Sozialpolitik
Urteil dokumentiert Diskriminierung behinderter Kinder in Hartz IV: Paritätischer fordert umgehende Reform
Als weiteren Beleg für die Realitätsferne von Hartz IV bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband das Urteil des Bundessozialgerichts zu den Mehrbedarfen behinderter Kinder. Der Verband fordert die Bundesregierung auf, das Urteil zum Anlass für eine Totalrevision der Bedarfsermittlung bei Hartz IV zu nehmen.
07.05.2010
"Das Urteil zeigt auf tragische Weise, wie menschen- und alltagsfern Hartz IV ist. Die Feststellung, dass ein sechsjähriges Kind, das auf Grund seiner Behinderung nicht einmal laufen kann, keinen Mehrbedarf habe, mag juristisch korrekt sein, politisch ist dies ein Armutszeugnis", kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention habe das Urteil besondere Brisanz. "Alle Bemühungen zur Verbesserung der Teilhabe behinderter Menschen werden ins Leere laufen, so lange Diskriminierungen in dieser Form per Gesetz festgeschrieben sind. Es kann nicht angehen, dass behinderte Kinder in solch offensichtlicher Weise ausgegrenzt werden, nur weil Hartz IV pauschal alles und jeden über einen Kamm scheren will", so Schneider.
Der Verband fordert eine Totalrevision von Hartz IV. Die Frage der Erhebung und Berechnung der Bedarfe müsse vom Kopf auf die Füße gestellt werden. "Die aktuelle Bedarfserhebung lässt jeglichen gesunden Menschenverstand vermissen. Es ist Zeit, dass die Politik sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzt, wie man mit Hartz IV auch individuellen Notlagen gerecht werden kann. Es ist ihre verfassungsmäßige Pflicht, allen Menschen in unserem Land ein Leben in Würde und ein Mindestmaß an Teilhabe zu gewährleisten", mahnt Schneider. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil im Februar klare Prioritäten vorgegeben. Der Verband empfiehlt die Einsetzung eines unabhängigen Expertenrates und fordert, das Existenzminimum zukünftig regelmäßig durch den Bundestag beschließen zu lassen.
Das Bundessozialgericht wies die Klage eines sechsjährigen behinderten Jungend zurück. Der Behinderten-Mehrbedarf stehe ausschließlich Erwachsenen und Jugendlichen über 15 Jahren zu.
Herausgeber: Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e.V.
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