und Institutionen der freien und öffentlichen Jugendhilfe in Deutschland. Die 100 Mitglieder der AGJ arbeiten und wirken zusammen mit dem Ziel der jugend- und fachpoliti-schen Kommunikation und Kooperation auf der Bundesebene, aber auch im europäischen bzw. internationalen Kontext und bilden ein fachpolitisches Netzwerk in den sechs Mitglieder-gruppen der AGJ:

  • bundeszentrale Jugendverbände und Landesjugendringe,
  • bundeszentrale Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege,
  • bundeszentrale Fachorganisationen der Jugendhilfe,
  • Oberste Jugend- und Familienbehörden der Länder,
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter,
  • Vereinigungen und Organisationen, die auf Bundesebene in den Bereichen Personal und Qualifizierung (Aus-, Fort- und Weiterbildung) für die Jugendhilfe tätig sind.

Die AGJ veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Positions- und Diskussionspapiere zu kinder- und jugend(hilfe)politischen Themen. Eine Auswahl von Papieren der AGJ sind z. B.:

Zur Absenkung des Wahlalters haben verschiedene Akteure Positionen, Stellungnahmen und Empfehlungen formuliert:

Weitere aktuelle Diskussionen drehen sich um

  • das Verständnis, wie selbstverständlich Jugendbeteiligung als Bürgerbeteiligung wahrgenommen wird und welchen Zugang Jugendliche zu Bürgerbeteiligungsprozessen haben;
  • wie die Potenziale von Open-Data und digitalen Tools für Jugendbeteiligung genutzt werden können. Mehr Informationen finden sich auf der Webseite der Demokratielabore.
  • die Nutzung von neuen Technologien für die Jugendbeteiligung, z. B. Virtual-Reality- und Augmented-Reality- Anwendungen (z. B. 360°-Videos im Zusammenhang mit Städteplanungen).

©

Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

Back to Top