Kinderrechte
Deutsches Jugendinstitut: Wie sich Kinderrechte stärken lassen
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat bei seiner Jahrestagung am 13. und 14. November intensiv über die Umsetzung von Kinderrechten in den verschiedenen Bereichen von (Fach-)Praxis, Politik und Forschung diskutiert. Es kommt Bewegung in die politische und fachliche Debatte, sagte DJI-Direktor Prof. Rauschenbach bei der Eröffnung. In dem generellen Anliegen, die Kinderrechte durch eine Verankerung im Grundgesetz zu stärken, waren sich alle einig.
15.11.2018
Das Bewusstsein für die Rechte von Kindern wächst weltweit, doch ihre tatsächlichen Lebensverhältnisse sind oft ernüchternd. Auch in Deutschland werden Kinder misshandelt, nicht ausreichend gefördert oder wachsen in Armut auf. Doch allmählich kommt Bewegung in die politische und fachliche Diskussion über Kinderrechte, schilderte Institutsdirektor Thomas Rauschenbach bei seiner Begrüßung zur Jahrestagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) am Dienstag in Berlin – und zitierte aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Unter anderem soll das Grundgesetz bereits bis Ende 2019 um eine Passage zu Kinderrechten ergänzt werden. „Insofern wird es bei diesem Thema nun voraussichtlich wirklich ernst“, betonte Rauschenbach in Bezug auf den Tagungstitel „Kinderrechte: Jetzt wird’s ernst!“.
Etwa 250 Fachleute aus der Fachpraxis, Politik und Wissenschaft trafen sich am 13. und 14. November im Berliner Hotel Aquino. Auch die aktuelle Frage, ob und wie Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollen, wurde bei der DJI-Jahrestagung intensiv diskutiert, doch im Fokus stand der schwierige und langwierige Prozess der Umsetzung von Kinderrechten. In neun Foren sprachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beispielsweise darüber, wie sich Kinderrechte in der Familie, in der Kindertagesbetreuung, in der Schule, in den digitalen Medien sowie auf kommunaler Ebene umsetzen lassen – und wie deren Verwirklichung wissenschaftlich überprüft werden kann.
Quelle: David Ausserhofer
Mitbestimmung ist ein wichtiger Schritt der Demokratiebildung
Bei einer Podiumsdiskussion tauschten sich Mitglieder der Kinderkommission des Deutschen Bundestages mit DJI-Forschungsdirektorin Sabine Walper und Katharina Gerarts, der Beauftragten der hessischen Landesregierung für Kinder- und Jugendrechte, über notwendige politische Schritte aus. Die Podiumsgäste Bettina Wiesmann (CDU), Susann Rüthrich (SPD), Sven Lehmann (Die Grünen) und Norbert Müller (Die Linke) betonten, dass Armut kein Bildungshindernis sein dürfe und dass die enge Koppelung zwischen sozialer Herkunft und den Bildungschancen von Kindern in Deutschland abgeschwächt werden müsse. Explizite Förderrechte der Kinder könnten dem durchaus Nachdruck verleihen. Die Fachpolitikerinnen und -politiker hoben zudem als wichtige Aufgabe hervor, Armutsrisiken von Kindern abzubauen.
Alle Diskutierenden auf dem Podium waren sich einig in dem generellen Anliegen, Kinderrechte durch die Verankerung im Grundgesetz zu stärken. Denn dadurch könnten sie eine größere Verbindlichkeit entfalten. Mehr Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen im Schul- und Kita-Alltag sei aus vielerlei Hinsicht wünschenswert, erläuterten die Diskutierenden. Nicht zuletzt sei dies als ein wichtiger Schritt der Demokratiebildung zu sehen. Auch die Parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks nutzte ihr Grußwort bei der DJI-Tagung für ein Plädoyer für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. „Es ist Zeit für Kinderrechte“, betonte sie. Es gehe nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“.
Den sozialwissenschaftlichen Blick auf Kinderrechte schärfen
In den neun Foren der zweitägigen Tagung beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weniger mit juristischen Aspekten der Kinderrechte, sondern rückten inhaltliche Fragen in den Vordergrund. „Wir haben uns entschieden, diese Tagung nicht eng auf die Kinderrechte-ins-Grundgesetz-Frage zu konzentrieren“, erklärte Thomas Rauschenbach. Vielmehr sei das Ziel, den sozialwissenschaftlichen Blick auf Kinderrechte zu schärfen. Gleichzeitig wolle die Tagung auf Erfahrungen anderer Länder bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention aufmerksam machen. Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) ist in Deutschland seit dem Jahr 1992 geltendes Recht. Sie legt wesentliche Standards zum Schutz der Kinder fest und stellt die Wichtigkeit von deren Wohlbefinden heraus.
Der Familiensoziologe und ehemalige DJI-Direktor Hans Bertram erläuterte in seinem Eröffnungsvortrag, inwiefern sich Kinderrechte als Menschenrechte verstehen lassen und was dies für die deutsche Politik bedeutet. Bertram ist unter anderem Herausgeber der regelmäßig erscheinenden UNICEF-Berichte zur Lage der Kinder in Deutschland. Durch die Kinderrechtskonvention böten sich für die praktische Politik, aber auch für die international vergleichende Kinder- und Familienforschung Möglichkeiten, die bislang längst noch nicht ausgeschöpft seien, sagte Bertram. Denn das daraus entwickelte Konzept des kindlichen Wohlbefindens ermögliche, kindliche Lebensverhältnisse in ganz unterschiedlichen Situationen zu vergleichen.
Weitere Informationen
Der Tagungsbericht „Wie sich Kinderrechte stärken lassen“ wurde beim Deutschen Jugendinstitut erstveröffentlicht und steht dort mit einer Bildergalerie und weiterführenden Informationen zur Verfügung.
Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet sich außerdem im Forschungsmagazin DJI Impulse „Kinderrechte zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ (PDF 3,5 MB).
Quelle: Deutsches Jugendinstitut e.V.
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