Kinderrechte

Landesjugendamt berät bei Öffnung von Beschwerdewegen: Rechte von Kindern und Jugendlichen sichern

Das westfälische Landesjugendamt macht sich stark für Kinderrechte und berät Jugendämter bei der Öffnung von Beschwerdewegen. Im Interview berichten LWL-Jugendhilfe-Expertinnen Dr. Hildegard Pamme und Kathrin List aus den Erfahrungen in einem Praxisprojekt und informieren über Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren für Kinder, Jugendliche und Familien.

06.11.2017

Jugendämter unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien. Dennoch kann es Unzufriedenheit mit einer Entscheidung des Jugendamtes, Kritik an Betreuungszeiten des Kindergartens oder der telefonischen Erreichbarkeit einer Sachbearbeiterin geben. Oder Eltern wollen Spielplätze mitgestalten oder junge Menschen wollen in der Jugendpolitik mitwirken. Wie findet man mit diesen Themen Gehör beim Jugendamt? Familien, Kinder und Jugendliche brauchen Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten. Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten an das Jugendamt zu wenden. Sie müssen sicher und geschützt aufwachsen können. Das gelingt am besten, wenn sie gehört und einbezogen werden und sich beschweren können. Das Landesjugendamt beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) setzt sich dafür ein, dass Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten umgesetzt und die Rechte von Kindern in den Blick genommen werden.

Die LWL-Jugendhilfe-Expertinnen Dr. Hildegard Pamme und Kathrin List führten mit sechs Jugendämtern in Westfalen-Lippe (Stadt Hamm, Stadt Hemer, Stadt Herten, Kreis Paderborn, Kreis Siegen-Wittgenstein, Kreis Steinfurt) ein Praxisprojekt durch, um in den örtlichen Jugendämtern Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren für Kinder, Jugendliche und Familien weiter zu entwickeln.

Frau Dr. Pamme, was war das Ziel des Projektes?

Hildegard Pamme: Die Arbeit von Jugendämtern ist "konfliktanfällig": Wenn Elternbeiträge festgesetzt werden, Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden oder Kindern von ihren Eltern getrennt werden - all das sind Themen, die Konfliktpotenzial haben. Ziel ist es, einen konstruktiven Umgang mit Anregungen und Kritik zu finden und Beschwerden angemessen zu bearbeiten sowie erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Was können Jugendämter denn konkret verbessern?

Kathrin List: Besser als auf Beschwerden zu reagieren ist es, von Anfang an eine Beteiligung sicher zu stellen. Das machen die Jugendämter bereits an vielen Stellen, aber die Beteiligungsformen sind oft ausbaubar. Beispielsweise können Jugendämter den Eltern die Möglichkeit geben, sich zur Vergabe von Kita-Plätzen zurückzumelden. Oder sie geben den Eltern die Möglichkeit, mit ihnen über die aus Elternsicht womöglich unzureichende pädagogische Qualität in der Nachmittagsbetreuung ihrer Kinder ins Gespräch zu kommen. Nicht immer gelingt das in der direkten Auseinandersetzung mit der zuständigen Stelle.

Daher ist es wichtig, den Betroffenen verschiedene Beschwerdewege zu ermöglichen. Es geht bei Beschwerden darum, unparteiische Vermittlungsstellen zu schaffen, um eine ungerechte Behandlung von Personengruppen zu verhindern. Die Skandinavier haben es uns erfolgreich vorgemacht. Dort gibt es bereits seit vielen Jahren Ombudspersonen, die unabhängig beraten, um zu möglichst einvernehmlichen Lösungen zu kommen. In NRW ist der Verein "Ombudschaft Jugendhilfe NRW" (<link http: www.ombudschaft-nrw.de external-link-new-window und beratung zur ombudschaft in der jugendhilfe>www.ombudschaft-nrw.de) eine externe Anlaufstelle außerhalb des Jugendamtes, an die sich Kinder, Jugendliche und Eltern wenden können.

Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung?

Hildegard Pamme: In unserem Projekt hat sich herausgestellt, dass es keine Musterlösungen gibt. Vielmehr sind die Jugendämter gefordert, individuelle Lösungen zu finden und zu entwickeln. Wesentlich ist es, dem "heißen Eisen" Beschwerde offen und konstruktiv zu begegnen.

Kathrin List: Und das lohnt sich sehr, denn letztlich geht es darum, mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit zu schaffen. So entsteht ein Schulterschluss zwischen Familien und Jugendamt. Jugendämter, die wertschätzend mit den Anliegen ihrer Bürger umgehen, werden ihre Dienstleistungen langfristig erfolgreicher anbieten. Kinder, Jugendliche und Familien, die gehört und ernst genommen werden, fühlen sich wohl in ihrer Stadt und leben dort gern. Und auch der Gesetzgeber hat sich des Themas angenommen. Es ist zu erwarten, dass Kinderrechte und Partizipation zukünftig rechtlich stärker verankert werden.

Weitere Informationen finden sich beim <link https: www.lwl-landesjugendamt.de de external-link-new-window und angebote des>LWL-Landesjugendamt Westfalen. 

Hintergrund

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 16.000 Beschäftigten für die 8,2 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 17 Museen und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 116 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

Quelle: LWL Landschaftsverband Westfalen-Lippe vom 26.10.2017

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