Recht

OLG-Urteil: Das gemeinsame Sorgerecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes mit der Mutter muss dem Kindeswohl dienen

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, kann der Vater das gemeinsame Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter nur erhalten, wenn die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung dem Wohl des Kindes dient.

16.02.2012

Führt nach Einschätzung des Gerichts das gemeinsame Sorgerecht zu weiterem Konfliktstoff zwischen den Eltern, sind die sich hieraus ergebenden Belastungen für das Kind mit dessen Wohl nicht vereinbar. In einer am 14. Februar 2012 veröffentlichten Entscheidung hat der 2. Familiensenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts den Sorgerechtsantrag eines Vaters zurückgewiesen.

Prozessbeteiligt waren die nicht miteinander verheirateten Eltern einer zweieinhalb Jahre alten Tochter. Sie hatten keine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben, so dass die Mutter seit der Geburt das alleinige Sorgerecht hatte. Bereits vor der Geburt des Kindes hatten sich die Eltern getrennt. Wenige Monate nach der Geburt waren sie sie erneut für kurze Zeit zusammen gezogen, um sich dann anschließend wieder zu trennen. Nach der Trennung wurde das Umgangsrecht des Vaters mit der Tochter in einem gerichtlichen Verfahren geregelt.

Der Vater trugt vor, dass zwischen den Eltern keine Kommunikationsschwierigkeiten bestehen würden. Er befürchtet, dass bei einer alleinigen Sorge der Mutter ein Machtgefälle zulasten der Beziehung des Kindes zum Vater entstehe. Die Mutter sah bei einem gemeinsamen Sorgerecht die Gefahr von erheblichen Konflikten zwischen den Eltern. Sie beide hätten bereits unterschiedliche Auffassungen, wie ein geregelter Tagesablauf eines Kindes auszusehen habe.

In seiner Urteilsbegründung schreibt das Gericht, dass zwischen den Kindeseltern keine tragfähige soziale Beziehung bestehe, um gemeinsam die elterliche Verantwortung zu übernehmen. Der Vater erhebe gegenüber der Mutter Vorwürfe, was ihren Lebenswandel anbelange, und er vermittele den Eindruck, über ihre Lebens- und Haushaltsführung bestimmen zu wollen. Die Mutter habe den Vater wegen Stalkings angezeigt. Es sei zweimal zu Polizeieinsätzen aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Kindeseltern gekommen. Es gebe auch kein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Kindeseltern. Sie hätten sich über die Frage eines Kindergartenbesuchs zunächst nicht einigen können. Sie seien auch nicht in der Lage, den Umgang des Vaters mit dem Kind selbständig zu regeln. Es sei zu Streitigkeiten über die Betreuung des Kindes bei berufsbedingter Abwesenheit der Mutter und über die Anschaffung von Kindersitz, Kinderwagen und Tragegurt sowie über die Zahlung von Kindesunterhalt gekommen.
Die Ablehnung des gemeinsamen Sorgerechts verletze den Vater auch nicht in seinem Elternrecht nach Art. 6 Absatz 2 des Grundgesetzes. Denn das Elternrecht finde seine Grenzen am Kindeswohl. Der Senat setze damit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zum Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes um.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. Dezember 2011, Aktenzeichen 10 UF 171/11)

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

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