Bundestag

Debatte zur Verankerung der Kinder­rechte im Grund­gesetz

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hat den Bundestag am Donnerstag, 15. April 2021, beschäftigt. In erster Lesung befassten sich die Abgeordneten mit dem dazu von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes. Im Anschluss wurde die Vorlage gemeinsam mit einem Gesetzentwurf der FDP zum Thema an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.

20.04.2021

In einem Entwurf heißt es, dass die von der Bundesregierung vorgeschlagene Grundgesetzänderung die Grundrechte von Kindern im Text des Grundgesetzes besser sichtbar machen soll. Dadurch sollen kindesspezifische Aspekte wie das Kindeswohlprinzip und das Anhörungsrecht des Kindes im Verfassungstext betont und dadurch die Rechtsstellung von Kindern und Familien unterstrichen werden.

Dabei sei aber stets zu beachten, dass Kinder nicht die einzigen Grundrechtsträger seien. Wenn deren Grundrechte nunmehr ausdrücklich im Verfassungstext Erwähnung fänden, heißt es weiter in dem Entwurf, sollen dadurch die grundrechtlichen Interessen anderer Personen nicht geringer veranschlagt werden. Insbesondere sei es ein Kernanliegen dieser Grundgesetzänderung, das Elternrecht und die Elternverantwortung nicht zu beschränken.

Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat

Das bestehende, wohl austarierte Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat solle durch die Änderung bewusst nicht angetastet werden. Unberührt bleibe damit auch der grundrechtliche Schutz des ungeborenen Lebens, wie er in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seine Ausprägung gefunden hat.

In dem Entwurf wird darauf verwiesen, dass das Bundesverfassungsgericht erstmals im Jahr 1968 ausdrücklich betont habe, dass Kinder selbst Grundrechtsträger seien und Anspruch auf den Schutz des Staates hätten. In der Folge habe eine ständige Rechtsprechung die Grundrechte von Kindern im Lichte ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit anerkannt. Der Text des Grundgesetzes erwähne die Grundrechte von Kindern dagegen nicht ausdrücklich.

Gesetzentwurf der FDP

Auch die Liberalen wollen die Bedeutung und Bedürfnisse von Kindern stärker im Grundgesetz hervorheben, ohne dabei „das austarierte Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat zu verändern“. Die FDP schlägt deshalb vor, Artikel 6 GG um einen Absatz 1a zu ergänzen.

Im Wortlaut des Entwurfes: „Jedes Kind hat das Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, besonders zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, entsprechend seinem Alter und seiner Reife einen Anspruch auf rechtliches Gehör.“

Außerdem schlagen die Liberalen eine Neufassung des Artikel 5 vor, der die Gleichstellung von unehelichen und ehelichen Kindern regelt. Ziel sei es, auch andere Ungleichbehandlungen mit einzubeziehen, heißt es in dem Entwurf. Künftig solle der Artikel deshalb wie folgt lauten: „Kinder dürfen nicht aufgrund der rechtlichen Beziehungen ihrer Eltern zueinander unterschiedlich behandelt werden“.

Gesetzentwurf der Grünen

Kinder seien Grundrechtsträger, schreibt die Fraktion in ihrem Gesetzentwurf. Der in Artikel 6 festgelegte besondere Schutz der staatlichen Ordnung beziehe sich zwar auf Ehe und Familie, nenne aber Kinder nicht ausdrücklich. Auch das Kindeswohl werde im Grundgesetz nicht erwähnt, sei aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oberste Richtschnur der Elternverantwortung und diene dazu, die primäre Elternverantwortung vom Wächteramt des Staates abzugrenzen.

Nach Ansicht der Grünen fehlt auch eine Vorgabe, dass die zunehmende Selbstbestimmungs- und Beteiligungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen zu beachten ist. Und es fehle ein ausdrückliches Recht des Kindes auf Förderung seiner Entwicklung. Damit bleibe das Grundgesetz hinter den Standards der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zurück. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes habe die Bundesregierung bereits dreimal aufgefordert, Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen.

Es sei daher Zeit, dass im Grundgesetz eine starke Subjektstellung von Kindern verankert wird, um aufgrund der Bindung von Gesetzgebung, vollziehender Gewalt und Rechtsprechung an das Grundgesetz eine stärkere Kindeswohlorientierung und entsprechende Reformen zu befördern, schreiben die Abgeordneten.

Bericht des Rechtsausschusses

Zur Debatte stand außerdem ein Bericht nach Paragraf 62 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundestages, den der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf der Grünen vorgelegt hat. Die Grünen schlagen darin die „Ergänzung des Artikels 6 zur Stärkung der Kinderrechte“ vor.

Der Bericht informiert über den Beratungsstand des Entwurfs im Ausschuss. Paragraf 62 Absatz 2 der Geschäftsordnung berechtigt eine Fraktion – oder auch ein Fünftel der Abgeordneten –, einen solchen Bericht beim federführenden Ausschuss einzufordern, wenn nach der ersten Lesung mindestens zehn Sitzungswochen vergangen sind. Die Initiative der Grünen wurde erstmals am 6. Juni 2019 im Plenum beraten.

Die Reden der Bundestagsabgeordneten und weitere Informationen zu dieser Debatte sind in dem Textarchiv des Bundestages abrufbar. Von Seiten des Bundestages heißt es, dass die oben genannten Gesetzentwürfe weitgehend die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes kodifizieren und aufgrund dessen zu keiner Rechtsänderung führen.

Der Bundestag hat bisher kein weiteres Vorgehen zum Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz" festgelegt, es ist aber mit weiteren Debatten von Seiten der Parteien zu rechnen.

Quelle: Deutscher Bundestag

Redaktion: Pia Kamratzki

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