Allgemeine und berufliche Bildung

Anerkennung non-formalen und informellen Lernens

Maßnahmen für die Anerkennung non-formalen und informellen Lernens

Die Validierung non-formalen und informellen Lernens wurde in Deutschland insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zum Thema. Seitdem wurden auf verschiedenen Ebenen Möglichkeiten der Gleichstellung von formalen Qualifikationen und non-formal sowie informell erworbenen Kompetenzen entwickelt und diskutiert. Die diesbezüglichen Bemühungen wurden jedoch nur teils verwirklicht. Praktizierte Maßnahmen beziehen sich auf ausgewählte Bildungsbereiche wie die berufliche Ausbildung oder die Hochschulbildung oder teils auch auf bestimmte Branchen oder Berufe. Somit gibt es zwar verschiedene Ansätze zur Anerkennung non-formalen und informellen Lernens, doch mangelt es an einem standardisierten, übergreifenden System. 
Im Wesentlichen gibt es in Deutschland im Bereich der beruflichen Bildung und Hochschulbildung folgende Wege der Anerkennung non-formal und informell erworbener Kompetenzen:

  • Externenprüfung: Die Externenprüfung bietet formal geringqualifizierten Personen die Möglichkeit, einen Berufsabschluss nachzuholen. So können nach § 45 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Personen in besonderen Fällen zur Abschlussprüfung in einem Ausbildungsberuf zugelassen werden, wenn sie nachweisen, dass sie mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen sind, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Um die Externenprüfung erfolgreich absolvieren zu können, werden Lehrgänge zur Vorbereitung angeboten. 
  • Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG): Das BQFG regelt die Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Qualifikationen. Zur Prüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen mit einem deutschen Berufsabschluss können dabei auch informell und non-formal erworbene Kompetenzen berücksichtigt werden. Sofern die Voraussetzung eines im Ausland erworbenen Berufsabschlusses erfüllt ist, erfolgt die Prüfung der Gleichwertigkeit auf Basis einer Dokumentenprüfung. Unter bestimmten Voraussetzungen können darüber hinaus berufliche Kompetenzen auch individuell festgestellt werden.
  • Hochschulzugang beruflich Qualifizierter: Das Abitur ist in der Regel Voraussetzung dafür, in Deutschland ein Studium aufzunehmen. Von dieser Regel kann jedoch abgewichen werden. So können Personen auch ohne Abitur studieren, wenn sie über eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie eine mehrjährige Berufspraxis verfügen und ein Eignungsfeststellungsverfahren absolvieren. 
  • Anrechnung von Kenntnissen im Studium: Studierende können sich auch außerhochschulisch erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium anrechnen lassen. Voraussetzung hierfür ist unter anderem die Gleichwertigkeit nach Inhalt und Niveau mit dem Teil des Studiums, der ersetzt werden soll. 

Über diese Maßnahmen hinaus wurden – teils mit Unterstützung von Bundes- und Länderministerien sowie Kammern – weitere Kompetenzbilanzierungsverfahren und Zertifikate entwickelt, die zwar auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle spielen (können), nicht aber im formalen Bildungssystem wirksam werden. Ein entsprechendes Projekt auf Bundesebene ist die Initiative „Validierung non-formal und informell erworbener Kompetenzen“ (ValiKom), die im Jahr 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) ins Leben gerufen wurde. Im Rahmen dieses Projekts wurde ein Verfahren entwickelt und erprobt, mit dem berufsrelevante Kompetenzen, die außerhalb des formalen Bildungssystems erworben wurden, bewertet und zertifiziert werden können. Ein durch eine Kammer ausgestelltes Zertifikat bescheinigt den Teilnehmenden, welche Tätigkeiten eines Berufes sie ausüben können. Zielgruppe des Validierungsverfahrens sind Personen, die im In- und/oder Ausland beruflich relevante Kompetenzen erworben haben, diese aber nicht durch einen Berufsabschluss nachweisen können. Dabei können sowohl Personen ohne Berufsabschluss als auch Personen mit Berufsabschluss, die aber in einem anderen Beruf tätig sind, an dem Validierungsverfahren teilnehmen. Das Projekt befindet sich seit dem Jahr 2018 in der Transferphase, in der Kompetenzzentren zur Durchführung von Validierungsverfahren für duale Berufe bei den Kammern aufgebaut werden sollen.
Zu weiteren Informationen zur Anerkennung vgl. auch den Cedefop-Bericht „European inventory validation 2018 Germany (europa.eu)“.

Information und Beratung

Über die Möglichkeiten zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und dabei auch der Berücksichtigung informell und non-formal erworbener Kompetenzen informieren die Seite Anerkennung in Deutschland, das BQ-Portal sowie die Seite anabin.   
Auf der im Auftrag des BMBF zur Verfügung gestellten Seite "Anerkennung in Deutschland" können Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen klären, ob sie einen offiziellen „Anerkennungsbescheid“ brauchen, um in ihrem Beruf in Deutschland arbeiten zu können. Angesprochen werden zudem Arbeitgeber und Mitarbeitende in Beratungsstellen und Behörden. 
Das vom BMWI zur Verfügung gestellte "BQ-Portal" bietet Kammern und Unternehmen eine umfassende Online-Wissens- und Arbeitsplattform, um ausländische Berufsqualifikationen, denen als Referenzberuf in Deutschland ein bundesrechtlich geregelter dualer Aus- oder Fortbildungsabschluss zugrunde liegt, besser bewerten und einschätzen zu können.
Die Seite „anabin" schließlich stellt Informationen zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise bereit und unterstützt Behörden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Privatpersonen, eine ausländische Qualifikation in das deutsche Bildungssystem einzustufen. Anabin liegt im Zuständigkeitsbereich der KMK.
Der Antrag auf Zulassung zur Externenprüfung wird bei den Kammern gestellt. Arbeitsagenturen beziehungsweise Jobcenter übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für den Vorbereitungskurs. Entsprechende Informationen finden sich auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit.
Nähere Informationen zur Validierung von Kompetenzen im Rahmen von „Valikom“ gibt die Projektseite Validierungsverfahren. Zudem beraten auch die Kammern über die Teilnahmevoraussetzungen und weitere Aspekte der Validierung.
Für die Anerkennung von Studien- oder Prüfungsleistungen schließlich ist jede Hochschule individuell zuständig.

Qualitätssicherung

Aufgrund eines fehlenden allgemeinen Validierungsverfahrens für non-formal und informell erworbene Kompetenzen gibt es in Deutschland auch keine allgemeinen, instrumentenübergreifenden Qualitätssicherungsinstrumente. Dennoch verfügen die oben beschriebenen Anrechnungs- und Anerkennungsverfahren teils über eigene Qualitätssicherungsverfahren. Diese werden von den Initiativen beziehungsweise Programmen selbst entwickelt; der Prozess wird teils von einschlägigen Interessengruppen wie zum Beispiel Bildungspraktiker:innen, Wissenschaftler:innen oder politischem Entscheidungsträger:innen begleitet. 
Exemplarisch sei hier die Matrix zur Qualitätssicherung in der Anerkennungsberatung genannt, die von der IQ Fachstelle „Anerkennung“ entwickelt wurde. Die Matrix soll den an der Anerkennung beteiligten Institutionen als Hilfestellung bei der Gestaltung ihrer Qualitätsentwicklungsprozesse dienen; sie ist bewusst so gestaltet, dass bestehende Elemente der Qualitätssicherung integriert werden können. 

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Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

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