Kinderrechte

Stellungnahme des Deutschen Kinderhilfswerkes zur Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du!“

Das Deutsche Kinderhilfswerk beobachtet die seit einigen Wochen anhaltende öffentliche Diskussion um die Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du! – Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ der Amadeu Antonio Stiftung mit großem Unwohlsein und ist schockiert über den Umgang mit der Broschüre, ihren Inhalten, ihren Autorinnen und Autoren und auch der Stiftung sowie den Menschen, die dahinter stehen.

21.12.2018

Dazu hat das Deutsche Kinderhilfswerk folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Anfang dieses Jahres hat das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit der Hochschule Rosenheim einen Forschungsbericht zum Thema "Herausforderungen von Kindertageseinrichtungen in einer vielfältigen Gesellschaft" veröffentlicht. Kindertageseinrichtungen sind nach eigener Auffassung – so ein zentrales Ergebnis des Forschungsberichtes – auf gesellschaftliche Vielfalt gut vorbereitet und weitgehend in der Lage, alle Kinder unabhängig von Migrationshintergrund, Religion, Behinderung oder Familienform zu inkludieren.

Die Studie macht aber auch deutliche Mängel in den Infrastrukturbedingungen deutlich. Eng bemessene Personalschlüssel und Probleme bei der Gewinnung von Fachkräftenachwuchs erschweren – so ein weiteres Ergebnis – bedeutend die Umsetzung gewünschter pädagogischer Aktivitäten: So bleiben beispielsweise eine verbesserte und intensivere Zusammenarbeit mit Eltern oder individuelle pädagogische Angebote für Kinder sowie Zeit für Teamentwicklung zu oft auf der Strecke. Interessant zudem: Unter engen räumlichen Bedingungen und defizitärer personeller Ausstattung leiden insbesondere Kinder, die auch aus dem familiären Umfeld weniger Bildungsressourcen mitbringen.

Für die vorliegende Stellungnahme ist jedoch ein weiteres Ergebnis der Studie besonders relevant: In den Interviews mit Kita-Leitungen, die der Studie zugrunde liegen, ging es explizit um die Themen Rechtpopulismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die Mehrheit der Leitungen hat Erfahrungen mit diesen Phänomenen im Kontext ihrer Arbeit, insbesondere in der Zusammenarbeit mit den Eltern und Familien der Kinder, gemacht. Jedoch, so im Ergebnis, herrschen aufseiten der pädagogischen Fachkräfte oftmals starke Irritationen und Ratlosigkeit im Umgang mit beobachteten Tendenzen und eindeutig fremdenfeindlichen und rechtsextremen Äußerungen.

Die Studie des Deutschen Kinderhilfswerkes kommt dementsprechend zu folgendem Schluss: „Fachkräfte sehen sich angesichts der politischen Haltung der rechtsradikalen Eltern verunsichert und fürchten gegebenenfalls, in einer Auseinandersetzung nicht genügend Argumente zu haben. Hier könnte ein Unterstützungsbedarf für Fachkräfte bestehen, um rechte Einstellungen leichter zu identifizieren und auch demokratiefördernde pädagogische Angebote für die Kinder zu unterbreiten.“

Mit entsprechend großem Interesse und Freude haben wir im Oktober erfahren, dass unsere Kolleg*innen der Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre veröffentlicht haben, die genau hier ansetzt: „Ene, Mene, Muh – und raus bist du! – Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ eignet sich hervorragend als Handreichung für pädagogische Fachkräfte, die sich dem Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im pädagogischen, frühkindlichen Alltag widmen möchten. Die Broschüre gibt in diesem Sinne Impulse, die vor allem das Kindeswohl im Blick haben und nicht darauf abzielen, Rollenstereotype herauszuarbeiten, so wie die mediale Diskussion der vergangenen Wochen fälschlicherweise vermuten lässt.

Die seit einigen Wochen anhaltende öffentliche Diskussion um eben diese Broschüre beobachten wir mit großem Unwohlsein und sind teilweise schockiert über den Umgang mit der Broschüre, ihren Inhalten, ihren Autor*innen und auch der Stiftung als Herausgeberin sowie den Menschen, die dahinter stehen. Wir beobachten ein teilweise unseriöses (journalistisches) Verhalten – beispielsweise einzelne Stellen herauszugreifen und aus dem Zusammenhang zu reißen oder Diskussionen nicht über Inhalte, sondern Personen zu führen. Dies weist aus unserer Sicht darauf hin, dass es in der aktuellen Debatte nicht um den reflektierten Umgang mit bzw. dem Entgegenwirken von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie die grundlegenden Zielsetzungen von Pädagogik geht, sondern diese auf eine Verunglimpfung der Stiftung und ihrer Akteur*innen abzielt.

Wir fordern eine Versachlichung der Debatte und sichern der Amadeu Antonio Stiftung unsere Unterstützung bei der Aufklärung über Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und jeglicher Form von Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu.

Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Redaktion: Uwe Kamp

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