Beschäftigung und Unternehmergeist

Berufsorientierung und -beratung

Berufsorientierungs- und -beratungsdienste

In Deutschland wird eine große Bandbreite arbeitsmarktpolitischer Instrumente zur Berufsorientierung und Beratung junger Menschen eingesetzt. Sie dienen auch zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie, die in Deutschland weit fortgeschritten ist. Berufsorientierungs- und Beratungsangebote können und sollen von allen Jugendlichen wahrgenommen werden. Für besonders benachteiligte Zielgruppen, die weder eine Schule besuchen, noch sich in Ausbildung oder Beschäftigung befinden, sowie junge Geflüchtete und junge Menschen mit Behinderung sowie sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es besondere Beratungs- und Berufsorientierungsangebote.

Wichtigste Anbieter und Partnerschaften

Bei der Beratung junger Menschen zu Fragen der Berufsorientierung und -wahl haben die Agenturen für Arbeit eine zentrale Rolle. Angebote und Maßnahmen der Berufsberatung und Berufsorientierung sind gesetzliche Leistungen, die im Sozialgesetzbuch – Drittes Buch (SGB III) verankert sind. Die Berufsberater:innen der Agenturen für Arbeit beraten sowohl Schüler:innen aller Schularten als auch Auszubildende, Studierende und Hochschulabsolvent:innen. Berufsberatung findet bereits während der Schulzeit in Form von Gruppenangeboten für Schulklassen und individueller Einzelberatung statt. 

Die Jugendlichen können sich auch selbst in den Berufsinformationszentren (BIZ) der Agenturen für Arbeit informieren. Diese bieten persönliche Beratung für Unter-25-Jährige an. Teilweise ist auch ein Online-Chat möglich. Die Agenturen organisieren auch Veranstaltungen (Vorträge, Messen, Informationsveranstaltungen), auf denen sich Jugendliche über berufliche Möglichkeiten informieren können.

Online-Beratungsangebote

Die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesministerium für Bildung und Forschung bieten Online-Angebote zur Berufsberatung an:

  • Auf der Seite Schule, Ausbildung und Studium hat die Bundesagentur für Arbeit ein breit gefächertes Angebot zum Themenfeld Berufsausbildung und Studium mit Links zu weiterführenden Beratungsangeboten eingestellt.
  • planet-beruf.de – ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit zu Themen rund um Berufswahl, Bewerbung und Ausbildung. Für Schüler:innen der Sekundarstufe I (13 bis 17 Jahre).
  • abi.de – ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit zu Studium, Ausbildung, Beruf & Karriere nach dem Abitur.
  • berufe.tv - Filmportal der Bundesagentur für Arbeit mit über 300 Filmen über Ausbildungs- und Studienberufe.
  • Studienabbruch – und dann? - Portal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für Studienzweifler:innen über Qualifizierungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Hochschulen sowie Informationen und Hilfsangeboten zum Studienumstieg, Studienausstieg und Wechsel in die berufliche Bildung.

Initiativen und Kampagnen des Bundes

Die Initiative Bildungsketten ist eine gemeinsame Initiative der Bundesministerien für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie Bildung und Forschung (BMBF), der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesländer. Jugendliche werden auf ihrem Weg ins Berufsleben unterstützt mit dem Ziel, jeden ausbildungsreifen und ausbildungswilligen Jugendlichen möglichst bis zum Ausbildungsabschluss zu führen. Dabei stehen bundesweit verschiedene Förderinstrumente zur Verfügung: Potenzialanalyse, Berufsorientierung, Berufseinstiegsbegleitung, ehrenamtliches Coaching (VerA) sowie Maßnahmen im Übergangsbereich. Mit den Bundesländern wurden entsprechende Vereinbarungen unterzeichnet, die im Januar 2021 fortgeschrieben wurden. Das Berufsorientierungsprogramm ist Teil der Initiative Bildungsketten (seit 2008). Es richtet sich an Schüler:innen der 7. und 8. Klassen. Durch eine Potenzialanalyse können sie zunächst ihre Stärken testen. Dann testen sie in Werkstatttagen verschiedene Berufsfelder aus. Mit dem Programm wurden im Zeitraum 2008 bis Sommer 2022 über 1,7 Millionen Schüler:innen erreicht.

Girls‘Day und Boys‘Day sind jeweils bundesweite Berufsorientierungstage für Mädchen und Jungen ab der 5. Klasse. Seit dem Start der Aktion im Jahr 2001 haben insgesamt mehr als 2,1 Millionen Mädchen an etwa 160.000 Girls'Day-Angeboten teilgenommen. Seit 2011 haben mehr als 334.500 Jungen an knapp 58.000 Boys'Day-Angeboten teilgenommen. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten der Girls’ Day und der Boys’ Day für das Jahr 2020 abgesagt werden. 2021 fand der Girls‘ Day vorwiegend digital statt. 

Initiativen zur Berufsorientierung der Bundesländer

Auf der Ebene der Bundesländer gibt es unterschiedliche Initiativen mit dem Ziel, die Angebote und Maßnahmen zur Berufsorientierung und im Übergang Schule-Beruf durch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Schulen, Agenturen für Arbeit, Jobcentern und Trägern der Jugendhilfe zu koordinieren. Dabei werden sie vom Bund und der Bundesagentur für Arbeit unterstützt. Beispielhaft sollen hier genannt werden:

  • Seit 2012 wird in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) umgesetzt, die den Übergang Schule – Beruf gezielt unterstützt. Schüler:innen in NRW erhalten ab der 8. Klasse ein systematisches Angebot aus Potenzialanalysen, Berufsfelderkundungen und Praktika, das in einem Portfolioinstrument dokumentiert und durch einen Beratungsprozess begleitet wird. Dieses Gesamtsystem der Berufsorientierung ist in NRW flächendeckend an den Schulen eingeführt.
  • In Hamburg findet die Berufs- und Studienorientierung (BOSO) ab Klasse 8 statt und wird in Kooperation mit berufsbildenden Schulen und außerschulischen Partnern durchgeführt. 
  • In Hessen wurde mit OLOV eine Strategie zur Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule – Beruf entwickelt mit dem Ziel, die Qualität der Prozesse im Übergang Schule - Beruf zu sichern, so dass Jugendliche den Einstieg in ihre berufliche Zukunft ohne Umwege, Abbrüche und Warteschleifen schaffen. Auf Landesebene kooperieren alle Institutionen, die für die Gestaltung des Übergangs Schule - Beruf verantwortlich sind. 
  • BRAFO – Berufswahl richtig angehen frühzeitig orientieren“ ist das Berufsorientierungsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesagentur für Arbeit. Es fördert die frühzeitige Berufsorientierung für Schüler:innen der 7. und 8. Klassen an Sekundar-, Gesamt- und Förderschulen in Sachsen-Anhalt.
  • „SCHAU REIN! – Die Woche der offenen Unternehmen“ ist Sachsens größte Initiative zur praxisnahen Berufsorientierung. Schüler:innen ab Klasse 7 informieren sich über Wunschberufe und kommen mit Auszubildenden und Mitarbeiter:innen persönlich ins Gespräch.
  • Das Berufsorientierungs-Projekt „BOGEN“ in Mecklenburg-Vorpommern (MV) entwickelt und gestaltet Modelle zur genderreflektierten Berufs- und Studienorientierung, die über den Girls‘ Day und JungsTag MV hinausgehen.

Finanzierung

Die zuständigen Ministerien auf Bundes- und Länderebene stellen Fördermittel für Berufsorientierung und -beratung bereit. Zudem werden Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) genutzt. Dabei variieren die von den Bundesministerien und den Bundesländern eingesetzten Beträge. Beispielsweise wurden durch das BMBF von 2008 bis Dezember 2021 Zuschüsse in Höhe von rund 700 Millionen Euro bewilligt.
Eine Übersicht über die durch die Bundesregierung bereitgestellten Fördermittel findet sich im Berufsbildungsbericht 2022 des BMBF im Kapitel 3. „Gesamtüberblick der berufsbildungspolitischen Aktivitäten und Programme der Bundesregierung“.

Eine gute Übersicht über Förderprogramme von Bund, Ländern und der Europäischen Union für Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Ausbildung, Übergänge und Nachqualifizierung findet sich in der Datenbank der Fachstelle Übergänge in Ausbildung und Beruf (überaus), hier werden aktuell Datensätze zu mehr als 300 Förderprogrammen aufgeführt. 

Weitere Informationen finden sich auch in den folgenden Bereichen des Youth-Wiki-Kapitels Beschäftigung und Unternehmergeist:

Qualitätssicherung

Ein allgemein gültiges Qualitätssicherungssystem für den Bereich der Berufsorientierung und -beratung gibt es in Deutschland nicht. Stattdessen haben die jeweiligen Fördergeber für ihre Programme spezifische Qualitätssicherungssysteme eingerichtet mit eigenständigen Evaluations- und Monitoringsystemen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) formuliert für ihre Arbeit und die von ihr finanzierten Förderprogramme verbindliche Zielvorgaben und führt ein Programmmonitoring durch. Der § 29 ff des Sozialgesetzbuchs – Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung trifft Aussagen zu Grundsätzen der Beratung inklusive Berufsorientierung und Arbeitsmarktberatung, die für die Agentur für Arbeit gelten. Der Sicherstellung einheitlicher Qualitätsstandards und Prozesse dienen auch die im Kundenportal veröffentlichten Weisungen der BA. Für die Berufsberatung Jugendlicher unter 25 hat die BA eine Reihe von Standards gesetzt, z.B. in Form von Fachkonzepten und Weisungen.

Ziel der Berufsberatung der BA ist es, junge Menschen in allen Phasen des Berufswahlprozesses zu unterstützen. Sie sollen Hilfe bei der beruflichen Orientierung und Information, der Entscheidungsfindung und Ausbildungssuche bzw. Realisierung des Berufswunsches erhalten. Die Beratung soll niederschwellig, neutral, nicht interessengesteuert, gendersensibel, adressatengerecht, bedarfsgerecht, fallangemessen, ergebnisorientiert erfolgen. Die Basis für die methodische Gestaltung der Beratungsprozesse ist die Beratungskonzeption der Bundesagentur für Arbeit

Das Zentrum für Kunden- und Mitarbeiterbefragungen (ZKM) der Bundesagentur für Arbeit (BA) führt zweimal jährlich Befragungen der Unter-25-Jährigen durch, die eine Beratung in einer Agentur für Arbeit wahrgenommen haben. Die Ergebnisse werden ausgewertet und den Agenturen für Arbeit zur Verfügung gestellt, um so ihre Dienstleistungen weiter zu entwickeln.

Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt auch externe Qualitätssicherungssysteme wie das Berufswahlsiegel. Das Berufswahlsiegel unterstützt den ständigen Qualitätsverbesserungsprozess an Schulen. Es wird an Schulen mit exzellenter Berufs- und Studienorientierung vergeben.

Für das Berufsorientierungsprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden Qualitätsstandards für die Durchführung von Potenzialanalysen bei Schüler:innen der 7. und 8. Klassen festgelegt. 

§ 14 des Hochschulrahmengesetzes verpflichtet Hochschuleinrichtungen „Studierende sowie Studienbewerberinnen und Studienbewerber über die Studienmöglichkeiten und über Inhalte, Aufbau und Anforderungen eines Studiums“ zu informieren. Zudem sollen sie die Studierenden während des gesamten Studiums „durch eine studienbegleitende fachliche Beratung unterstützen“. Bei der Studienberatung sollen die Hochschulen „mit den für die Berufsberatung … zuständigen Stellen“ zusammenarbeiten.

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Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

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